Gesundheitssystem am Kipppunkt: Krankenkassen warnen vor Beitragsexplosion

vor 27 Tagen

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Angesichts der angespannten Finanzlage der Krankenkassen schlägt der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Alarm und fordert unverzügliches Handeln von der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken. „Es braucht jetzt eine Akuttherapie, denn sonst gehen zum nächsten Jahreswechsel die Krankenkassenbeiträge durch die Decke“, mahnte GKV-Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer gegenüber der Rheinischen Post.

Die finanzielle Schieflage ist gravierend: Im Jahr 2024 haben die gesetzlichen Krankenkassen ein Defizit von 6,2 Milliarden Euro angehäuft. Gleichzeitig schmelzen die Rücklagen der Kassen zusehends. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lag das Defizit noch bei 2,65 Milliarden Euro.

Die neue Bundesregierung hat bereits erste Reaktionen auf die angespannte Lage im Gesundheitssystem angekündigt. Bundesgesundheitsministerin Warken kündigte in ihrer Antrittsrede im Bundestag an, nicht ausschließlich auf die Ergebnisse geplanter Kommissionen warten zu wollen, um die Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung zu lösen. „Es werde nicht ohne kurzfristige Maßnahmen gehen“, erklärte die CDU-Politikerin.

Seitens der GKV stößt dieser Kurs auf Zustimmung. Vorstandsvorsitzende Pfeiffer zeigte sich mit Blick auf die künftige Zusammenarbeit mit der Regierung zuversichtlich: „Die ersten Signale der Ministerin, dass sie die grundlegenden Probleme der GKV rasch und im Dialog mit der Selbstverwaltung angehen möchte, begrüßen wir sehr.“

Vor diesem Hintergrund stellt der Bund 800 Millionen Euro bereit, um die gesetzliche Krankenversicherung zumindest kurzfristig zu stützen. Wie das Bundesgesundheitsministerium dem Handelsblatt mitteilte, habe man sich gemeinsam mit dem Finanzministerium auf diesen Betrag verständigt.

Doch klar ist auch: Angesichts des gigantischen Defizits wird diese Summe nur eine vorübergehende Entlastung bringen. Um eine nachhaltige Stabilisierung zu erreichen und zu verhindern, dass die finanzielle Schieflage der Krankenkassen letztlich über Beitragserhöhungen an die Bürger weitergegeben wird, wird der Bund deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen.

Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung beruht im Wesentlichen auf zwei Säulen: dem allgemeinen Beitragssatz sowie den sogenannten Zusatzbeiträgen. Der allgemeine Satz liegt stabil bei 14,6 Prozent, wobei Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils die Hälfte tragen.

Beim Zusatzbeitrag ist die Lage etwas anders: Die Höhe ist von Krankenkasse zu Krankenkasse unterschiedlich, wird aber ebenfalls zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen. Er wird dann erhoben, wenn der reguläre Beitrag nicht ausreicht, um die laufenden Ausgaben der Krankenkassen zu decken.

Infolge der wachsenden Haushaltsdefizite mussten die Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge zuletzt spürbar anheben – eine zusätzliche Belastung für die Versicherten, die ohnehin mit steigenden Lebenshaltungskosten konfrontiert sind. Allein von 2024 auf 2025 erhöhte sich der durchschnittliche Zusatzbeitrag um 0,8 Prozentpunkte, von 1,7 Prozent auf 2,5 Prozent.

Nach Einschätzung der DAK-Gesundheit könnte dieser Satz im Jahr 2026 um weitere 0,5 Prozentpunkte anziehen. Damit hätte sich der durchschnittliche Zusatzbeitrag seit seiner Einführung im Jahr 2015, als er noch bei 0,9 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens lag, mehr als verdreifacht. Eine Bankrotterklärung für ein Sozialsystem, in dem der Durchschnittsbürger mit ständig steigenden Belastungen zur Kasse gebeten wird.

Die Wurzeln der heutigen Krise im Gesundheitssystem reichen weit zurück. Weder unter der Ampel noch während der Merkel-Ära wurden entscheidende Reformen angestoßen, um das Gesundheitswesen zukunftsfähig zu gestalten. Statt gegenzusteuern, hat die Ampelkoalition die Situation weiter verschärft. Man hat gewissermaßen Benzin ins Feuer gegossen und das Defizit der Krankenkassen noch weiter anwachsen lassen.

Ein wesentlicher Treiber für die finanzielle Schieflage der Kassen ist in diesem Kontext zweifellos das überdehnte soziale Absicherungssystem. Allen voran das Bürgergeld. Aktuell beziehen rund 3,96 Millionen erwerbsfähige Personen, etwa die Hälfte davon mit ausländischer Herkunft, diese staatliche Leistung.

Viele von ihnen sind beitragsfrei in der GKV versichert, da der Staat für sie einspringt. Allerdings übernimmt der Bund die Kosten nur in sehr begrenztem Umfang – und das bleibt nicht ohne Folgen für die Versichertengemeinschaft.

Jens Baas, Vorstandschef der Techniker Krankenkasse (TK), bringt es im Gespräch mit Focus auf den Punkt: Die Kassen erhalten ihm nach „pro Bürgergeld-Empfänger 100 Euro als Beitrag“ – die tatsächlichen Kosten würden sich aber auf über 300 Euro belaufen. „Die rund 200 Euro Differenz zahlen dann unsere Mitglieder und die Arbeitgeber“, kritisierte der TK-Chef.

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