
Laut dem Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Dirk Peglow, gibt es derzeit auf arabischsprachigen Online-Plattformen eine Reihe von Aufrufen zu Gewalt gegen religiöse und ethnische Minderheiten aus dem Nahen Osten: „In Deutschland lebende Islamisten rufen derzeit zur Gewalt gegen aus dem Nahen Osten geflohene Minderheiten auf – bedroht werden insbesondere Drusen“, sagte Peglow. Die Verherrlichung von Gewalt und Anstiftung zu Straftaten stelle eine ernste Bedrohung für die öffentliche Sicherheit dar. Demnach bestehe die „konkrete Befürchtung“, dass islamistische Gewaltaufrufe im Netz „Einzelpersonen zu schwersten Straftaten motivieren“ könnten.
Auslöser der neuen Spannungen sind aktuelle Kämpfe in der südsyrischen Region Suwaida. Dort hatten drusische Milizen kürzlich Gebiete von islamistischen Kräften zurückerobert, die der neuen Übergangsregierung unter Präsident Ahmed al-Scharaa zugerechnet werden. Diese islamistischen Gruppen hatten zuvor schwere Massaker an der drusischen Bevölkerung verübt.
Seit dem Sturz des Regimes von Baschar al-Assad im vergangenen Winter haben sich die Frontlinien in Syrien verschoben – mit direkten Auswirkungen auf die Diaspora in Deutschland. Während früher vor allem Alawiten als Unterstützer des Assad-Regimes im Fokus standen, geraten nun auch Kurden und Drusen ins Visier radikaler Gruppen.
Die Gewaltbereitschaft bleibt dabei längst nicht nur auf Online-Propaganda beschränkt: In Berlin kam es kürzlich zu einer aggressiven Demonstration von Unterstützern der neuen syrischen Übergangsregierung. Dabei sollen islamistische Schlachtrufe, antisemitische Parolen und Drohungen gegen Drusen und Alawiten gerufen worden sein. Das Landeskriminalamt Berlin hat Ermittlungen aufgenommen.
In Düsseldorf eskalierte eine Demonstration und geriet zur Massenschlägerei, als arabischstämmige Syrer eine pro-kurdische Kundgebung angriffen. Die Polizei sprach von mehreren Hundert Beteiligten und mehreren Festnahmen.
Ali Toprak, Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland, warnt gegenüber der Deutschen Nachrichtenagentur vor diesem Hintergrund vor einer weiteren Gewalteskalation auf deutschem Boden. Schon 2015 sei es in Flüchtlingsunterkünften hierzulande zu Angriffen von Islamisten auf nicht-sunnitische Flüchtlinge gekommen.
„Diejenigen, die vor Unterdrückung geflohen sind, dürfen in Deutschland nicht um ihr Leben fürchten müssen“, so Toprak. Wer in Deutschland zum Täter werde, habe sein Recht auf Asyl verwirkt. Er fordert von der Bundesregierung die konsequente Ausweisung radikaler Islamisten: „Das deutsche Asylrecht ist für politisch und religiös Verfolgte gedacht, nicht für ihre Peiniger und Mörder“.
Die Sicherheitslage erfordert nach Einschätzung der Behörden eine verstärkte Überwachung extremistischer Gruppen innerhalb der syrischen und arabischen Community in Deutschland. Auch die Integration und die Frage, wie verhindert werden kann, dass Konflikte aus Herkunftsländern in Deutschland nahtlos fortgesetzt werden, stehen erneut auf dem Prüfstand.