Gewichtverlust ohne Diät und Sport: Wie wirkungsvoll sind die neuen Abnehmspritzen?

vor 6 Monaten

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Was verbindet Elon Musk, die amerikanische TV-Moderatorin Oprah Winfrey und das Mediensternchen Kim Kardashian? Bestimmt nicht die politische Meinung, denn da liegen zwischen den dreien Welten. Auch nicht der Fakt, dass alle drei ziemlich wohlhabend sind, denn hier spielt Elon Musk in seiner eigenen Liga, in der er zudem der einzige Player ist. Nein, es ist die Tatsache, dass alle drei in den letzten Monaten stark abgenommen haben. Bei Elon Musk waren es 13 Kilo, bei Oprah 30 Kilo und bei Kim Kardashian .... nun, bei der ist die Zahl geheim, aber immer noch substanziell.

Elon Musk nutzte die Abnehmspritze

Jetzt sind aber bei diesen Prominenten die Pfunde nicht aufgrund von Wunderdiäten, Fitnessprogrammen oder Fastenkuren gepurzelt, die einem am Tag eine Schale Chiasamen, eine Wasabi-Wurzel und ein Glas Hafermilch erlauben, sondern durch Abnehmspritzen. Ja, genau: Spritzen. Die dann auch noch so komische Namen wie Ozempic, Wegovy oder Mounjaro tragen, inzwischen aber in Ländern mit vielen Diabetikern und noch mehr Dicken (also auch in Deutschland) jeden Tag millionenfach verschrieben werden.

Jeff Bezos Verlobte Lauren Sanchez (2.v.l.) feierte gemeinsam mit Ivanka Trump (rechts) den Geburtstag von Kim Kardashian (2.v.r.). Letztere ist Nutzerin der Abnehmspritze.

Was steckt jetzt hinter diesen exotischen Namen? Wie wirken diese neuen Wundermittel, welche Nebenwirkungen haben sie, und sind sie wirklich so effektiv, wie von vielen behauptet wird? Handelt es sich bei Wegovy, Ozempic und dem neuen Mounjaro also tatsächlich um Medikamente, die, wie der sonst so faktisch-kühle Economist behauptet, unsere Kultur verändern? Die ein Kilo nach dem anderen ohne Diäten und ohne Sport einfach abschmelzen und so ganz nebenbei auch noch gegen Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogar Alzheimer helfen sollen? Oder ist das alles nur ein gigantischer Hype, der sich irgendwann in Luft auflösen wird?

Schlankheitsmittel gibt es bekanntlich schon lange. Früher waren das Appetitzügler wie Amphetamine, Fettblocker, die die Aufnahme von Fett im Darm hemmen, oder kalorienreduzierende Mittel, die ebenfalls die Fettverdauung hemmen und gleichzeitig ein Sättigungsgefühl erzeugen. Aber diese Mittel hatten massive Nebenwirkungen, ohne je durchschlagend zu funktionieren. Deshalb wurde Menschen, die abnehmen wollten, immer eine kalorienreduzierte Kost und Sport empfohlen. Was gewiss nicht schlecht ist, aber allzu oft in den bekannten JoJo-Diäten endete: Nach einem Jahr waren die so schwer verlorenen Pfunde wieder drauf, worauf die nächste Diät begann.

Oprah Winfrey behauptet, sie habe vorher alle anderen Optionen erfolglos ausprobiert, griff dann zur Sprite.

Aber halten die Wunderspritzen auch, was die Hersteller versprechen? Das scheint hier einmal tatsächlich der Fall zu sein. Eine neue Studie zeigt, dass Patienten durch Wegovy im Schnitt 15 Prozent ihres Körpergewichts über einen Zeitraum von einem Jahr verloren. Und zwar ohne Sport und Hungern. Das ist sehr viel, wie ein Beispiel sofort zeigt: Jemand, der bei einer Größe von einem Meter achtzig vorher 95 Kilo hatte und damit deutlich zu dick war, wog nach den Wegovy-Spritzen 80 Kilo und hatte Normalgewicht. Darüber hinaus wurden Verbesserungen bei Blutdruck und Blutzuckerwerten beobachtet, was das allgemeine Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senkt.

Obwohl Ozempic vom dänischen Pharmakonzern Novo Nordisk ursprünglich für die Behandlung von Diabetes 2 entwickelt wurde, sind Ozempic und Wegovy besonders wirksam bei Personen ohne Typ-2-Diabetes, bei denen eine noch größere Gewichtsabnahme als bei Diabetikern beobachtet wurde. Beide Medikamente verbesserten zusätzlich Blutzuckerwerte und andere Gesundheitsmarker.

Der Wirkstoff, der hinter all dem steckt, heißt Semaglutid bzw. bei Mounjaro Tirzepatid. Beides sind GLP-1-Rezeptor-Agonisten. Was genau ist jetzt ein Agonist? In der Pharmazie versteht man darunter eine Substanz (normalerweise ein Eiweiß), die einen Rezeptor in einer Zelle aktiviert, um damit eine speziell intendierte (und hoffentlich heilende) Wirkung hervorzurufen.

Semaglutid fördert das Sättigungsgefühl und stoppt das Hunger-Gefühl im Hirn

Und was macht dieses Semaglutid jetzt im Körper? Es ist eigentlich ganz einfach: Semaglutid ist ein Stoff, der das körpereigene Hormon GLP-1 (Glucagon-like Peptide-1) imitiert. GLP-1 ist ein kurzlebiges Hormon, das normalerweise nach einer Mahlzeit im Darm freigesetzt wird, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Gelangt nun Semaglutid durch Ozempic oder Wegovy ins Blut, ist aus Sicht des Körpers plötzlich mehr GLP-1 vorhanden als sonst üblich, was die Bauchspeicheldrüse dazu anregt, mehr Insulin auszuschütten (was den Blutzucker senkt), während gleichzeitig die Freisetzung von Glukagon durch die Leber gehemmt wird (was ansonsten den Blutzucker erhöhen würde). Zudem fördert Semaglutid das Sättigungsgefühl, indem es unter anderem die Bewegung der Nahrung im Darm verlangsamt. Das Hormon wirkt aber auch auf das Gehirn, insbesondere auf den Hypothalamus, der Hunger und Sättigung steuert, sowie auf neuronale Bahnen, die das Verlangen nach Nahrung beeinflussen.

Im Körper wirkt Semaglutid also dreifach:

Nun wissen wir alle: Ein Medikament ohne Nebenwirkungen gibt es nicht. Und natürlich gibt es solche auch bei der Einnahme von Wegovy und Ozempic. Die häufigsten Nebenwirkungen betreffen den Magen-Darm-Trakt, da der Wirkstoff Einfluss auf die Verdauung hat. Diese sind:

Inzwischen gibt es mehrere Anbiete von Abnehmspritzen.

Ein weiteres Risiko besteht in einer möglichen Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis), eine schwere, mitunter lebensbedrohliche Erkrankung, die sich durch starke Bauchschmerzen bemerkbar machen kann. In seltenen Fällen wurde auch über Nierenschäden berichtet, vor allem bei Patienten, die bereits an Nierenproblemen leiden. Seltenere Nebenwirkungen sind auch:

Aus heutiger Sicht sieht es jedoch so aus, als würden bei Ozempic, Wegovy und Mounjaro die Vorteile die Nachteile bei weitem überwiegen. Aber: Diese drei Medikamenten gehören zu einer neuen Klasse von Arzneimitteln, die noch sehr jung ist. Ozempic wurde in Europa 2018 (zur Behandlung von Typ-2-Diabetes), Wegovy und Mounjaro sogar erst 2022 zugelassen, beide speziell für die Behandlung von Adipositas (starkem Übergewicht). Erst wenn Daten aus der Behandlung von Millionen Menschen bekannt sind und die Ergebnisse von randomisierten, kontrollierten Studien (im Gegensatz zu reinen Beobachtungsstudien) vorliegen, wird sich sagen lassen, wie sicher diese drei Medikamente wirklich sind.

Eine schlanke Linie kostet seit jeher Geld. Früher waren das die neuen Laufschuhe, die Mitgliedschaft im Fitnessstudio und das täglich Filetsteak, heute sind es die Kosten für Ozempic, Wegovy und Mounjaro. Alle drei Medikamente sind relativ teuer, insbesondere dann, wenn sie nicht von der Krankenkasse bezahlt werden. Die monatlichen Kosten für Ozempic liegen bei etwa 200 bis 300 Euro, während Wegovy und Mounjaro mit 300 bis 400 Euro pro Monat zu Buche schlagen. Das bedeutet, dass sich die jährlichen Kosten auf 2.400 Euro bis 4.800 Euro summieren können.

Die Kostenübernahme durch die Krankenkassen hängt stark von der individuellen Situation des Patienten ab. Während die Kosten für Ozempic bei der Behandlung von Typ-2-Diabetes oft übernommen werden, muss Wegovy für die reine Gewichtsreduktion in vielen Fällen privat bezahlt werden, es sei denn, es liegen schwerwiegende gesundheitliche Probleme (Adipositas) vor, die eine medizinisch begründete Gewichtsabnahme erforderlich machen.

Oft befinden sich in einer Spritze mehrere Dosen des jeweiligen Mittels.

Ozempic, Wegovy und Mounjaro sind (wer hätte es gedacht?) in Deutschland, aber auch im europäischen Ausland sämtlich verschreibungspflichtig, was bedeutet: Ein Kauf oder Verkauf ohne gültiges ärztliches Rezept ist illegal und daher strafbar. Ärzte dürfen diese Spritzen nur bei Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) von mindestens 27 verschreiben und auch dann nur, wenn Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck vorliegen.

Und eines sollte man auch noch wissen: Diese Spritzen sind vom Patienten selbst zu setzen. Einmal in der Woche müssen diese Wirkstoffe in Bauch, Oberschenkel oder Oberarm unter die Haut (subkutan) injiziert werden.

Wer bislang abnehmen wollte, dem wurde immer gesagt: Du musst weniger essen, dabei auf vieles, was dir schmeckt, verzichten, und viel mehr Sport machen sollst du auch. Dann nimmst du ab. Isst du aber wieder wie früher und hörst mit dem Sport auf, dann nimmst du wieder zu. Und so geht das bis an dein Lebensende. Wer nicht in der Lage war, dieses Diät- und Fitnessregime eisern durchzuziehen und folglich Übergewicht hatte, dem wurde mehr oder minder deutlich signalisiert: Du bist selbst schuld daran, dass du dick bist. Hättest du mehr Disziplin und einen stärkeren Willen, dann wärst du schlank und gesund.

Damit ist es jetzt vorbei. Eine inzwischen gut etablierte Praxis mit Ozempic und Wegovy zeigt: Mit diesen Spritzen lässt sich erfolgreich und sicher abnehmen. Ohne Hunger, ohne Diäten und ohne olympiaverdächtige sportliche Exerzitien.

Das wird vielen Menschen, die seit Jahren abnehmen wollen und eine Diät nach der anderen ausprobiert, es aber nie geschafft haben, sehr willkommen sein. Dass Medikamente mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten auch noch den Blutdruck senken, Herzinfarkte, Schlaganfälle und Nierenprobleme reduzieren und möglicherweise sogar den kognitiven Schwund bei Alzheimer mindestens verlangsamen, ist ein erheblicher und sehr erwünschter Nebeneffekt.

Natürlich sind noch mehr Studien nötig, und klar sind die Kosten noch hoch und die Nebenwirkungen erheblich. Aber Zeit, Innovation und Forschung werden unser Bild dieser Medikamentenklasse schärfen und die Kosten runterbringen.

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