Gewinneinbruch bei Autoherstellern – Trump ist nicht an allem schuld

vor etwa 9 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Sieht man von den jüngsten Nachrichten-Turbulenzen um die AfD und die kommende Papstwahl ab, beherrschen zwei Ereignisse die Schlagzeilen:

Die Folgen der irrationalen Zoll- und Wirtschaftspolitik von US-Präsident Trump für die deutsche Wirtschaft, zuvörderst der Autoindustrie; und der aktuelle heftige Gewinneinbruch bei den deutschen Automobilherstellern VW, Mercedes und Porsche – in normalen Zeiten Leuchttürme der deutschen Autoindustrie und wichtige Treiber von Export und Wachstum der deutschen Volkswirtschaft. Von Opel, heute Stellantis, und Ford, heute noch Ford, ganz zu schweigen…

Dazu im Einzelnen: Donald Trump und seine erratische Regierungspolitik und deren schädliche Auswirkungen auf viel Freund und wenig Feind sind in Medien und Öffentlichkeit bereits ausreichend analysiert und kommentiert worden, das soll an dieser Stelle reichen. Viel spannender sind Analyse und Frage nach den Ursachen für den Gewinneinbruch auf breiter Front.

Nach der Wahl kam der Paukenschlag aus der Autoindustrie, kaum, dass das Wahlkampfgetümmel vorbei war. Volkswagen, Mercedes-Benz und Porsche mussten für das erste Quartal 2025 massive Gewinneinbrüche vermelden. BMW hat noch keine Zahlen vorgelegt, dürfte aber kaum aus der Reihe tanzen.

Unter dem Strich ging der Gewinn von Europas größtem Autobauer VW im ersten Quartal im Jahresvergleich um knapp 41 Prozent auf 2,19 Milliarden Euro nach Steuern zurück. Die Rendite bei VW-Pkw fiel auf 0,5 Prozent. Bei Mercedes-Benz gab der Umsatz um gut sieben Prozent auf 33,2 Milliarden Euro nach. Der Absatz weltweit ist um 4 Prozent geschrumpft.

Der Gewinn des Premium-Herstellers sackte um knapp 43 Prozent auf 1,73 Milliarden Euro ab, die Gewinnmarge um 1,7 Prozentpunkte auf 7,3 Prozent. Wegen der US-Importzölle auf Autos und deren Auswirkungen auf die Nachfrage ihrer einkommensstarken Klientel traut sich der Konzern eine Jahresprognose nicht mehr zu. Viel schwerer dürfte wiegen, dass weder die Luxus- noch die Elektrostrategie von CEO Ola Källenius bislang aufgegangen sind. Die Kunden spielen nicht mit, der Nobel-Konzern rutscht ab.

Besonders kritisch war vor allem die Entwicklung bei Sportwagenhersteller Porsche, bei dem die ohnehin gesenkten Renditeerwartung für das Jahr 2025 nochmals drastisch von über 14 Prozent auf nur noch 6,5 bis 8,5 Prozent zurückgenommen werden mussten. Trotz nur stagnierendem Konzernumsatz im ersten Quartal 2025 von 8,86 Milliarden Euro (minus 1,7 Prozent gegenüber dem ersten Vorjahresquartal) halbierte sich das operative Ergebnis (minus 40,6 Prozent auf 760 Millionen Euro). Die operative Umsatzrendite fiel von 14,2 Prozent auf 8,6 Prozent.

Von BMW liegen bislang nur Absatz-, keine Ergebniszahlen vor. Mit knapp 590.000 ausgelieferten Fahrzeugen lagen die weltweiten Auslieferungen der BMW Group trotz eines Absatzeinbruchs von 17 Prozent in China wegen des Wachstums im Rest der Welt (plus 5,9 Prozent), darunter in USA (plus 4,0 Prozent) und Europa (plus 6,2 Prozent), deutlich über dem Vorjahr. Die technologieoffene Strategie der BMW Group zahlte sich dabei erkennbar aus. Insgesamt konnte die BMW Group als einziger deutscher Hersteller in den ersten drei Monaten 2025 mit 109.516 vollelektrischen Autos (BMW, MINI und Rolls-Royce) weltweit 32,4 Prozent mehr E-Autos als die deutschen Wettbewerber verkaufen. Der globale Absatz von Tesla schrumpfte dagegen um 17 Prozent auf 336.000 Einheiten. Positiv entwickelte sich insbesondere der Absatz vollelektrischer BMW Fahrzeuge in Europa (plus 64,2 Prozent).

Die spannende Frage nach den Ursachen und Hintergründen für den Gewinneinbruch der Autobranche wird in den Medien meist überhaupt nicht gestellt. In der Mehrheit übernehmen sie nur die von den Herstellern selber genannten Gründe.

So heißt es allgemein in einer KI-Übersicht bei Google: „Die Autoindustrie in Deutschland erlebt derzeit einen starken Gewinneinbruch, insbesondere bei Volkswagen und Mercedes-Benz, die im ersten Quartal 2025 erhebliche Rückgänge zu verzeichnen hatten. Gründe dafür sind schwache Absatzraten auf dem chinesischen Markt und die hohen Kosten für die Entwicklung und Umstellung auf Elektromobilität.“ Dazu einige Schlagzeilen zur Lage der Branche als Zufallsauswahl:

• „Massive Gewinneinbrüche bei VW und Mercedes-Benz“: „In Wolfsburg sind es 41 Prozent weniger, in Stuttgart knapp 43 Prozent. Beiden Konzernen macht das schwache China-Geschäft zu schaffen.“ (Süddeutsche Zeitung)

• „Gewinn der Marke VW bricht ein“ (Süddeutsche Zeitung): „Im ersten Quartal schafft die Kernmarke Volkswagen nur noch eine mickrige Gewinnmarge von 0,5 Prozent. Schuld ist die Zollpolitik von Donald Trump – aber auch Altlasten aus dem Dieselskandal.“

• „Da Trumps Zölle erst seit Anfang April gelten, schlagen sie in den Bilanzen zwar noch nicht nieder – die Sorgen der Autobauer aber sind umso größer.“ (Florian Neuhann im Interview bei ZDF heute.)

• „Erheblicher Gewinneinbruch bei Mercedes-Benz“ (tagesschau.de)

Soweit in den Medien Fragen zu den Ursachen für den Gewinneinbruch in der Autobranche gestellt werden, sind die Ergebnisse vielfältig im Ausdruck, aber eher einfältig im Inhalt. Chinaeinbruch, hohe Kosten für die Elektro-Transformation und Trumps erratische Politik sind die wesentlichen Gründe, die angeführt werden. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit.

Natürlich schlagen sich die äußeren Negativ-Ursachen wie der Einbruch beim Chinaabsatz und die extrem unsicheren, instabilen politischen und handels- und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen irgendwie auch im Absatz und Ergebnis nieder. So hat beispielsweise der Daimler-Konzern bereits zuvor gewarnt, ein US-Einfuhrzoll in Höhe von zehn Prozent könnte die operative Marge des Pkw-Geschäfts um einen Prozentpunkt schmälern. Tatsächlich hatte dann Anfang April US-Präsident Donald Trump dann 25 Prozent auf den Import aus der EU aufgeschlagen.

Aber eben erst im April und noch nicht im ersten Quartal 2025.

Und natürlich macht der Handelsstreit den deutschen Autobauern zu schaffen. Und auch der scharfe Wettbewerb mit den chinesischen E-Auto-Herstellern in China. Ebenso die CO2-Strafzahlungen nach Brüssel, die allerdings nun aufgeschoben wurden. Das EU-Parlament hat am Donnerstag in Straßburg für eine Lockerung der CO2-Emissionsnormen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge gestimmt.

Doch es gibt wichtige andere Ursachen, die in der Kommunikation der Autohersteller selber tunlichst verschwiegen werden – weil sie unisono hausgemacht sind, und (noch) nicht bei Trump verortet werden können.

Trump dominiert als Verursacher. So berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ über Chaos bei den Autobauern: „VW, Mercedes und Porsche: Trumps erratische Zollpolitik stürzt die Autobauer ins Chaos“: „Um 40 Prozent bricht der Gewinn bei VW, Mercedes und Porsche im ersten Quartal ein. Die Aussichten sind düster, trotz der neuen Erleichterungen. Sicher ist wegen Trump nur die Unsicherheit.“

Richtig ist, dass die deutschen Autobauer gegenwärtig vor extremen äußeren Herausforderungen stehen, wie der erstarkten Verdrängungs-Konkurrenz chinesischer Elektroautos-Hersteller und der Trumpschen Abwehr-Zollpolitik, gegen die sie sich ad hoc nicht wehren können. Richtig ist aber auch, dass bei allen Herstellern – Ausnahme BMW mit seiner Technologie Offenheit – viele hausgemachte strategische Fehler zu der Gewinnkrise beigetragen haben. Falsch ist dagegen die Annahme, dass Trumps Zollpolitik die Ergebnisse der deutschen Autohersteller bereits im 1. Quartal beeinträchtigt hätte, die Zölle wurden erst im April eingesetzt. Eher gilt das Gegenteil, weil viele Auto-Exporte aus Deutschland nach den Vereinigten Staaten in Erwartung der Zölle in den ersten drei Monaten 2025 vorgezogen wurden, was also sogar positiv auf die Bilanzzahlen wirkte.

Vielfach wird in den Medien, der Berichterstattung der jeweiligen Unternehmen folgend, auf die hohen Kosten der Elektrostrategie als Begründung für die Gewinnverschlechterung hingewiesen. Auch das ist so nicht richtig. Nicht die hohen Kosten der E-Transformation sind die Ursache – bei Verbrennern waren Investitionen und Entwicklungskosten der Hersteller in der Vergangenheit um ein Vielfaches höher –, sondern der ungeplant niedrige respektive fehlende Absatz von E-Autos, für den diese Kosten kalkuliert waren. Besonders krass war die Fehlplanung bei VW. Leerstehende Fabriken (Zwickau, Dresden, Osnabrück), Absenkung der Löhne und drastischer Personalabbau waren und sind die zwangsläufige Folge. Mit dem für die Öffentlichkeit schwer nachvollziehbaren Ergebnis, dass nunmehr bei steigender Nachfrage nach E-Autos von VW (ID.7) und vor allem Verbrennern plötzlich mitten im Personalkahlschlag Sonderschichten notwendig werden.

Die Absatzplanung für Elektroautos war im Ansatz bei VW, Porsche und Mercedes zu euphorisch, CEO Herbert Diess und Kollegen in Stuttgart lagen falsch. Hinzu kam, dass bei Mercedes als Besonderheit von CEO Ola Källenius die angekündigte Aufgabe der Verbrennertechnologie zugunsten der E-Mobilität, gepaart mit dem gezielten Rückzug aus den unteren Mercedes Brot-und-Butter-Marktsegmenten zugunsten einer „nur-noch“-Luxus-Strategie konträr zum Markt verlief. Das Gleiche gilt für die Elektrifizierungsstrategie von CEO Oliver Blume bei Verbrenner-Sportwagen-Ikone Porsche, die bei den Kunden kein Wohlgefallen fand. Stattdessen erlebt der Porsche Oldtimer 911 ein Revival – und milderte so den Ergebniseinbruch ab.

Als Chaos kann man diese hausgemachten Gewinneinbrüche also nicht bezeichnen. Sie sind vielmehr Ergebnis einer gezielten Unternehmensstrategie von Diess, Blume und Källenius, die sowohl bei VW, Audi, Porsche und Mercedes in die falsche Richtung führte. Die aber, anders als früher bei GM und Chrysler, ihre Unternehmen nicht an den Rand der Insolvenz führte. Und im VW-Konzern bereits auf breiter Front zum Umdenken geführt hat.

Die Zukunft der deutschen Autoindustrie ist nicht düster. VW und Porsche haben die Zeichen der Zeit erkannt und strategisch reagiert: VW hat den chinesischen Hauptmarkt abgespaltet und entwickelt und produziert in Zukunft in China für China. Porsche hat den Verbrenner wiederentdeckt und steuert gezielt auf Hybride jedweder Art zu.

Nur Mercedes hält bis zuletzt an seiner Elektro- und Luxusstrategie fest. Selbst die Neuauflage der unteren Modellreihe (CLA) verträgt konstruktiv nur einen leistungsschwachen Vierzylinder-Verbrennungsmotor. Der zudem noch bei Großaktionär Geely in China gebaut wird. Und BMW läuft, soweit erkennbar, weiter in der dualen Technologie-Spur.

Alle deutschen Hersteller, auch Audi, fahren ihre Produktions-Aktivitäten in den USA hoch und passen sich in China zunehmend den aktuellen Besonderheiten des chinesischen Käufergeschmacks an. Geld fehlt nirgends. Ungeachtet aller positiven aktuellen Absatzsignale und Erwartungen für die Zukunft aus den Unternehmen selber: Die Zeit so hoher Renditen wie früher dürfte vorerst vorbei sein – bei allen.

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