„Auf Allah sollen die Gläubigen vertrauen“: Islamisten-Imam predigt auf Abschlussfeier christlicher Schule

vor 3 Tagen

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Bildquelle: NiUS

Gebete, Gottesdienste, eine christlich geprägte Werteerziehung und eine enge Zusammenarbeit mit der Kirche – all das verbinden Menschen mit einer christlichen Schule. Doch die Bonifatiusschule II in der niedersächsischen Stadt Göttingen sprengt all diese Vorstellungen. Obwohl die Oberschule dem Bistum Hildesheim untersteht, bietet die Schule nicht nur islamischen Religionsunterricht an und feiert den islamischen Fastenmonat Ramadan – bei einer Abschlussfeier am 26. Juni trat nun auch ein islamistischer Imam auf und predigte an der christlichen Schule.

„Christlich geprägt“ und „religionssensibel“ – so bezeichnet sich die katholische Bonifatiuschule II in Göttingen. Wer einen Blick auf das Instagram-Profil der staatlich geförderten Bildungseinrichtung wirft, versteht schnell, was mit dieser Beschreibung gemeint ist. Dort finden sich Beiträge, in denen beispielsweise verschleierte Schülerinnen zu sehen sind, oder der muslimische Fastenmonat Ramadan gefeiert wird.

Doch damit nicht genug. Am vergangenen Donnerstag feierte die Bonifatiusschule II in der „St. Heinrich und Kunigunde“-Kirche in Göttingen den Abschluss der Realschüler. Dabei hielt nicht nur Pater Martin Müller eine Andacht unter dem Motto „Neue Wege – mit Mut und Vertrauen“, sondern auch der Imam Sinan Öztürk.

In seiner Predigt in der katholischen Kirche sagte Öztürk unter anderem: „Auf Allah sollen die Gläubigen vertrauen“ – Allah stellt im muslimischen Glauben den allmächtigen Gott dar.

In einer aktuellen Meldung auf der Schulwebsite wird die christlich-islamische Feier stolz als „wunderschön“ beschrieben. Zudem heißt es über die Andacht in der „St. Heinrich und Kunigunde“-Kirche: „Die Fürbitten trugen Schüler*innen vor – und was besonders schön war – auch in ihren Muttersprachen und zum Teil in wunderschöner Landestracht“. Welche Muttersprachen die Schüler sprachen und welche „wunderschönen Landestrachten“ sie trugen, wird auf der Website der katholischen Oberschule nicht genauer erläutert.

Islamische Verschleierung in der Kirche und „wunderschöne Landestrachten“. Das war die Abschlussfeier der Bonifatius-Schule in Göttingen am 26.06.

Stolz ist die Bonifatiusschule II nicht nur auf die Abschlussfeier selbst, sondern auch auf die Anwesenheit des islamischen Imams Sinan Öztürk, die auf der Website der Schule bedenkenlos und ohne Weiteres erwähnt wird.

Auf der Website der Bonifatius II Oberschule in Göttingen wird die Anwesenheit des Imams Öztürk stolz erwähnt – zusammen mit einem Bild, dass die St. Heinrich Kirche zeigt.

Brisant, denn der Imam aus Hildesheim, der sich in der Öffentlichkeit gerne als interreligiöser Experte inszeniert, hat engen Kontakt zur Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG). Diese wird vom Verfassungsschutz als islamistische Bewegung eingestuft und soll Verbindungen zu anderen radikal islamistischen und salafistischen Bewegungen wie der Muslimbruderschaft oder der türkisch-rechtsextremistischen Ülkücü-Bewegung haben. Zudem taucht er auf einem Bild auf, das bei einer Veranstaltung der IGMG aufgenommen wurde.

Auf Instagram zeigt sich Sinan Öztürk dabei, wie er in der Ayasofya Moschee in Hildesheim predigt – unterstützt von der IGMG.

Laut dem Verfassungsschutz Baden-Württemberg ist die IGMG der bedeutendste Teil der türkisch-nationalistischen „Milli-Görüs“-Bewegung („Nationale Sicht“) in Deutschland. Diese hat es nicht nur zum Ziel, die westliche „Ordnung des Unrechts“ durch eine islamische „Gerechte Ordnung“ zu ersetzen, sondern soll dafür nach dem Verfassungsschutz Baden-Württemberg vor allem die Mittel des Rechtsstaats nutzen, um „ihre islamistische Agenda voranzubringen“. Der Verfassungsschutz Bayern zählt die „Milli-Görüs“-Bewegung zur Kategorie des legalistischen Islamismus, welcher u. a. durch Verbandsarbeit versucht Einfluss auf den interreligiösen und politischen Dialog zu nehmen.

Auch der IGMG-Imam Sinan Öztürk fällt vor allem durch seine interreligiöse Arbeit auf, so zeigt er sich immer wieder bei Veranstaltungen der evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) oder trifft sich für Gespräche mit dem Superintendent der evangelischen Landeskirche Hannover, Mirko Peisert  – dieser wünschte sich zuletzt eine stärkere Kooperation zwischen Moscheen und Kirchen.

Keine Seltenheit mehr an der katholischen Bonifatius Schule II in Göttingen: Die islamkonforme Verhüllung von jungen Mädchen.

Auch die Geschlechtertrennung und die islamkonforme Verhüllung für Frauen erklärt die IGMG gemäß Verfassungsschutz Baden-Württemberg zur Pflicht und „fördert diese Bereits bei Mädchen“. Gerade im Kontext mehrerer Bilder von islamisch verhüllten Schülerinnen, die auf der Instagram-Seite der Bonifatiusschule II zu finden sind, wirkt diese Aussage bemerkenswert.

Doch nicht nur Öztürks Verbindungen zur „Milli-Görüs“-Bewegung sind heikel, sondern auch seine politischen Aussagen. Laut der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) predigte der Imam kurz nach dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 über die „getöteten Kinder, Frauen und Babys in Gaza“. Über durch die Hamas ermordete israelische Kinder oder das Vorgehen der Terrororganisation soll der Imam nach der NOZ nicht gesprochen haben. Dafür warnt der Imam Minderjährige auf der Instagram-Seite der IGMG-Jugend Hildesheim davor, dass sich der „Sheytan (Anm. d. Red.: Sheytan ist das arabische Wort für Satan) ins Herz einnisten kann“, wenn man nicht aufpassen oder die Vorträge Öztürks verpassen würde.

Das Auftreten Öztürks beim Abschlussball am 26.06 war nicht das erste Mal, dass die Bonifatiusschule II Kontakt zu Akteuren aus dem islamistischen Umfeld hatte. Bereits im September 2022 rief die christliche Oberschule dazu auf, den „Tag der offenen Moschee“ zu besuchen – organisiert durch zahlreiche Islam-Lobbyvereine wie dem Zentralrat der Muslime, dem Islamrat oder Ditib.

„Eine gute Möglichkeit zum Einblick“ heißt es von der Bonifatiusschule II über den „Tag der offenen Moschee“ 2022.

In dem geteilten Beitrag wird Werbung für einen Besuch in der Ditib-Moschee in Göttingen gemacht, die schon in der Vergangenheit mehrmals durch Verbindungen zu islamistischen Akteuren auffiel. So musste der ehemalige Vorsitzende Mustafa Keskin 2021 zurücktreten, da er diverse antisemitische und gefährliche Inhalte auf Social Media teilte. Darunter waren Beiträge, in denen Keskin behauptete, dass Juden verflucht wären und die Weltpolitik beherrschen würden oder in denen er Armenier als „Bastardhunde“ bezeichnete.

Außerdem zeigte sein Facebook-Profilbild eine Pistole mit Munition und er teilte wiederholt Inhalte, die als Gewaltaufrufe gedeutet werden konnten. Auch eine Collage von Papst Franziskus und dem türkischen Rechtsextremisten Mehmet Ali Ağca, der bei einem Attentat 1981 Johannes Paul II. angriff, postete Keskin. Laut Welt heißt es in dem Beitrag sinngemäß, dass man sich über einen Kopfschuss nicht wundern sollte, wenn man den Völkermord an den Armeniern als historische Realität anerkenne – dies hatte Papst Franziskus getan.

Jahrelang ignorierte Ditib das Verhalten von Keskin, das Göttinger Tageblatt und das Stadtradio Göttingen boten dem Extremisten sogar eine Plattform. Erst als das Verhalten von Keskin durch die linke Jugendorgansiation „Die Falken“ aufgedeckt wurde, legte Keskin den Vorsitz der Göttinger-Ditib-Gemeinde auf Aufforderung nieder.

Besonders brisant: Genau wie Öztürk war Keskin jahrelang stark engagiert im interreligiösen Dialog.

Mit diesem Gotteshaus steht die katholische Bonifatius-Schule in engem Kontakt: Die Salimya-Moschee, auch „Ditib-Moschee“ genannt in der Göttinger Weststadt.

Wie stark die Nähe zu Ditib – einer Organisation, die ein direkter Ableger des türkischen Religionsministeriums Diyanet ist, der türkischen Regierung und des Präsidenten Recep-Tayyip-Erdogan unterliegt und nachweisbare Verbindungen zu türkischen Rechtsextremisten und Islamisten hat – von der katholischen Bonifatiusschule II ausgeht, zeigt sich auch in anderen Instagram-Beiträgen der Schule.

Unterrichten mit Kopftuch: Das ist an der katholischen Bonifatius Schule II in Göttingen Alltag.

Neben Werbung für die Ditib-Moschee in Göttingen wurde das islamische Gebetshaus auch von der christlichen Schule besucht, stolz heißt es in einem Instagram-Video, das den Besuch zeigt: „Die Schülerinnen und Schüler haben den Gebetsraum und die Moschee erkundet“ und „Für alle SuS war es ein gelungener Ausflug, auf den sich sicher auch die kommenden Jahrgänge freuen können“.

Auf NIUS-Nachfrage, wie das Bistum Hildesheim dazu steht, dass die Bonifatiusschule II, die in Trägerschaft des Bistums ist, islamische Prediger einlädt und mit Akteuren verkehrt, die sowohl Verbindungen zur IGMG als auch zu Ditib haben, heißt es laut Bistum, dass es mittlerweile üblich sei, dass Gottesdienste zu Beginn oder Ende eines Schuljahres „interreligiös gestaltet werden“.

Laut dem Sprecher des Bistums Hildesheim sei der interreligiöse Dialog außerdem für das „Friedliche Zusammenleben“ in der Gesellschaft von „großer Bedeutung“. Dazu, dass legalistische Islamorganisationen wie die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e.V. (IGMG) oder Ditib diese Werte untergraben wollen, äußerte sich das Bistum jedoch nicht.

Für das Bistum Hildesheim spielt der Islam eine wichtige Rolle.

Auch auf die Frage, ob Öztürk finanzielle Mittel für seine Predigt an der katholischen Schule erhielt und ob es weitere Kontakte zwischen dem Bistum Hildesheim und der IGMG gebe, schwieg das Bistum. Stattdessen lenkt man den Fokus auf andere Dinge: Die Erklärung „Nostra aetate“ sei für das Bistum Hildesheim für das Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und anderen Religionen leitend. Dort heiße es laut Sprecher des Bistums Hildesheim: „Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslime, die den alleinigen Gott anbeten.“

Auch die Kirche „St. Heinrich und Kunigunde“, in der die Abschlussfeier und die Predigt des Imams stattfanden, beantwortete die von NIUS gestellten Fragen nicht. Hier heißt es: „Die Einladung von Herrn Öztürk erfolgte über die Bonifatiusschule II“ und „Herr Öztürk wünschte den Absolventinnen und Absolventen während der Veranstaltung alles Gute für die Zukunft“. Zu den Verbindungen von Öztürk zur IGMG schwieg auch die Kirche.

Symbolbild: Aus Angst vor Konsequenzen sprach die Mutter Brigitte U. (Name geändert) anonym mit Nius.

Während die Verantwortlichen der Causa Öztürk schweigen, sind Eltern den Entscheidungen des Bistums Hildesheim und der Bonifatiusschule II ausgeliefert. So auch eine Mutter, die anonym bleiben möchte und ihre Sichtweise auf die Veränderungen an der katholischen Schule in Göttingen im Gespräch mit NIUS geschildert hat. Brigitte U. (Name geändert) hat mehere Kinder, die auf die christliche Schule gehen. Auf die Bonifatiusschule II hat sie ihre Kinder bewusst geschickt, weil sie sich eine christliche Werteerziehung für ihren Nachwuchs wünschte. Später wurde sie damit überrascht, dass es an der katholischen Schule auch Islamunterricht und Moscheebesuche gab.

Dass nun ein Imam mit IGMG-Nähe während der Abschlussfeier der Bonifatiusschule II predigte, findet Brigitte U. „falsch und entsetzend“. Gegenüber NIUS sagt die Mutter: „Also da war ich entsetzt und auch tatsächlich enttäuscht, weil ich der Meinung bin, dass so etwas nicht passieren darf. Und bei aller Liebe zu dieser Ökumene, die da scheinbar stattfinden sollte, das darf nicht passieren. Dann müssen die sich vorher vernünftig informieren. Und das haben sie scheinbar nicht gemacht“.

Gleichzeitig stellt Brigitte U. in Bezug auf die Verbindungen Öztürks gegenüber der IGMG klar: „Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass die Schule darüber Kenntnis hat“. Laut ihr habe die Schule prinzipiell ein Interesse an einer friedvollen Koexistenz der Religionen, würde dafür aber einen falschen Ansatz wählen.

Wie kritisch der von der Bonifatiusschule II gewählte Ansatz im Umgang mit dem Islam ist, zeigt sich auch in den geschilderten Erfahrungen von Brigitte U. So erzählt die Mutter, wie sich muslimische Mädchen im islamischen Fastenmonat Ramadan abfällig gegenüber ihrer Tochter äußerten, da diese nicht beim Fasten mitmachte. Wovor Brigitte U. besonders Angst hat? „Meine Tochter wurde ja quasi katholisch eingeschult und am Ende gibt es dann quasi noch einen muslimischen Abgang für sie“. Die Mutter fühlt sich durch das Vorgehen der Schule hintergangen, gleichzeitig stellt der Auftritt von Sinan Öztürk für sie einen Weckruf dar:

„Ganz viele Dinge und Diskussionen bekommt man in Zeitschriften, im Fernsehen, in der Tagesschau mit. Aber dass sich das direkt jetzt auch auf die Schule meiner Kinder bezieht, da sind mir jetzt auch irgendwie ein paar Lichter aufgegangen. Und all das, worüber man immer diskutiert hat, das war weit weg, aber scheinbar hab ich das direkt vor der Tür.“

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