Wegen „psychisch schwerstkranker Corona-Karl“ und „dummdeutscher Kriegshetzer“: Göttinger Staatsanwaltschaft geht gegen Blogbetreiber vor

vor 27 Tagen

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Bildquelle: NiUS

Die durch eine jüngst veröffentlichte Doku des US-Fernsehsenders CBS bekannt gewordene Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet (ZHIN) der Göttinger Staatsanwaltschaft geht gegen den Blogbetreiber Andreas Skrziepietz aus Hannover vor. Vier Kommentare auf dessen Plattform stuft sie als Beleidigungen ein, sie richten sich unter anderem gegen Politiker wie Karl Lauterbach und Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Anfang März wurde Skrziepietz dafür in erster Instanz verurteilt.

„Der psychisch schwerstkranke Corona-Karl, der ein ganzes Volk in Geiselhaft genommen hat und vor keiner absurden Lüge zurückschreckt, um seine kruden Thesen zu rechtfertigen (Beispiel: Überlastete Intensivstationen), bezichtigt Putin, ein Narzisst zu sein.“

In diesem Blog-Kommentar aus dem Februar 2022 sieht die Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet (ZHIN) der Staatsanwaltschaft Göttingen eine Ehrverletzung des Noch-Gesundheitsministers. Das Amtsgericht Hannover folgte der Argumentation, verurteilte Blogbetreiber Skrziepietz für dieses und drei weitere Vergehen zu insgesamt 75 Tagessätzen à 15 Euro. Das entspricht einer Summe von 1.125 Euro.

Der von Tipp- und Flüchtigkeitsfehlern durchzogene Strafbefehl des Amtsgerichts Hannover zeigt: Strafanträge wegen Hass-Vergehen sind hier längst Massenware, werden hier im Akkord ohne großen Korrekturblick veröffentlicht. Auch wird der Strafbefehl zunächst als „Strafsache wegen Volksverhetzung“ eingeleitet, später ist dann allerdings keine Rede mehr von diesem Tatbestand.

Gegenüber NIUS erklärt ein Sprecher des Amtsgerichts Hannover das so: „Auf dem Deckblatt dürfte sich ‚Volksverhetzung‘ befinden, weil die hiesige Eingangsgeschäftsstelle das Verfahren offensichtlich unter diesem Stichwort eingetragen hat. Korrekt wäre es wohl gewesen, das Verfahren wegen ‚Beleidigung‘ einzutragen. Aus welchem Grund die Eintragung unter dem Stichwort ‚Volksverhetzung‘ erfolgt ist, lässt sich hier – auch aufgrund des Zeitablaufs – nicht mehr feststellen.“

Im Februar hatte der US-Sender CBS-News eine Doku veröffentlicht, bei der Staatsanwälte aus Göttingen berichteten, sie würden böse Kommentare und Gemeinheiten im Netz mit dem juristisch sehr scharfen Schwert der Hausdurchsuchungen verfolgen lassen und dabei mehrfach Belustigung über das strenge Vorgehen gezeigt.

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Eines der weiteren Vergehen, die Skrziepietz zur Last gelegt werden, ist ein Kommentar, den er in Referenz zu einer Äußerung des CDU-Bundestagsabgeordneten Norbert Röttgen schrieb: „Röttgen ist ein plumper Russlandhasser, dem zu antworten es nicht lohnt. Warum geht er nicht an die Front? Zu feige, wie die meisten dummdeutschen Kriegshetzer (Masala, Strack-Zimmermann)?“

„Dies taten Sie, um Herrn Masala in seiner Ehre zu verletzen und herabzuwürdigen“, heißt es im Strafbefehl.

Auch eine längere Passage aus seinem Online-Blog, in der Skrziepietz CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst als „berufslosen Apparatschik“ bezeichnet, der zu den „Merkel’schen Enddarmbewohnern“ gehöre und in der er Wüst vorwirft, mittelbar für Vergewaltigungen durch Migranten verantwortlich zu sein, legt die Staatsanwaltschaft ihm zur Last.

Gelächter bei den Staatsanwälten Dr. Matthäus Fink, Svenja Meininghaus und Frank-Michael Laue

Nach Ansicht der Göttinger Staatsanwälte hat der Blogbetreiber außerdem eine Politiker-Beleidigung begangen, als er in einer Google-Bewertung über den Kölner Lokalpolitiker Dirk Bachhausen schrieb: „Ein Hetzer, der Querdenker als Nazis diffamiert und damit den Holocaust verharmlost. Hat erst neulich einen Rechtsstreit gegen mich verloren.“

Die Bewertung, so das Amtsgericht, sei für jedermann einzusehen gewesen, was dem Schreiber bewusst gewesen sei. „Ebenfalls bewusst war Ihnen, dass die betroffene Person eine Person des politischen Lebens ist (Kommunalpolitiker in Köln, unter anderem Stadt, Arbeitsgemeinschaft, Queerpolitik, Digitalisierungsausschuss, Wirtschaftsausschuss) und derartige diffamierende Inhalte gerade im Internet eine Außenwirkung entfalten, welche den Geschädigten in ein schlechtes Licht rücken und geeignet waren, Skepsis gegenüber seinem politischen Wirken hervorzurufen.“

Hintergrund: Bachhausen hatte 2023 gegen die ehemalige Eisschnellläuferin Claudia Pechstein eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht und Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt, da diese bei einer CDU-Parteiveranstaltung in Polizeiuniform aufgetreten war.

Skrziepietz hatte den Kölner Politiker daraufhin angeschrieben, veröffentlichte die Mail auf seiner Webseite – was ihm ein Gericht später untersagte und eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro anordnete.

Den Strafantrag gegen Skrziepietz wegen Politiker-Beleidigung hat Bachhausen persönlich unterschrieben. Und das, obwohl er selbst in seinem Profil auf X schreibt: „Querdenker:innen sind Nazis“.

Skrziepietz erklärt gegenüber NIUS, er werde gegen das Urteil Amtsgerichts Berufung einlegen. „Wenn es sein muss, werden wir alle Instanzen durchspielen“, sagt der Blogbetreiber.

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