Gott spielt keine Rolle mehr: Wie der Kirchentag zum linken Polit-Event verkommt

vor etwa 4 Stunden

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Bildquelle: NiUS

Diesmal werden keine Vaginas gemalt, wie damals 2018 in Dortmund. Das war auch schon die gute Nachricht zum bevorstehenden Evangelischen Kirchentag, der diesmal vom 30. April bis zum 4. Mai in Hannover stattfindet und sich selbst unter das Motto „mutig – stark – beherzt“ gesetzt hat.

Die von der neuen Bundestagspräsidentin Julia Klöckner angestoßene Kontroverse, ob wir es bei den großen Kirchen überhaupt noch mit Institutionen der Glaubensverkündung zu tun haben oder nicht eher mit politischen NGOs kann die Evangelische Kirche in Deutschland schon seit Jahren ganz ohne interne Diskussion beantworten. Seelen zu retten reicht nicht, wenn man dasselbe auch gleichzeitig noch mit dem Klima, Flüchtlingen im Mittelmeer und der Demokratie tun kann. Und so wird auch in einem Workshop die logische Frage erörtert: „In welcher Nichtregierungsorganisation wäre Jesus?“. Gott wird diesmal wahlweise als „er/sie/es“ mit göttlichem Genderstern als multigeschlechtlicher „G*tt“ oder auch mit Apostroph als „G`tt“ geschrieben, vielleicht ist es aber nur ein Tippfehler. Ansonsten nutzt man den gendersensiblen Doppelpunkt, um Haltung für mehr Geschlechtervielfalt im Zentrum „Geschlechterwelten und Regenbogen“ zu demonstrieren.

Morgen startet der Kirchentag in Hannover.

Während bei Linken das Private traditionell politisch ist, ist bei der Evangelischen Kirche das Geglaubte politisch. Es wäre sicher eine spannende Umfrage, wie viele Akteure des Kirchentages eher an den Klimawandel und 100 selbstdefinierte Geschlechter glauben, denn an die Auferstehung Jesu. Klimagerechtigkeit, „queere“ Pastoral, Antikapitalismus und natürlich der Kampf gegen Rechts sind somit auch zentrale Anliegen des Kirchentages. Das passende politische Personal hat man sich dazu auch eingeladen.

Warum die Bibel von versierten Theologen auslegen lassen, wenn das auch Katrin Göring Eckhardt, Frank-Walter Steinmeier und Friedrich Merz, Bodo Ramelow, Armin Laschet und Christian „Der Islam gehört zu Deutschland“ Wulff tun können? Aber auch Klima-Luisa Neubauer darf nicht fehlen, wenn es gilt, die Bibel zu erklären. Auf Politprominenz aus dem Ausland wartet man beim Kirchentag diesmal vergebens, dabei sprach dort 2017 in Berlin sogar Barack Obama. Angesichts der damals jubelnden 70.000 im Publikum war nicht genau erkennbar, ob er als Politiker oder als Messias eingeladen war und nicht wenige vermuten bis heute, er sei damals gar nicht mit der Air Force One gekommen, sondern direkt über das Wasser des Atlantiks gelaufen.

Das Grundgesetz und das Evangelium, auf dem der Kirchentag fuße, hätten eine Erkenntnis gemeinsam: „Das Feindbild ist abgeschafft“. Mit dieser steilen These begrüßt denn auch Dr. Kristin Jahn, Generalsekretärin der Veranstaltung, in der Programmübersicht die Gäste. Das achte Gebot „Du sollst nicht lügen“ wird mit dieser vollmundigen Ankündigung von Frau Jahn stark in Bedrängnis gebracht, vor allem da sie anfügt, es gäbe „kein Wir gegen Die“, es ginge eben nur gemeinsam, im respektvollen Streit und „in der Anerkennung der Verschiedenheit“. Der Kirchentag feiere diese Verschiedenheit und diesen respektvollen Streit in der Grundannahme, „mein Gegenüber könnte auch recht haben und nie nur ich allein.“

Stellt sich angesichts dieses Selbstverständnisses umso mehr die Frage, warum man dann haufenweise Veranstaltungen und Debatten über den Kampf gegen rechts ohne einen einzigen Vertreter jener Partei stattfinden lässt, die man als Feindbild der EKD klar in Worte fassen kann: Die AfD.  Während sich Vertreter von CDU, CSU, SPD, Grünen und Linken die Klinke in die Hand geben, gilt die AfD als die Verkörperung des Gottseibeiuns und da ist dann auch die vielbeschworene Inklusion der Evangelischen Kirche am Ende. Niemand nimmt hier an, dass ein Vertreter der AfD als „Gegenüber“ auch recht haben könnte. Man weiß ganz genau, wer „Wir“ und wer „Die“ sind.

„Mutig, stark, beherzt“, aber weitgehend gottlos: der evangelische Kirchentag 2025.

Da das deutsche Bundesinnenministerium einer der Hauptsponsoren des Kirchentages ist, wird sicher nichts schief gehen bei der Einordnung zwischen den Seiten des Lichtes und jenen der Finsternis. Es entbehrt aber nicht einer gewissen Komik, dass man sich in Werkstattgesprächen etwa unter dem Titel „Haltung zeigen und Auseinandersetzung wagen. Kirchliches Engagement gegen rechts“ zusammenfinden will, gleichzeitig aber hasenfüßig keine einzige Auseinandersetzung tatsächlich wagt.

Stattdessen ist man im Glauben gegen rechts vereint und dabei lernt der evangelische Christ lieber, „Stammtischparolen?! Wie erkenne ich sie und wie kann ich damit umgehen?“. Man will „Mutig und beherzt gegen rechts“ sein und erlernen, wie das geht. Man will auch im Kampf gegen Rechtsextremismus „Rechtsextreme Codes erkennen und dekonstruieren“ oder im Workshop „Mal nach den Rechten sehen“ und natürlich „Stark sein - stark werden gegen Rechtsextremismus“. Dazu sollen „Rechte Narrative im digitalen Raum“ analysiert werden. Der Angstgegner haltungserprobter Gutmenschen sitzt traditionell auch aus Sicht des Kirchentages an der rechten Seite von Trump, man diskutiert deswegen unter fachlicher Anleitung von Altbundespräsident Christian Wulff und unter dem Titel „Mit Gott gegen die Demokratie. Was das Beispiel USA uns in Deutschland lehrt“, wie man die christliche Rechte in Schach hält.

Pfarrer Quinton Ceasar predigte schon vor zwei Jahren auf dem Kirchentag in Nürnberg: „Gott ist queer!“

Sicher sehr hilfreich ist für den Kirchentagsbesucher auch, dass bei der Auslegung der Wahrheit und der Frage „Wem kann ich heute noch glauben? Desinformation und soziale Medien“ ausgerechnet Justus von Daniels, Chefredakteur des gerichtlich der Lüge überführten und mit Steuergeldern querfinanzierten Medienprojektes „Correctiv“ auf dem Podium Platz nehmen wird, flankiert von Hart aber Fair Moderator Louis Klamroth und Ricarda Lang von den Grünen. Was soll bei so vielen Faktencheckern auf einmal schon schief gehen? Im Innenministerium lehnt man sich sicher angesichts dieser Besetzungsliste im Kampf gegen Fakenews und Hetze zufrieden zurück, dieses Sponsoring zahlt sich sicher aus.

Nichts wird in evangelischen Kirchen mit größerer Freude verkündet als die steigende Zahl von Geschlechtern in westlichen Zivilisationen. Ob christliche Mission in heutigen Zeiten überhaupt noch angemessen sei, wird zwar im antirassistischen Programmelement unter „postkolonialen“ Perspektiven ernsthaft in Frage gestellt, dass man Geschlechtervielfalt verkünden und mit Regenbogenfahnen auf Kirchtürmen, Altären und Gewändern bezeugen muss, steht hingegen auch in Hannover weiterhin außer Frage. In Hannover steht schließlich auch das Studienzentrum der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie, wo man bereits vor über 10 Jahren nicht nur die erste kirchliche Unisextoilette vorweisen konnte, sondern schon damals wusste, dass Genderkritik ganz sicher rechts ist und Gott viele Geschlechter geschaffen hat, weil er die Vielfalt liebt.

Dass Gott „queer“ sei hatte bereits beim letzten Kirchentag in Stuttgart ein Pastor mit wirrem Haarschopf der jubelnden Menge vom Podium zugerufen, auf dem Boden des hannoveranischen Kirchentages wird das „Queersein“ dann zur echten Mission.

Denn während der rasante Anstieg von Kirchenschändungen und Angriffen auf Christen und kirchliche Einrichtungen in Deutschland keine Rolle spielen – ist das Thema Sex und Geschlecht in seiner ganzen Vielfalt vertreten. Das freut auch Gruppen wie „BDSM für Christen“, die auf dem „Markt der Möglichkeiten“ in der Abteilung „Frauen - Männer - LGBTQIA+“ die Möglichkeiten von sexuell erregenden Fesselspielen und Sado-Maso-Praktiken im Kontext christlichen Glaubens besprechen wollen. Gut, dass man auf der Homepage versichert, „Gott liebt Dich, auch wenn Du jetzt auf unseren Seiten weiter stöberst.“

Mehr Sex für Alle und mit Allen scheint ein zentrales Anliegen evangelischer Christen zu  sein und so wird das Thema aus allen Blickwinkeln beleuchtet, sogar bis hin zu der Frage, wie man Prostitutionspolitik „gerecht“ gestalten kann. Aber auch die Frage, mit wie vielen Menschen man gleichzeitig Sex haben darf, trifft auf einen hohen Erörterungsbedarf. Das Netzwerk polyamore Menschen und Kirche (NepoMuK) e.V.  hilft bei „Polyamorie – Theologische Perspektiven“ und „Polyamorie und Nichtmonogamie: Was? Wie?“ auf die Sprünge und lädt zum Mitmachen ein. Bei „Smash Purity culture“ kann man dann ebenfalls „christliche Keuschheitsideale hinterfragen“.

Wo es um „queere Klimagerechtigkeit“ geht, darf Luisa Neubrauer natürlich nicht fehlen. Sie hat sich zum Kirchentag in Hannover bereits angekündigt.

Auch jene, die noch nicht so bewandert sind in christlichen Regenbogenwissenschaften müssen keine Angst haben, sie werden umfassend in feministische und queere Theologie eingeführt in Workshops und Podien wie „Queersensible Arbeit mit Konfirmand:innen“, die Basics lernt man hingegen im Workshop „Queer Theology“.  Die gendersensible Gestaltung von Gottesdiensten und Kirchenräumen kann bei „Queering kirchliche Räume und Gemeinden“ oder bei „Queere, feministische, gendersensible Liturgie“ lernen. Auch die Kleinsten werden dabei nicht verschont und können „Queere Tiere auf der Arche“ kennenlernen, von den nicht einmal Noah wusste. Im Workshop „Von Schnabeltieren und genderqueeren Heiligen“ lässt sich die Geschlechtervielfalt der Bibel erkunden. Auf dem Podium „Celebrating pride and diversity“ kann man gemeinsam gegen Rassismus, Anti-Queerness und Populismus kämpfen, im Mitmachforum „Die Lücke in der Geschlechtergerechtigkeit überwinden“.

Die Damen Feministinnen laden zum eigenen FLINTA*-Frühstücksgottesdient für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binärem trans und agender Personen, bei „My Body My Choice“ wird der Zugang zu „sicherer Abtreibung“ erörtert. „Für eine sexpositive Kirche“ setzt Frau sich im Workshop „Safe Space – Frauen* sprechen über Sexualität“ und die richtigen „empowernden Worte“ lernt Frau in der „Queer-feministischen Schreibwerkstatt“. Der Workshop „Queer in der Klimakrise“ findet dann den Übergang in das weitere existenzielle Evangeliumsthema für engagierte Christen: Die Klimakrise.

Auf dem Hauptpodium „Nach uns die Sintflut?! Nicht mit uns!“ hat dann auch die ehemalige Ethikratsvorsitzenden Alena Buyx nach der Corona-Krise eine Anschlussverwendung jetzt als Expertin für globale Klimagerechtigkeit gefunden. Bei der „Planetary Health Diet“ wird der zukunftsfähige Wandel in Ernährung und Landwirtschaft erörtert, andere Podien beschäftige sich mit „Klimagerecht – ressourcengerecht“, „Klimapolitik zwischen Technik und Genügsamkeit“ oder „Visionen für die Stadt von morgen“. Man ist aber auch derart stolz auf die eigene nachhaltige Planung, dass man auch den „Rundgang über die umweltfreundliche Großveranstaltung“ als Blick hinter die Kulissen anbietet oder man geht gleich zur Panikausstellung „Heißzeit: der Klimafieber-Zeitstrahl“. In welchem NGO Jesus denn nun Mitglied wäre, wird sicher auf dem Kirchentag in Hannover durch sachkundige „Expert*innen“ geklärt werden können, nicht aber, ob er sich unter den Teilnehmern befinden wird.

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