
Im zweiten Quartal 2025 musste Thyssenkrupp einen deutlichen Umsatzrückgang hinnehmen. Wie das Unternehmen mitteilte, fiel der Erlös um fünf Prozent auf 8,6 Milliarden Euro. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sackte drastisch ab – von 184 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf nur noch 19 Millionen Euro.
Als Hauptursache für den deutlichen Rückgang nennt der Konzern insbesondere die Schwäche in der Stahlsparte. Die schleppende Nachfrage nach Stahlprodukten sowie Schwierigkeiten bei der Umsetzung der EU-Klimaziele belasten die Geschäftseinheit massiv. Auch die Handelsdivision Material Services sowie die Automobilzuliefersparte hatten mit einem herausfordernden Marktumfeld zu kämpfen. Lediglich der Bereich Marine Systems konnte leichte Zuwächse verzeichnen.
Unter dem Strich stand dennoch ein Gewinn von 155 Millionen Euro – deutlich mehr als im Vorjahr, als noch ein Verlust von 78 Millionen Euro verbucht worden war. Ausschlaggebend für das positive Nettoergebnis war allerdings vor allem ein Sondereffekt: der Verkauf des Geschäftsbereichs Thyssenkrupp Electrical Steel India. Bereits im Oktober 2024 hatte Thyssenkrupp diesen Teil des Unternehmens für 440 Millionen Euro an ein Konsortium aus thyssenkrupp Electrical Steel India Private Ltd., JSW Steel Limited und JFE Steel Corporation veräußert.
Trotz der aktuellen Herausforderungen gibt sich Konzernchef Miguel López verhalten optimistisch: „Für das zweite Halbjahr erwarten wir ein stabileres Marktumfeld sowie positive Effekte aus unseren eingeleiteten Maßnahmen, sodass wir unsere Gesamtjahresprognose bestätigen.“ Für das laufende Geschäftsjahr rechnet Thyssenkrupp demnach weiterhin mit einem bereinigten Ebit in einer Bandbreite zwischen 600 Millionen und einer Milliarde Euro.
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Auch wenn die derzeitige Lage im Gesamtkonzern nach kurzfristiger Stabilisierung aussieht, ist ein nachhaltiger Aufwärtstrend bei Thyssenkrupp keineswegs garantiert. Insbesondere die tiefgreifenden Probleme in der Stahlsparte wiegen schwer – und angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Stahltochter für den Gesamtkonzern könnten die kommenden Quartale doch ungemütlicher ausfallen als von Konzernchef López erwartet.
Die verpflichtende Transformation hin zur klimafreundlichen Stahlproduktion im Rahmen des „EU-Green-Deals‟ stellt die Stahlsparte vor enorme Herausforderungen. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben muss Deutschland bis 2045 klimaneutral wirtschaften – das bedeutet für die Stahlindustrie konkret, dass die bewährte, „kohlebetriebene‟ Hochofenproduktion abgeschafft werden muss.
Vor diesem Hintergrund sehen sich Unternehmen wie Thyssenkrupp, Salzgitter oder ArcelorMittal gezwungen, auf unausgereifte und teure Technologien umzusteigen. Im Fokus steht das Verfahren der wasserstoffbasierten Direktreduktion.
Dabei sollen sogenannte Direktreduktionsanlagen (DRI) die herkömmlichen Hochöfen ersetzen. Thyssenkrupp treibt aktuell den Bau einer solchen Anlage am Standort Duisburg voran. Die Kosten belaufen sich auf mehrere Milliarden Euro.
Vereinfacht beschrieben funktioniert das Verfahren so: Eisenerz wird in Pelletform erhitzt und mithilfe von Wasserstoff statt Kohlenstoff reduziert. Wird hierbei „grüner“ Wasserstoff verwendet, können die CO₂-Emissionen gegenüber herkömmlichen Hochöfen theoretisch um mehr als 90 Prozent gesenkt werden. Was sich im ersten Moment vielversprechend anhört, ist in der Praxis mit erheblichen Nachteilen verbunden – insbesondere was die internationale Wettbewerbsfähigkeit angeht. Die Umsetzung der grünen Agenda bedeutet für Unternehmen wie Thyssenkrupp: deutlich höhere Kosten.