
Der innenpolitische Sprecher der Grünen im niedersächsischen Landtag, Michael Lühmann, hat mit Äußerungen gegen den Welt-Herausgeber Ulf Poschardt viel Kritik auf sich gezogen. Lühmann, der auch „Sprecher für Antifaschismus“ der niedersächsischen Grünen ist, brüstete sich mit offenbar systematischer Archivierung von missliebigen Posts des ehemaligen Chefredakteurs.
„Klar kann Poschardt seine ganzen Tweets löschen, aber wir haben das bei seinem Account so gemacht wie bei vielen rechts radikalisierten Accounts. Um die Reichweite nicht zu erhöhen, Screenshots gefertigt“, schrieb der Landtagsabgeordnete. Zuvor hatte der Welt-Herausgeber Ulf Poschardt sämtliche Beiträge auf seinem X-Account kommentarlos entfernt. Poschardt könne sich bei „Bedarf oder Gedächtnislücken einfach gern melden“, so Lühmann weiter.
Offenbar fühlen sich nun auch Abgeordnete berufen, eine Art politkommissarischen Archivar zu spielen – der Ton von Lühmanns Post gegen Poschardt ist für einen Regierungspolitiker bemerkenswert, erinnert gar an Methoden von „Feindmarkierung“, wie sie Extremisten linker und rechter Art gerne betreiben.
Klar kann #Poschardt seine ganzen Tweets löschen, aber wir haben das bei seinem Account so gemacht wie bei vielen rechts radikalisierten Accounts. Um die Reichweite nicht zu erhöhen, Screenshots gefertigt. Bei Bedarf oder Gedächtnislücken einfach gern melden @ulfposh. Kein Ding.
— Michael Lühmann 🇺🇦 (@HerrLuehmann) March 28, 2025
Die Aussagen Lühmanns wirken wie eine Drohung, eine Art Warnung mit vorgehaltener Screenshot-Sammlung. Der Eindruck drängt sich auf: Meinungsäußerungen, die nicht ins ideologische Raster der Grünen passen, geraten umgehend unter Beobachtung. Die vage Aussage, man habe bei „vielen rechts radikalisierten Accounts“ ebenso verfahren, lässt Interpretationsspielraum.
Nicht nur, was die Definition von „radikalisiert“ angeht, sondern auch hinsichtlich der Frage, wer dieses „wir“ sein soll, das hier offenbar über politische Korrektheit und Sagbarkeit entscheiden möchte. Die Vorstellung, dass ein Politiker einer Regierungsfraktion eine Datenbank mit Äußerungen politisch unliebsamer Personen führt, beuhruhigt viele, wie man an den kritischen Reaktionen auf Lühmanns Post erkennen kann.
Lühmann selbst ist seit 2022 für die Grünen im niedersächsischen Landtag. Er ist Sprecher für Innenpolitik, Antifaschismus und Verwaltungsreform. Zuvor war er Wissenschaftler am „Institut für Demokratieforschung“ in Göttingen.