
Das Leben als Manager in der Automobilindustrie ist dieser Tage nicht vergnügungssteuerpflichtig. Natürlich sind die US-Zölle das beherrschende Thema. Doch auch ohne den Trumpschen Handelskrieg mit der Welt hagelt es für die Autohersteller täglich schlechte Nachrichten.
Dazu nur ein kleiner Überblick über jüngere Schlagzeilen der Automobilwoche:
• „Porsche Absatz bricht ein – China im freien Fall“ • „Mercedes: Sinkflug beim Absatz hält an – mit wenigen Ausnahmen“ • „Audi und JLR stoppen US-Auslieferungen wegen Trump-Zöllen“ • „‚Wir kaufen derzeit kaum Fahrzeuge‘: Warum Vermieter als Absatztreiber ausfallen“ • „Maserati steuert Richtung Abgrund“
Und dabei sind die mutmaßlichen Auswirkungen der Sonderzölle von 25 Prozent auf Produktion und Beschäftigung, die US-Präsident Donald Trump seiner bevorzugten Feind-Warenkategorie, aus Europa importierten hochwertigen Automobilen, insbesondere solchen aus Deutschland, verordnet hat, noch gar nicht in den Statistiken aufgetaucht.
Sicher ist nur: Da die amerikanische Automobilindustrie nichts Gleichwertiges zu bieten hat, erhöht der amerikanische Sonderzoll vorerst nur die amerikanischen Verkaufspreise deutscher Autos und die US-Inflationsrate und dämpft den Absatz und die Gewinne der deutschen Autobauer – und ist letztlich vor allem eine Maßnahme zur Abzocke amerikanischer, gutbetuchter Autokäufer. Ob es längerfristig tatsächlich zur Verlagerung deutscher Autofabriken in die USA kommt, wie von Trump gewünscht, steht in den Sternen – aber selbst wenn, dann braucht es dazu viel Zeit.
Und natürlich lauert im Hintergrund über den Köpfen der Autohersteller weiterhin – und immer noch – das absolute Verbrennerverbot in der EU ab 2035. Fast in Vergessenheit geraten ist dabei, dass Großbritannien sein im Januar 2024 erlassenes Gesetz über „Zero-Emission“ ab 2035 („Pathway for zero emission vehicle transition by 2035“) im Dezember 2024 erheblich verschärft und den Verbrenner-Aus-Zeitpunkt auf 2030 vorgezogen hat. Und damit in Europa zum Leidwesen der englischen Autoindustrie zum Vorreiter für emissionsfreie Automobile wurde. 2024 wurden in Großbritannien 382.000 Voll-Elektroautos verkauft, womit das Land mit einer E-Quote von fast 20 Prozent zum größten Absatzmarkt von Elektroautos in ganz Europa aufstieg, noch vor Deutschland.
Trump und seine rigide Zollpolitik auch gegenüber Großbritannien ebenso wie die Klagen aus der Autoindustrie haben auf der Insel für ein Umdenken gesorgt. Die britische Regierung mildert die CO2-Regulierung deutlich ab. Vollhybrid-Autos und Plug-in-Hybride können nun bis 2035 verkauft werden. Dazu zählt auch die CO2-sparende „e-Power“-Technik, ein Range-Extender-Antrieb.
Allerdings: Premierminister Keir Starmer betonte, dass das Auslaufen der reinen Verbrenner-Pkw im Jahr 2030 bestehen bleibe. Das gelte sowohl für Benzin- wie für Dieselantriebe. Starmer begründete die Aufweichung der CO2-Regeln mit der Auflösung des globalen Freihandels. „Der Welthandel befindet sich im Umbruch, deshalb müssen wir unsere Wirtschaft und unser Land mit unserem Plan für den Wandel weiter und schneller umgestalten“ (Großbritannien: Kein „Zero Emission“ ab 2030 mehr | Automobilwoche.de).
Das Ganze ist zu sehen vor dem Hintergrund, dass auch Großbritannien hart von den neuen US-Autozöllen von 25 Prozent getroffen wird. 2024 waren gut 100.000 Neufahrzeuge aus England in die USA exportiert worden. Allein Jaguar Land Rover (JLR) hat bislang rund ein Viertel seiner Produktion in den USA abgesetzt. Als erste Reaktion auf die neuen US-Zölle hat JLR angekündigt, bis auf weiteres keine Fahrzeuge mehr in die USA zu exportieren.
Mit der Verschiebung des Zero-Emission-Ziels auf 2035 sollen die in England produzierenden Autobauer Toyota, Nissan und BMW Entlastung bei der Umstellung auf CO2-freie Antriebe erhalten. Mit den neuen Regeln ist es möglich, fünf Jahre länger Antriebe zu verkaufen, die noch nicht völlig emissionsfrei sind. Die Regierung verweist ausdrücklich auf die Modelle Toyota Prius und die Range-Extender-Technik „e-Power“ von Nissan, die nun auch über 2030 hinaus verkauft werden können. Besondere Regeln werden zudem für Hersteller mit geringen Produktionsvolumina eingeführt. Sie müssen die CO2-Grenzwerte auch über 2035 hinaus nicht einhalten. Davon profitieren unter anderem die britischen Hersteller Rolls Royce, McLaren und Aston Martin.
Neben der gelockerten Regulierung kündigte die Regierung staatliche Fördermittel in Höhe von 2,3 Milliarden Pfund (2,68 Milliarden Euro) zur Produktion CO2-armer Fahrzeuge an. Damit sollen auch Umschulungen für Mitarbeiter finanziert werden. In der gesamten britischen Automobilindustrie sind rund 150.000 Menschen beschäftigt.
Diese Entscheidung des Nicht-EU-Landes ist ein Signal auch für Brüssel. Die britische Regierung hat damit die CO2-Regulierung des Nicht-EU-Landes gelockert. Das bislang schon ab 2030 greifende „Zero Emission Mandate“ wird aufgehoben und soll nun erst ab 2035 gelten.