
Weil er in einem Interview mit dem Focus die Ausgrenzung von Ungeimpften während der Corona-Zeit kritisiert hat, wird der Virologe Hendrik Streeck von zahlreichen Grünen-Politikern auf X attackiert.
Streeck hatte in dem Interview gesagt: „Da ist man mit einem Anteil der Bevölkerung, rund 20 Prozent, nicht gut umgegangen. Es wurden Schuldige gesucht, wie es bei der Pest mit den Juden gemacht wurde und bei HIV mit den Homosexuellen“. Der wahre Feind sei allerdings das Virus, nicht der Mensch.
Zahlreiche Grünen-Politiker deuteten Streecks Aussage auf x daraufhin um, und behaupteten, der Virologe habe mit seinen Aussagen die Shoa verharmlost – und das, obwohl sich seine Aussagen auf Zeit der grassierenden Pest-Epidemie im Mittelalter bezogen und von der Shoa überhaupt keine Rede war.
Grünen-MdB Marlene Schönberger twitterte beispielsweise: „Das ist unsäglich, Shoa relativierend und ein Tabubruch. Streeck klingt nach verschwörungsideologischem Milieu.“
Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz warf Streeck vor, mit seiner Aussage an die „Narrative der „CoronaGegner“, Schwurbler, Verschwörungstheoretiker und Reichsbürger“ anzuknüpfen, „die seit Jahren mit angesteckten Judensternen und geschichtsvergessenen Vergleichen gegen die Schutzmaßnahmen polemisieren.“
Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen warf Streeck Geschichtsvergessenheit vor.
Fakt ist: Juden wurden in der Zeit des Mittelalters zu Unrecht beschuldigt, eine Infektionskrankheit – die Pest – übermäßig zu verbreiten und dadurch für die damals grassierende Epidemie verantwortlich gemacht. Ebenso verhielt es sich mit Homosexuellen zur Hoch-Zeit der HI-Virus-Verbreitung.
Streeck stellte daraufhin auf X klar, dass die Überschrift, die beispielsweise der Spiegel für seine Berichterstattung über die Aussagen im Focus-Interview gewählt habe, den Sachverhalt nur verkürzt darstelle. Er habe nicht die Situation und das Leid der ausgegrenzten Gruppen, sondern den Ausgrenzungsmechanismus selbst verglichen und kritisiert.
In seinem Statement auf X schrieb er: „Mein Punkt ist: Gerade wir Deutsche müssen uns an unserer Geschichte messen lassen. Wir dürfen nie wieder Gruppen oder Identitäten zu Schuldigen von Pandemien oder Krankheiten stilisieren und ausgrenzen. Die historischen Beispiele des Hasses auf Homosexuelle während der HIV-Epidemie sind Mahnungen, an die wir denken müssen. Grausam und perfide war auch die antisemitische Schuldprojektion auf Juden in Zeiten der Pest. Mein Punkt vergleicht nicht das Leid der Ausgrenzung, sondern den Mechanismus, mit welchem Menschen zu Feindbildern gemacht werden, obwohl der Feind in allen Fällen ein Erreger ist. Sollte dieser Vergleich verletzte Gefühle hervorgerufen haben, entschuldige ich mich aufrichtig. Doch wir dürfen das Wesentliche nicht vergessen: Wir müssen als Gesellschaft auf solche Mechanismen aufmerksam machen, bevor sie vergleichbar werden – nicht erst in der traurigen Rückschau!.”
Bleibt abzuwarten, ob die Grünen ihre neu entdeckte Empörung über Antisemitismus in Zukunft auch gegenüber Judenhassern aus den eigenen Reihen walten lassen.
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