
Die Szene ist schnell erzählt – und schwer zu vergessen: Eine Frau ist beim Date, das Klo verstopft, die Scham groß. Also greift sie zum probat erscheinenden Mittel: Sie kackt in ihre Tasche. So berichtet es jedenfalls eine Moderatorin im Podcast „Pissy“, produziert vom linksaktivistischen Missy Magazine – und beworben von der steuerfinanzierten Heinrich-Böll-Stiftung, der parteinahen Denkfabrik der Grünen.
Bekannt gemacht wurde die Podcast-Folge über „Poop-Feminism“ vom Instagram-Account des Gunda-Werner-Instituts (GWI), der feministische Unterabteilung der Heinrich-Böll-Stiftung:
„Schon mal was von Poop Feminism gehört? Zusammen mit Mean Goddess und Bär Kittelmann erforschen wir in unserer Pissy Folge queerfeministische Perspektiven aufs Kacken, erzählen Furz-Anekdoten und fragen: Warum dürfen FLINTA und Femmes nicht übers Kacken reden?“
Screenshot: Instagram
Verstanden werden soll das als ernst gemeinte politische Intervention. Im „Grundsatzpapier zur geschlechterdemokratischen Ausrichtung“ des Gunda-Werner-Instituts wird die Arbeit desselben als Wegbereiterin „für die Herausforderungen der Zukunft“ beschrieben.
Das Gunda-Werner-Institut (GWI) ist keine eigenständige Organisation mit eigenem Budget, sondern eine interne Abteilung der Heinrich-Böll-Stiftung – der parteinahen Stiftung der Grünen. Das Institut finanziert sich vollständig aus dem Gesamtetat der Heinrich-Böll-Stiftung, das fast ausschließlich aus Steuermitteln besteht. Im Jahr 2023 lagen die staatlichen Zuwendungen an die Böll-Stiftung bei 97,1 Millionen Euro. Wie viel davon konkret dem GWI zufließt, wird nicht einzeln ausgewiesen – Personal, Veranstaltungen, Publikationen und auch die Bewerbung queerfeministischer Podcasts wie „Pissy“ erfolgen im Rahmen der geschlechterpolitischen Gesamtstrategie der Stiftung. Auf NIUS-Anfrage teilte die Pressesprecherin der Heinrich-Böll-Stiftung mit, dass Zahlen zu Kooperationen mit anderen Institutionen prinzipiell nicht herausgegeben werden. NIUS hatte nach konkreten Zahlen zur Finanzierung des Gunda-Werner-Instituts gefragt.
Das Gebäude der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin-Mitte
NIUS hat sich die „Kack“-Folge des Pissy-Podcasts angeschaut. Schon in den ersten Sekunden wird der Hörer eingestimmt, der Podcast sei „am besten auf dem Klo beim Scheißen“ zu genießen. Es folgt eine knappe Stunde zwischen Toilettenerinnerung und Talkrunde, zwischen Empowerment und Darmgesundheit. Die Tonalität pendelt zwischen Popkultur und politischem Aktivismus. Die Gespräche kreisen um „Kloscham“, Festivaldurchfall, Verstopfungserlebnisse – und immer wieder um das große Ziel: das Tabu brechen. Auch das eigene „Arschloch anschauen“ wird ausdrücklich empfohlen.
Ein besonders illustratives Beispiel für den Umgang mit Scham im Alltag bringt die Moderatorin gegen Ende der Folge ein: die sogenannte „Urban Legend vom Taschekacken“ – eine wiederkehrende Erzählung aus TikTok-Kommentaren und Sprachnachrichten. „Kennt ihr diese Urban Legend Geschichten?“, fragt sie. „Es sind aber eben hetero Datinggeschichten von ‚in die Tasche kacken‘. Kennt ihr das auch?“ Eine der Gesprächspartnerinnen reagiert überrascht: „Tasche kacken? Ja, nee, erzähl mal!“ Daraufhin schildert die Moderatorin, was sie online vielfach gesehen habe:
„Wenn ihr mal ‚Pupstorys‘ bei TikTok eingebt oder ‚Pup und Date‘, dann erzählen einen Haufen FLINTA diese Geschichte in unterschiedlicher Form. Man musste dann in irgendeiner Art kacken. Ja, weil man – man hat Netflix and Chill gemacht, und dann das Klo verstopft. Oder man wollte nicht, dass das Klo stinkt. Was auch immer. (…) Und deshalb hat man lieber in eine Tasche gekackt und das dann mitgenommen.“
Als aktuelles Beispiel nennt sie eine TikTok-Sprachnachricht: „Da sagt eine Person – kannst du mich bitte ganz dringend abholen? Ich bin bei meinem, ich denke, sie sagt Boyfriend, und ich war auf dem Klo. Das Klo war verstopft. Ich wusste nicht, was ich mit meiner Kacke machen soll. Ich habe die Kacke ins Katzenklo getan.“ Es folgt die Pointe der Geschichte: „Aber dann kam mein Freund und wusste, dass ich es war – weil seine Katze ist seit einer Woche tot.“ Die Moderatorin lacht, sagt dazu: „Also finde ich smart, muss ich sagen. (…) Es wird ja was dran sein. Und es erzählt ja auch so ein Gender – wie Frauen im hetero Dating-Kontext mit ihren natürlichen Bedürfnissen umgehen.“ Die andere Sprecherin kommentiert nur knapp: „Scheiße.“
Im letzten Drittel des Podcasts kommen die Gesprächspartnerinnen auf ein Thema zu sprechen, das sie als kulturelle Leerstelle empfinden: die Hygiene nach dem Stuhlgang – insbesondere auf öffentlichen Toiletten.
„Ich wünschte, auf öffentlichen Klos, egal ob jetzt Club oder irgendwas, würde es einfach so mehr so Bidets oder irgendwas, irgendwas geben, einfach um sich danach sauber zu fühlen und nicht so eklig“, sagt eine der Sprecherinnen. Der Mangel an bidetartigen Vorrichtungen sei für sie Ausdruck eines größeren Problems: „In der deutschen Kultur ist das ja überhaupt nicht etabliert, dass man sich nach dem Kacken den Arsch vielleicht auch nicht nur mit so einem ekligen Klopapier trocken wischt, sondern vielleicht auch einfach fürs Gefühl und für die Hygiene sauber macht.“ Die Zustimmung kommt sofort: „Dabei ist das so schön. Oder sich nach dem Kacken das Arschloch zu waschen. I love it so much. Ja, ja.“
Ein Bidet wär schon schön.
In der Folge entspinnt sich ein Gespräch über Körperwahrnehmung, das mit einer direkten Übung für die Zuhörenden verbunden wird. „Ich hoffe übrigens, dass die Zuhörenden auch all diese Fragen für sich beantworten und vielleicht auch mal ihr Arschloch ein bisschen auf und zumachen, ein bisschen lockern, ein bisschen so ein bisschen.“ Die Moderatorin fährt fort: „Man spannt ja sofort den Beckenboden an, wenn man das Arschloch auf- und zumacht. Das ist ja ganz und gar verbunden. Ist richtig schön. So ein bisschen sexy auch, eigentlich. Macht das mal alle jetzt zu Hause, bis wir die Frage beantwortet haben.“
Doch der Podcast wird stellenweise auch ernst. Eine Sprecherin berichtet offen über ihre chronisch-entzündliche Darmerkrankung Morbus Crohn. Über schmerzhafte Fehldiagnosen, über rassistische Zuschreibungen in der Arztpraxis („Sie essen bestimmt ständig scharf“), über Stuhlproben im Reagenzröhrchen. An dieser Stelle gelingt dem Podcast fast so etwas wie ein dokumentarischer Moment. Die Selbstverständlichkeit, mit der über Krankheit, Schmerz und Selbstwahrnehmung gesprochen wird, ist durchaus bemerkenswert.
Auch das ist Deutschland 2025 – im Homeoffice: Eine der Sprecherinnen erzählt, sie gehe regelmäßig während Online-Meetings kacken, schalte dabei die Kamera und den Ton aus. „Normal im Homeoffice? Anscheinend ja. It's a thing.“
Als Ideal gilt im Podcast das Aufwachsen in einem Haushalt mit ‚offener Kackpolitik‘: Wer beim Stuhlgang nicht gestört, sondern begleitet wird („Ich bin aufm Klo, warte kurz, ich mute mich eben“), gilt als Vorreiter einer neuen Beziehungsarbeit. Kritik wird abgewehrt: Wer hier Ekel empfände, sei noch vom Patriarchat verformt. Statt Scham: Stolz aufs Scheißen. Das ist deutliche Botschaft.
Der Podcast stammt vom privat finanzierten Missy Magazine, das sich als „popfeministisches Gesellschaftsmedium“ versteht. Seine Bewerbung und Legitimation erfolgt über die Heinrich-Böll-Stiftung – finanziert aus dem Bundeshaushalt mit inzwischen rund 97,1 Millionen Euro jährlich.
Das wirft Fragen auf: Ist es Aufgabe staatlich geförderter Bildungspolitik, Podcasts über Furzrituale und Kacktaktiken zu promoten? Ist das ernsthaft politische Bildung – oder nicht einfach nur der subventionierte Selbstbezug eines politischen Milieus? Abschließend wünscht die Moderatorin allen Hörern zum Abschied: „Vielleicht habt ihr ja Lust, heute mal laut zu furzen – und euch dabei gut zu fühlen.“
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