
Noch wissen Millionen Hauseigentümer und Mieter nicht, wie viel Grundsteuer sie ab 2025 zahlen müssen, weil sie noch keinen Bescheid vom Finanzamt erhalten haben. Sicher ist nur: Für die Mehrheit von ihnen wird es teurer. Und das, obwohl Olaf Scholz 2019 als Finanzminister versprach, unterm Strich werde das Steueraufkommen nicht steigen.
Die Reform war notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht eine solche angemahnt hatte. Bisher wurde die Grundsteuer auf der Basis völlig veralteter Immobilienwerte berechnet, die überdies noch in Ost und West voneinander abwichen. 36 Millionen bebaute und unbebaute Grundstücke mussten neu bewertet werden. Die Länder können dabei das sogenannte Bundesmodell anwenden, das sich an Boden- und Mietwert orientiert.
Der Haken: der sogenannte Hebesatz, dessen Höhe die Kommunen selbst festlegen. Die Grundsteuer ist für sie eine wichtige Einnahmequelle. Mit etwa 15 Milliarden Euro jährlich zählt die Grundsteuer zu den wichtigsten Einnahmequellen der Gemeinden. Damit finanzieren sie Schulen, Kitas, Schwimmbäder oder Büchereien sowie wichtige Investitionen in die örtliche Infrastruktur wie Straßen, Radwege oder Brücken. Und die Gemeinden sind klamm, können durch die Erhöhung des Hebesatzes ihre Einnahmen steigern.
Eine aktuelle Auswertung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigt, dass rund 160 Kommunen ihre Hebesätze bereits erhöht haben. Laut dem Eigentümerverband Haus & Grund liegt die durchschnittliche Mehrbelastung bei etwa 1000 Euro im Jahr.
Millionen Eigentümern und Mietern steht eine saftige Grundsteuer-Erhöhung ins Haus.
Rund die Hälfte der Kommunen und Gemeinden in Deutschland haben noch gar keinen Hebesatz festgelegt, oft, weil Daten zur Berechnung fehlten – und das, obwohl Bund und Länder nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts etwa fünf Jahre Zeit hatten, die notwendige Reform zur Grundsteuer umzusetzen und alle wichtigen Daten einzuholen. Laut Eigentümerverband Haus und Grund können 90 Prozent der Haushalte nicht sagen, wie hoch die neue Grundsteuer ausfällt, was ab 1. Januar 2025 auf sie zukommt. Allerdings müssen 60,8 Prozent der Betroffenen mit einer Erhöhung rechnen – im Durchschnitt wohl um 116 Prozent, in besonders krassen Fällen um bis zu 996 Prozent.
Konkret steigt die Steuerlast für viele Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern um Hunderte Euro im Jahr. Auch Mieter sind betroffen, denn Vermieter können die Kosten auf sie abwälzen, was sich dann in der Nebenkostenabrechnung bemerkbar macht.
Haus-&-Grund-Präsident Kai Warnecke sagte: „Es zeichnet sich eine massive Steuererhöhung ab. Die Verantwortung dafür trägt Olaf Scholz: erst als Finanzminister, jetzt als Bundeskanzler.“ Der „Scholz’sche Grundsteuer-Wahnsinn“ mache das Wohnen noch teurer.
Haus-&-Grund-Präsident Kai Warnecke spricht vom „Scholz’schen Grundsteuer-Wahnsinn“.
Dabei hatte Scholz 2019 versprochen, die Reform werde insgesamt „aufkommensneutral“ sein, was bedeutet, dass unterm Strich einige mehr, andere „in Einzelfällen“ entsprechend weniger bezahlen müssten. Insgesamt habe man aber sichergestellt, dass es nicht zu einer Steuererhöhung komme, das habe auch der Städtetag „klar gesagt“. Das heutige Steueraufkommen von knapp 15 Milliarden Euro werde auch in Zukunft deutschlandweit so erzielt werden, zeigte sich der damalige Finanzminister überzeugt. Im Übrigen müsse man in einer Demokratie darauf vertrauen können, dass gewählte Politiker ihre Versprechen auch ernst meinen.
Ob die neue Berechnung rechtens ist, harrt auch noch der Klärung. Einige Verbände raten zum Einspruch. Der Eigentümerverband Haus & Grund, Verbraucherschützer und einzelne Eigentümer haben bereits Klage gegen die Grundsteuer-Reform eingereicht. Nach bisherigem Stand laufen vier wichtige Klagen. Deren Urteile werden in den nächsten Wochen erwartet und können entscheidend für Millionen Eigentümer werden.
Und wieder hat Olaf Scholz ein Versprechen gebrochen; diesmal eines, das er 2019 als Finanzminister abgab.
Sicher ist hingegen, dass Olaf Scholz auch das Versprechen, die Grundsteuer-Reform werde „aufkommensneutral“ ausfallen, also in Summe keine steuerliche Mehrbelastung darstellen, gebrochen hat: „Ich versichere Ihnen, dass es nicht zu einem höheren Steueraufkommen kommen wird“, das hat er mehrfach betont. Millionen Menschen, denen demnächst saftige Grundsteuererhöhungen ins Haus flattern, werden diese Worte des Noch-Kanzlers im Ohr haben, wenn am 23. Februar gewählt wird.
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