
Gleich vorweg, werte „Tagesschau“-Redaktion: Ich glaube euch kein Wort (ich duze euch jetzt mal, ihr seid ja für moderne Sprache).
Ihr habt die „Tagesschau“-Anrede geändert, weil „die Zuschauer es so wollten“. Bis zum 21. November hieß es: „Guten Abend, meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur Tagesschau“ am Beginn jeder Sendung. Jetzt heißt es nur noch unpersönlich „Guten Abend“. Lohnt es, sich darüber aufzuregen, mögen manche fragen. Und: Was 30 Jahre gut war, muss nicht immer gut bleiben, könnte man meinen. Ich sage es – in aller Bescheidenheit – mit Goethe aus dem Schauspiel Torquato Tasso: „Man merkt die Absicht und man ist verstimmt.“
Constantin Schreiber, seit 2021 bei der Tagesschau, folgt ebenfalls der neuen Sprachregel.
Die „Tagesschau“- Redaktion hat auf ein Zeitgeist-Thema reagiert, da bin ich sicher. Ich glaube, euren „Zuschauenden“ (früher: Zuschauer) war das „Guten Abend, meine Damen und Herren“ recht, weil sie es nicht anders kannten und weil es zur „Tagesschau“ gehörte wie die Glocke mit dem dazugehörigen Jingle. Eltern und ihre Kinder sind in diese traditionelle Begrüßung hineingewachsen. Sie war ein Stück „Tagesschau“. Aber für die Redaktion war es nicht mehr zeitgemäß.
Wie wir wissen, ist der Großteil der Fernsehschaffenden politisch links oder grün engagiert (Ergebnis einer Umfrage unter Journalisten). Was für den gesunden Menschenverstand eine normale Begrüßung ist, ist für die woke Tagesschau-Community nicht genderneutral genug. Die ARD behauptet: „Die Veränderung basiert unter anderem auf einer qualifizierten Zuschauerbefragung und entspricht dem Wunsch nach einer authentischen und zugängigen Ansprache“. Und: „Die Tagesschau orientiert sich bei den Sprechertexten zunehmend am gesprochenen Wort statt an formeller Schriftsprache. Dies solle nun auch für die Begrüßung gelten“.
Ein Großteil der User in den sozialen Medien sieht das anders. Einer schreibt: „Es nervt wirklich sehr. Mehr Priorität auf Gendern als auf Inhalte.“ Ein anderer kommentiert: „Dieser woke Gender-Schwachsinn geht mir unglaublich auf die Nerven.“ Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch formulierte auf X: „Wir sollen Masse werden. Geschlechtlos. Gesichtslos. Identitätslos. Würdelos.“
Beatrix von Storch (AfD)
Man muss sich diesen Worten nicht hundert Prozent anschließen, aber der Gedanke „Masse“ und „geschlechtlos“ trifft den Vorgang ganz gut, finde ich. Laut LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) gibt es nicht nur die Geschlechter „männlich“ und „weiblich“, sondern auch weiblich, männlich, trans*, nicht-binär, inter* und queer, um nur einige Beispiele zu nennen.
Das alles drückt sich nicht in der verkürzten Ansprache der „Tagesschau“ aus, ich weiß. Aber man muss nicht alles aufzählen – und kann es trotzdem meinen. Da halte ich es mit dem lateinischen Dichter Ovid. Der sagte vor 2000 Jahren schon, was heute noch Gültigkeit hat: „Wehret den Anfängen!“ Oder in Neudeutsch: Lasst mich mit dem Gender-Irrsinn in Ruhe. Auf die „Tagesschau“ bezogen: „Gute Nacht, meine Damen und Herren!“
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