Maaßen: Dass „Alles für Deutschland“ strafbar ist, wusste vor Fall Höcke niemand

vor etwa 4 Stunden

Blog Image
Bildquelle: Tichys Einblick

Berlin. Der Verfassungsschutz überschreitet nach Meinung seines früheren Präsidenten Hans-Georg Maaßen mit der Überwachung von Einzelpersonen nicht nur seinen Auftrag. Inzwischen gehe er dazu über, nicht nur konkrete verfassungsfeindliche Bestrebungen zu dokumentieren, sondern interpretiere sie herbei. Ähnliche Entwicklungen sieht Maaßen auch bei den Gerichten wie im Fall des AfD-Politikers Björn Höcke. Dies führe dazu, dass sich die Menschen nicht mehr trauen, ihre Meinung zu sagen, erklärt Maaßen im Gespräch mit der Juli-Ausgabe des Monatsmagazins Tichys Einblick.

„Denken Sie allein an das Urteil gegen Herrn Höcke. «Alles für Deutschland» hat er gesagt – das wusste bis dahin kaum ein Bürger, dass das strafbar sein kann. Und jetzt kommen Richter und sagen, man hätte wissen müssen, dass «Alles für Deutschland» eine NS-Parole war und damit verboten sei. Wer hätte das vor diesem Urteil schon gewusst? Es gibt keine Liste verbotener Parolen, nur Urteilssprüche“, betont Maaßen. „Ein solches Strafrecht verstößt eklatant gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, der besonders im Strafrecht peinlich eingehalten werden muss, denn jedem Bürger muss vor einer Tat klar sein, ob sein Handeln verboten ist oder nicht.“ Die Folge sei, dass die Leute nicht mehr ihre Meinung äußern. „Je unbestimmter Strafrechtsnormen sind, desto mehr werden die Bürger verunsichert. Im Zweifel werden sie den Mund halten, weil sie als Nichtjuristen nicht wissen, ob das, was sie sagen wollen, erlaubt oder verboten ist.“

Dem Verfassungsschutz sei es eigentlich nicht erlaubt, Einzelpersonen wie ihn selbst zu überwachen. „Der Verfassungsschutz ist nicht Polizei, sondern er sollte grundsätzlich nur Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung beobachten, analysieren und überwachen“, so Maaßen. „Bestrebungen sind Personenzusammenschlüsse, zum Beispiel Banden, Organisationen oder Terrorgruppen. Von Einzelpersonen geht normalerweise nicht die Gefahr aus, dass sie einen Umsturz vollziehen können. Deswegen war es verboten, Einzelpersonen zu beobachten.“ Dieses Verbot sei nicht nur ausgehöhlt worden. Der Verfassungsschutz sei dazu übergegangen, Aussagen ins Gegenteil zu interpretieren. „Ich bekenne mich permanent zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Ich habe Jahrzehnte für diesen Staat gekämpft. Ich habe etliche Terroranschläge mit meinen Leuten verhindert. Da ist es sehr schwer, in meinem Leben ein Verhalten oder auch nur eine Aussage zu finden, die belegen würde, dass ich ein Verfassungsfeind oder ein Antisemit sei“, so Maaßen. Deshalb nutze der Verfassungsschutz eine perfide Technik: „Er sagt, ich wäre so klug und raffiniert, dass ich nie das sagte, was ich wirklich meinte. Ich würde mich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, aber in Wirklichkeit verfolgte ich die gegenteiligen Ziele.“

Wie der Verfassungsschutz vorgeht, erklärt Maaßen an zwei Beispielen. „So habe ich in einem englischen Text den Begriff «Globalisten» verwendet. Im Englischen wird der Begriff „globalist“ eigentlich permanent verwendet für Leute, die die globalistische Ideologie vertreten. Der Vorwurf des Verfassungsschutzes ist nun, dass ich diesen Begriff Globalisten nutze, um den Ausdruck «jüdische Finanzoligarchie» zu verschleiern, weil Antisemiten den Ausdruck «Globalisten» auch als Codeausdruck verwenden“, erläutert Maaßen. „Ein anderes Mal hinterfragte ich in einem Interview vom Sommer 2024 die geistigen Fähigkeiten von Präsident Joe Biden und stellte die Frage, wer die Entscheidungen für Biden traf. Das brachte laut Verfassungsschutz zum Ausdruck, dass ich an einen «tiefen Staat» glauben würde – und das sei eine rechtsextreme Verschwörungstheorie.“

Publisher Logo

Dieser Artikel ist von Tichys Einblick

Klicke den folgenden Button, um den Artikel auf der Website von Tichys Einblick zu lesen.

Weitere Artikel