
Die Süddeutsche Zeitung nannte ihn den „Mario Barth für Zeit-Leser“. Martenstein schreibt, was er denkt – und polarisiert. Im inzwischen zweiten Gespräch mit Ralf Schuler spricht der 71-Jährige über Widersprüche im Alltag, die eine Entkopplung der politischen Elite mit den kleinen Problemen des Lebens belegen.
Das ganze Gespräch finden Sie hier:
Erst kürzlich beschrieb Martenstein in einer Kolumne einen gescheiterten Freibad-Besuch in der Bundeshauptstadt. Gescheitert, weil Martenstein keinen Personalausweis dabei hatte und so vom Sicherheitspersonal nicht reingelassen worden war. „Ich glaube, dass viele Leute – gerade aus der sogenannten politischen Klasse – ein ziemlich abgehobenes Leben führen“, stellt der Kolumnist klar. „Die würden wahrscheinlich gar nicht auf die Idee kommen, in so ein stinknormales Berliner Freibad zu gehen und mal zu gucken, wie es da so abgeht.“
In Bezug auf die AfD verlangt Martenstein einen faireren Parlamentarismus von den etablierten Parteien.
Er selbst habe Verständnis für Kontrollen, weil es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Gewalt und Krawallen von migrantischen Jugendlichen gekommen sei. Aber Martenstein stellt sich schon die Frage, „warum man denn Kontrollen an den Eingängen der Freibäder macht und das unproblematisch findet. Aber an der Grenze soll es keine geben.“
Martenstein sieht auch im Bildungsbereich beunruhigende Tendenzen: „Das Land der Dichter und Denker, das hieß es früher mal.“
Im Gespräch mit Ralf Schuler gibt Martenstein außerdem zu, dass er nicht allzu optimistisch sei, was die Zukunft angehe. „Und zwar deswegen, weil dieses Land jede Menge Probleme hat.“ Er meint, die Migration sei das zentrale europäische und deutsche Problem der Gegenwart. Und natürlich: die Deindustrialisierung, Martenstein spricht von einer „auf uns zukommenden Konjunkturkrise“. „Es ist natürlich die verfallende Infrastruktur, von der ich, weil ich ziemlich viel reise und immer mit dem Zug reise, eine ganze Menge mitbekomme“, fügt Martenstein hinzu. Doch am schlimmsten sei, dass er „keine nennenswerten Anstrengungen bei den für dieses Land Verantwortlichen“ sieht, um diese Probleme zu lösen.
NIUS-Politikchef Ralf Schuler thematisierte auch das neue Buch von Harald Martenstein: „Es wird Nacht, Señorita“. Der Titel passe gut zu seiner eher pessimistischen Grundhaltung, die Martenstein derzeit verspüre.
Das ganze Gespräch von „Schuler! Fragen, was ist“ mit Harald Martenstein können Sie hier ansehen.
Der Kolumnenkönig sprach übrigens in einer anderen Episode von „Schuler! Fragen, was ist“ über das Gendern als „Minderheiten-Projekt“. Im Interview sagte er unter anderem: „Man darf nicht versuchen, einer großen Bevölkerungsmehrheit Wünsche aufzudrücken, die nicht existenziell sind.“