Harte Landung in der Realpolitik:
Der Washington-Gipfel und der geopolitische Abstieg EU-Europas

vor etwa 6 Stunden

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Bildquelle: Deutschland Kurier

Binnen weniger Wochen soll ein Gipfeltreffen zwischen den Präsidenten Russlands, der Ukraine und der USA stattfinden. Das ist eines der Ergebnisse der Gespräche im Weißen Haus, zu denen Kiews Selenskyj, fünf EU-Staats- und Regierungschefs sowie Nato-Generalsekretär Rutte und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen gleich in Mannschaftsstärke bei Donald Trump angetreten waren.

Wo immer dieses Gipfeltreffen stattfinden wird – die EU-Europäer werden nicht dabei sein, diesmal vermutlich nicht einmal am Katzentisch so wie an diesem 18. August. „Historisch“ war dieses Zusammentreffen in der Tat, das zumindest stimmt an der Beurteilung durch Bundeskanzler Friedrich Merz.

Die nachgerade brutale Deutlichkeit, mit der den EU-Gewaltigen ihre zu Statisten geschrumpfte Rolle in der Weltpolitik deutlich gemacht wurde, ist allerdings historisch. Daran ändern auch die nachträglichen Beschönigungen in der eigenen Presse wenig.

Die deutsche Presse mag den Kanzler für seinen „Mut“ loben, noch einmal vom „Waffenstillstand“ als Vorbedingung für Friedensverhandlungen anzufangen, obwohl dieses Thema bereits auf dem Alaska-Gipfel erledigt worden war: Russland hat kein Interesse an Hinhaltemanövern wie dem im nachhinein als Farce entlarvten „Minsk-Prozess“.

Konsequent wurde Merz vom US-Präsidenten regelrecht abgebürstet, während die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni, die die Lage etwas früher begriffen hatte, genervt mit den Augen rollte. In der Eigenwahrnehmung mögen Selenskyj und seine EU-Unterstützer mit dem US-Präsidenten „auf Augenhöhe“ gesprochen haben; im Gedächtnis bleibt das Bild, wie sie im Stuhlkreis um den Kommando-Schreibtisch Donald Trumps im Oval Office herumsitzen.

Der dramatische Bedeutungsverlust der Europäer in der internationalen Politik, den die Choreographie der Konferenz im Weißen Haus vor aller Augen geführt hat, ist freilich zu einem Gutteil geopolitische Selbstverzwergung. Nach Jahren der moralisch aufgeladenen hohlen Rhetorik landen die EU-Gewaltigen nunmehr mit schonungsloser Härte auf dem Boden der politischen Realität.

Außenpolitik ist Realpolitik und Interessenpolitik, lautet die schmerzhafte Lektion. Nur in der Propaganda war der Ukraine-Krieg ein Angriff des „Bösen“ auf die „Guten“ und ihre „wertebasierte Weltordnung“. Es ist ein Stellvertreterkonflikt, der zum Krieg eskalierte, weil der „tiefe Staat“ der USA und ihr Exponent Joe Biden darin eine Gelegenheit sahen, Russland als Weltmacht mit der Ukraine als Rammbock auszuschalten.

Das schlug fehl. Die neue US-Administration unter Donald Trump definiert das amerikanische Interesse anders und will deshalb diesen Krieg beenden. Trump beweist dabei hohes diplomatisches Geschick, das er in rasanter Verhandlungsfolge eingesetzt hat, um eine realistische Chance auf Frieden zu schaffen.

Die EU-Europäer tun sich sichtlich noch immer schwer, die Rückkehr zur Realpolitik nachzuvollziehen. Noch am ehrlichsten ist der finnische Präsident Alexander Stubb, der eingesteht, Trump habe in wenigen Wochen mehr erreicht als die bisherige Politik in dreieinhalb Jahren.

Es ist Ausdruck der Hilflosigkeit, der Heuchelei und zugleich Eingeständnis des eigenen Scheiterns, wenn dieselben Leute, die dreieinhalb Jahre lang Diplomatie und den bloßen Gedanken an Gespräche mit der anderen Seite als Sakrileg abgetan hatten, jetzt die diplomatischen Bemühungen des US-Präsidenten loben.

Dass die Ukraine diesen Krieg ohne direktes Eingreifen der Nato – das Risiko eines dritten Weltkriegs inbegriffen – nicht „gewinnen“ kann, konnte man schon längst wissen. Um aus dieser Falle herauszukommen, muss auch mit Russland verhandelt werden und die Ukraine zu Gebietsabtretungen und zum Verzicht auf einen Nato-Beitritt bewegt werden.

Europäische und insbesondere deutsche Politiker, die ihre geostrategische Lage realistisch einschätzen, hätten längst die Konsequenzen daraus ziehen und den Schritt gehen können, den Trump jetzt vollzogen hat. Niemand war dazu bereit, abgesehen von dem ungarischen Premierminister Viktor Orbán, der dafür verhöhnt und ausgegrenzt wurde. Dass Trump heute Orbáns Weitblick ausdrücklich hervorhebt, ist kein Zufall.

Deutschland und die EU haben sich selbst gefesselt, indem sie bedingungslos Partei ergriffen und sich einer Politik der Konfrontation und Eskalation verschrieben haben. Da  sie sich realistische Optionen selbst verboten haben, sind sie in einer Sackgasse gelandet.

Ihre Scharfmacher können sich noch immer nicht von der Linie lösen, die von der Biden-Regierung vorgegeben worden war. Die sogenannte „Außenbeauftragte“ Kaja Kallas, die wohlweislich nicht nach Washington mitgenommen worden war, gibt offen die Parole aus, Vereinbarungen mit Russland nicht zu trauen.

Geht es nach Leuten wie Kallas, soll die EU weiter mit Geld, das sie nicht hat, die Ukraine weiter aufrüsten und die Sanktionspolitik gegen Moskau fortsetzen, die den Volkswirtschaften Europas und besonders Deutschland enorme Schäden zufügt, ohne die vorgeblichen Ziele auch nur im Ansatz zu erreichen.

Mit dieser Einstellung stürzt sich Europa selbst in den Abgrund. US-Präsident Trump hat unmissverständlich deutlich gemacht, dass er die Kosten für die gescheiterte Kriegspolitik seines Vorgängers den Europäern zu überlassen gedenkt. Kommt es zu einer Fortsetzung des Kriegs, sollen Nato und EU allein dafür bezahlen, die USA wollen dann lediglich noch daran verdienen, indem sie sich jede Waffenlieferung bezahlen lassen.

Man kann das zynisch nennen; aber so sind die Machtverhältnisse. Für Deutschland und die Europäer ist die einzige rationale Option, die sich öffnende Chance für einen möglichst stabilen Frieden zu ergreifen, um die Kosten zu minimieren.

Die Herausforderung besteht darin, die sich ergebenden Spielräume zu nutzen, um auch das eigene Verhältnis zu Russland zu normalisieren und die zerstörten Handelsbeziehungen wiederherzustellen. Es führt kein Weg daran vorbei, eigene Interessen zu definieren und zu vertreten. Das erfordert freilich größere Anstrengungen als Stuhlkreise im Weißen Haus.

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