Geschmacklose Geschichtsverdrehung: Haus der Wannseekonferenz stellt Verbindung zwischen Nazi-Verbrechen und „Geheimtreffen von Potsdam“ her

vor 2 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Die Gedenkstätte „Haus der Wannseekonferenz“ sorgt mit einer neuen Informationstafel für Irritation, die am Gedenkort eine direkte Verbindung zwischen der Shoah und dem angeblichen „Geheimtreffen von Potsdam“ im November 2023 herstellt. Damit wird die historische Wahrheit über die Wannseekonferenz von 1942, auf der die Nationalsozialisten die systematische Ermordung von Millionen Juden planten, für politische Propaganda gegen AfD und CDU missbraucht. Über den Vorgang berichtete das Portal Ansage zuerst.

Auf einer Tafel vor der Gedenkstätte heißt es: „Im Januar 2024 veröffentlichte das Netzwerk Correctiv seine Recherchen über ein Treffen der Neuen Rechten in einer Villa in Potsdam. Mitglieder von AfD, Identitären und CDU hatten dort Wege zur millionenfachen Vertreibung von Menschen aus Deutschland besprochen.“ Schnell habe, so die Tafel, der Begriff „Wannsee 2.0“ die Runde gemacht. Weiter heißt es: „Trotz historischer Unterschiede lag die Verknüpfung der heutigen völkischen Deportationsfantasien mit der historischen Wannseekonferenz nahe: Am 20. Januar 1942 hatten Vertreter von SS, NSDAP und verschiedenen Reichsministerien in dieser Villa über die ‚Endlösung der Judenfrage‘ durch millionenfache ‚Evakuierung‘ gesprochen. Im Fall der Wannseekonferenz nutzten die Teilnehmer diesen Begriff jedoch zur Tarnung ihrer eigentlichen Absicht: Massenmord.“

Das Schild vor der Wannsee-Villa. (Quelle: Ansage)

Diese Passagen finden sich auch auf der Website der Gedenk- und Bildungsstätte und wurden auf den Gedenktafeln ins Englische übersetzt, berichtet Ansage. So erhalten auch internationale Besucher eine entsprechende Interpretation. Wann genau die Tafel aufgestellt wurde und welche Kosten dafür entstanden, bleibt unklar; es dürfte jedoch eine relativ neue Anbringung sein.

Eine Anfrage von NIUS zu den Hintergründen der Analogie, der Begründung und des Zustandekommens ließ die Gedenkstätte unbeantwortet.

Die Grundlage für die geschichtsrevisionistische Verzerrung bildet die mittlerweile gerichtlich mehrfach widerlegte Darstellung des linken Portals Correctiv. Dieses hatte ein Treffen am Lehnitzsee in Potsdam, an dem neurechte Akteure sowie Mitglieder von CDU und AfD teilnahmen, als rechtsradikales „Geheimtreffen“ dargestellt und einen direkten Vergleich zur Wannseekonferenz von 1942 hergestellt.

1942 planten in der Villa am Wannsee Nationalsozialisten die „Endlösung der Judenfrage“.

Im Text von Correctiv heißt es: „Was [Martin] Sellner entwirft, erinnert an eine alte Idee: 1940 planten die Nationalsozialisten, vier Millionen Juden auf die Insel Madagaskar zu deportieren. Unklar ist, ob Sellner die historische Parallele im Kopf hatte. Womöglich ist es Zufall, dass die Organisatoren gerade diese Villa für ihr konspiratives Treffen gewählt haben: Knapp acht Kilometer entfernt steht das ‚Haus der Wannseekonferenz‘, in dem die Nazis die systematische Vernichtung der Juden koordinierten.“

Diese Analogie wird nun von einer steuerfinanzierten Gedenkstätte übernommen.

Die Ausführungen der Gedenkstätte sind aus mehreren Gründen fragwürdig: Zum einen ging es den Teilnehmern des „Geheimtreffens von Potsdam“ nicht um die Ermordung von Menschen, sondern um eine „Remigrationspolitik“, die ausreisepflichtige, straffällige oder nicht integrierte Menschen ausweist. Wie diese „Rückführungsoffensive“ – ein Begriff, den auch CDU und SPD verwenden – konkret aussehen könnte, war Gegenstand von Diskussionen, wie mehrere Teilnehmer berichten.Zudem war „Remigration“ keineswegs das alleinige Thema der Konferenz, sondern eines von vielen: Auch Briefwahl, Influencer- und Social-Media-Strategien sowie die Beobachtung militanter Linksextremer wurden erörtert. Die Teilnehmer hatten im Gegensatz zu den Nationalsozialisten von 1942 keine tatsächliche politische Macht.„Selbst wenn auf dem Potsdamer Treffen Pläne erörtert worden wären – was erwiesenermaßen nicht der Fall war! –, nicht integrierbare Migranten auch bei offiziell gültiger Duldung zur Ausreise zu bewegen oder gar abzuschieben, wäre dies in keiner Weise mit dem vergleichbar, was auf der Wannseekonferenz besprochen wurde“, schreibt das Portal Ansage. „Trotzdem wird den Besuchern genau dieser Eindruck vermittelt.“

Ulrich Vosgerau, Teilnehmer der Konferenz und erfolgreicher Prozessführer gegen Correctiv, sagte gegenüber NIUS: „Die Aufstellung der Tafel ist ein ungeheuerlicher Vorgang.“ Gerade die Gedenkstätte „Haus der Wannseekonferenz“ solle sich gegen jede Instrumentalisierung historischer Ereignisse verwahren. Nun sehe man jedoch das Gegenteil. „Meines Erachtens ist dies eine beispiellose Verharmlosung des Holocaust.“

Der Jurist Ulrich Vosgerau empfindet die Aufstellung als „ungeheuerlich“.

Auffällig ist zudem: Die Gedenk- und Bildungsstätte ist eng mit linken Aktivisten vernetzt. Finanziell gefördert wird der Trägerverein unter anderem durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (Claudia Roth) sowie die Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa unter Joe Chialo (CDU). So veranstaltete beispielsweise die Amadeu Antonio Stiftung 2023 einen Kongress über Antisemitismus in der Kulturszene an der Gedenkstätte. Die Amadeu Antonio Stiftung, eine linksaktivistische NGO, erhielt in den letzten Jahren staatliche Förderungen in zweistelliger Millionenhöhe, unter anderem aus dem Programm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.Inzwischen haben Medien wie Zeit, FAZ und Übermedien über handwerkliche Fehler und schiefe Analogien in der Berichterstattung berichtet. NIUS wies bereits wenige Tage nach Veröffentlichung des Correctiv-Berichts auf Überhöhungen und Unstimmigkeiten hin und stellte die Seriosität des Mediums infrage, das wiederholt mit Mitgliedern der Bundesregierung zusammentraf und zahlreiche Fördergelder von Bundesministerien erhielt.

Auch bei NIUS: „Geheimplan gegen Deutschland“: Wie das staatlich finanzierte Portal Correctiv eine Wannseekonferenz 2.0 erfand

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