Hausdurchsuchung bei Juso-Funktionärin: Landgericht rügt Ermittler

vor etwa 11 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

In Menden (NRW) wurde im April die Wohnung der damals 17-jährigen Juso-Ortsvorsitzenden Nela Kruschinski durchsucht. Die Polizei beschlagnahmte nach der üblich mit martialischen Mitteln vorgenommenen Hausdurchsuchung Handy, Laptop und Notizbücher. Anlass waren Ermittlungen wegen politischer Graffiti vor einem Merz-Auftritt am 26. Januar 2025.

Angebracht wurden sie an der Schützenhallte in der Nacht vor einem Wahlkampf-Heimspiel von Friedrich Merz mit so aussagekräftigen Sätzen wie „Merz aufs Maul!“ t-onlineJüdische Allgemeine

Jetzt das rechtliche Echo: Das Landgericht Arnsberg erklärte den Durchsuchungsbeschluss für rechtswidrig. Als Belege taugen weder ein anonymer Hinweiszettel, der das Verfahren auslöste noch die vage Beobachtung  von „zwei jüngere Personen“ in Tatortnähe. Kritisiert wird zudem das Verfahren: Der Antrag sei über die Polizei gelaufen, ohne direkten Kontakt zwischen Staatsanwaltschaft und Ermittlungsrichter – rechtsstaatlich bedenklich, sagt das Landgericht.

Man könnte sagen: Ist ja noch mal gutgegangen, der Rechtsstaat funktioniert. Wäre da nicht eine Besonderheit.

Zwar weißt das Amtsgericht Arnsberg jeden Einflussverdacht zurück. Vor allem Gerichtsdirektorin Charlotte Merz bestreitet Kenntnis. Uuuuups. Die Ehefrau des Bundeskanzlers läßt Juso-Funktionär jagen? Wäre ja zu schön. Den Beschluss des Amtsgerichts unterzeichnet  ein Richter auf Probe. Der allerdings müßte kontrolliert werden, sonst macht „auf Probe“ keinen Sinn. Oder wollte er zeigen, was er für ein harter Hund ist?

Natürlich ist es etwas krass, eine damals 17-Jährig bei so vagem Tatverdacht mit Hausdurchsuchung zu überfallen. Eigentlich. Aber ist es nicht das, was in diesem Land üblich geworden ist? Immerhin haben die abgewählten Regierungsversager Robert Habeck und Annalena Baerbock mit Hilfe eines Portals aus dem Umfeld der FDP insgesamt 1.500 Strafanzeigen wegen ähnlich dramatischer Slogans ausgelöst, Hausdurchsuchungen wurden veranlaßt, Handys beschlagnahmt. Jetzt trifft es also -vermutlich nach vernünftigen Maßstäben zu Unrecht – mal eine Linke. Und jetzt ist der Teufel los. Aber die Rechtspolitik der vergangenen Jahre zielte auf eine zunehmende Brutalisierung der Obrigkeit mit frechen Bürgern ab: Im Strafgesetzbuch wurde im Paragraphen 188 die Majestätsbeleidigung eingeführt. Wr also Politiker scharf kritisiert wird scharf angefaßt. Das gilt halt auch für Friedrich Merz, mag man ihn mögen oder nicht. Zu Corona-Zeiten geriet die Staatsmacht außer Rand und Band. Wir alle haben in Erinnerung, wie rodelnde Kinder von Polizisten gejagt und Rentner von der Parkbank wegen illegalen Sitzens vertrieben wurden. Ältere Damen ging unter 4 schwer bewaffneten Polizisten zu Boden. U-Haft von 2 jähren für staatsgefährdende Rolator-Gangs und Prozesse, bei denen erkennbar nichts herauskommt; U-Haft für angebliche Steuerhinterziehung von 19,53 € – tja, die Staatsmacht schlägt gerne zu und kaum einen juckt es.

Oma hätte gesagt: Was Du nicht willst dass man Dir tut, das füg auch keinem anderen zu. Dieser Satz scheint aus der Mode gekommen zu sein. Ja, Polizei und Gerichte wurden von den jeweiligen Regierungen her durchpolitisiert. Stimmt, das Grundgesetz ist eine Schön-Wetter-Angelegenheit. Um das zu vermeiden hatte man so wichtige Dinge eingebaut wie Gewaltenteilung, Grundrechte, Verhältnismäßigkeit und andere. Alles dies wird gern und täglich gegen angeblich „Rechte“ begrüßt, eingesetzt und meistens bejubelt. Jetzt wird deutlich: Sind diese Schranken mal gefallen kann es auch in die andere Richtung gehen. Dann folgt auf die Wahlnacht eine politische Walpurgisnacht. Jens Spahn hat schon kapiert was läuft wenn er sagt: Nach einem AfD-Sieg wäre er einer der ersten, der das spüren würde. Vielleicht. Deswegen wäre er gut beraten, wenn er sich an die Spitze der rechtsstaatlichen Vernunft setzen würde statt wie sonst weiter mit Benzin und Brandbeschleuniger zu hantieren. Man kann andere Parteien verbieten wollen – und schafft damit die Voraussetzung, dass man selbst verboten werden kann. Der Rechtsstaat schützt uns prinzipiell vor diesem Dschungel-Recht, dass rote und grüne Politiker sonst gerne predigen und zieht rote Linien, die heute so gerne überschritten werden im Kampf gegen Rechts.

Was man aus dem an sich lächerlichen Fall lernen kann ist ganz einfach: Schafft den Paragraphen der Majestätsbeleidigung ab, mäßigt das Vorgehen der Polizei gegen kritische Bürger, schafft die Meldestellen ab, denn all das ist nur die Aufforderung zur Denunziation, Verleumdung und lächerlicher Totalüberwachung. Es ist ein Klima entstanden, in der ein ironischer „Schwachkopf“ verfolgt, und Messerstecher regelmäßig nach kurzer Ansprache wieder freigelassen werden und kurz mal einen sinnlosen Therapie-Versuch mitmachen dürfen, ehe sie wieder losgelassen werden. Bringt also die Verhältnisse wieder in Ordnung.

An einem Graffiti geht die Demokratie nicht zu Grunde. Aber an der Justizpolitik, wie sie derzeit prakatiziert wird, schon. Und immer daran denken: Demokratie ist, wenn Mehrheiten wechseln. Dann muss das Recht stehen wie eine Mauer gegen Willkür und Racheakte. Diese Mauer haben Rote und Grüne längst perforiert.

Und übrigens: Das Landgericht hat wohl richtig reagiert. Ganz am Ende ist der Rechtsstaat noch nicht.

Wäre schön, wenn Nela Kruschinski diese Lehre daraus ziehen würde. Die Hoffnung stirbt zuletzt, kurz vor dem Ende der Demokratie. Denk an meine Oma, die war vernünftig und nicht „gegen Rechts“: Was Du nicht willst, dass man Dir tut….

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