
Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) haben die Privatwohnung einer Mitarbeiterin des türkischen Generalkonsulats in Hürth bei Köln durchsucht. Die Bundesanwaltschaft bestätigt, dass gegen die Frau wegen des Anfangsverdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit für die Türkei ermittelt wird. Parallel richtet sich das Verfahren auch gegen eine zweite Verdächtige, eine Kölner Polizeikommissarin.
Die Polizeibeamtin soll vertrauliche Informationen aus dem polizeilichen Auskunftssystem abgefischt und an ihre Kontaktperson im Generalkonsulat weitergegeben haben. Dabei ging es dem Vernehmen nach um Daten zur in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – etwa Verkehrs‑ und Meldedaten kurdischer Aktivisten. Ob die Weitergabe honoriert wurde, ist noch unklar. Auch die Polizistin befindet sich auf freiem Fuß, berichtet der Kölner Stadtanzeiger.
Die Brisanz des Falls erklärt sich aus der Größe der PKK‑Strukturen in der Bundesrepublik: Laut aktuellen Erkenntnissen des Verfassungsschutzes liegt das Personenpotenzial bei 15.000 Anhängern. Die Organisation bleibt damit die zahlenmäßig stärkste ausländerextremistische Kraft in Deutschland. Allein in Berlin ordnet der Landesverfassungsschutz der PKK rund 1100 Sympathisanten zu. Großveranstaltungen wie das jährliche Newroz‑Fest in Frankfurt mobilisieren bis zu 35.000 Teilnehmer.
Die Sicherheitsbehörden sehen die PKK hierzulande längst nicht nur als politische Lobby: Sie sammelt zweistellige Millionensummen an Spenden, betreibt Nachwuchsrekrutierung und organisiert logistische Hilfe für den bewaffneten Arm in Nordsyrien und im Nordirak.
Auch südlich der Grenze bleibt die Organisation aktiv. Der österreichische Verfassungsschutz (DSN) beschreibt ein „bundesweit dichtes Netzwerk an PKK‑nahen Vereinen“, die zumeist als Kultur‑ oder Solidaritätsvereine auftreten. Ihr Schwerpunkt liege auf Finanz‑ und Logistikhilfe für die Gesamtorganisation; 2024 wurden zwölf PKK‑bezogene Straftaten registriert, vor allem Symbole‑Delikte und Angriffe auf türkische Einrichtungen. Die DSN stuft die PKK als mitgliederstärkste auslandsbezogene Extremistengruppe in Österreich ein – genaue Kopfzahlen nennt der Verfassungsschutz nicht, spricht aber von mehreren tausend Sympathisanten.
Experten weisen seit Jahren auf Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes MIT in Deutschland hin, der kurdische Oppositionelle und Gülen‑Anhänger ausspäht. Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, dass eine deutsche Polizeibeamtin interne Registerdaten an Ankara weitergab, wäre das der bislang schwerwiegendste Fall von Infiltration der Sicherheitsbehörden durch MIT‑Quellen.
Die Affäre dürfte die ohnehin angespannten deutsch‑türkischen Beziehungen belasten. Innenpolitisch stellt sich erneut die Frage, wie sensibel Polizeibehörden mit Zugriffen auf Datenbanken umgehen und wie effektiv Kontrollmechanismen gegen Insider‑Delikte sind.
Die Bundesanwaltschaft prüft jetzt, ob die gesammelten Beweise für Haftbefehle reichen. Spionage für einen ausländischen Geheimdienst kann nach § 99 StGB mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Das Landeskriminalamt Nordrhein‑Westfalen hat gegen die Polizistin ein Disziplinarverfahren eingeleitet.