
In Sachen Freiheitsrechte stellt sich Katrin Göring-Eckardt gern als Autorität dar – geboren und aufgewachsen in der DDR, selbst beteiligt an der friedlichen Revolution 1989: Da ist man doch schon allein aufgrund der Biografie dazu berufen, immer dann die Stimme zu erheben, wenn Demokratie und Freiheit in Gefahr sind.
Allerdings ist auffällig, dass Göring-Eckardts Äußerungen stets eine verdächtige Schlagseite haben. Denn Freiheit fordert sie immer nur dann ein, wenn es um Positionen aus ihrem geistigen und politischen Umfeld geht.
Und damit nicht genug: Angesichts des Mordes an Charlie Kirk entgleiste ihr nun sogar kurz die Wortwahl, und wir wurden Zeuge ihrer wahren Haltung: Kritik an den Medien sei zwar grundsätzlich in Ordnung. Aber: Man dürfe die Einordnungen, die Journalisten vornehmen, nicht „grundsätzlich in Frage stellen“.
Konkret ging es um die Berichterstattung des ZDF durch Dunja Hayali und Elmar Theveßen. Bericherstattung, die man mindestens als desinformativ bezeichnen muss, etwa, wenn Theveßen suggeriert, die USA seien beinahe ein faschistischer Staat, oder wenn Hayali wahrheitswidrig unterstellt, Charlie Kirk sei Rassist gewesen – es liegen nicht nur diverse Videos von Kirk vor, in denen er freundlich und zugewandt mit Afroamerikanern kommuniziert, in einem solchen Video versucht er gar, den Afroamerikaner davon zu überzeugen, dass es keine grundsätzlichen genetischen Unterschiede zwischen schwarzen und weißen Menschen gebe, und dass Rasse ein soziales Konstrukt sei.
Klare Falschaussagen also, die jedoch laut Göring-Eckardt nicht angezweifelt werden dürfen. Eine Behauptung, die aus einem nachbearbeiteten Video stammt, nicht etwa spontan und vielleicht missverständlich im Rahmen eines Live-Interviews getätigt. Und damit ein Satz, der entlarvender nicht sein könnte.
Es gibt viele Ostdeutsche, die aufgrund ihrer Erfahrungen in einer menschenverachtenden Diktatur tatsächlich unermüdliche und redliche Streiter für Meinungsfreiheit und eine engagierte, furchtlose Bürgergesellschaft sind, und die das einlösen, was echte Freiheit ausmacht: sie auch dem politischen Gegner zuzusprechen. Daher wäre es unfair, nun allzu sehr auf Göring-Eckardts Herkunft abzuheben oder darüber zu spotten, dass hier wohl letztlich doch DDR-Sozialisation durchbricht.
Aber es ist kaum zu übersehen, dass insbesondere der ÖRR zunehmend Merkmale aufweist, die auch dem DDR-Fernsehen zu eigen waren: die manipulative Einflechtung nicht durch Tatsachen gedeckter Meinungen durch eigentlich neutrale Nachrichtensprecher, Moderatoren und Berichterstatter, die klare ideologische Linie, der Beiträge durchweg folgen, die Auswahl der Nachrichten – Ausgewogenheit findet sich hier schon lange nicht mehr.
Es erstaunt denn auch nicht, dass der Anlass von Göring-Eckardts Statement der „Shitstorm“ war, den Dunja Hayali provozierte, indem sie, jedes Taktgefühl und journalistische Standards außer acht lassend, im heute journal über den ermordeten Charlie Kirk herzog. Göring-Eckardt beklagt nicht nur –zu recht –, dass Hayali Opfer von Drohungen wurde, sondern stellt Hayalis dennoch unhaltbare Aussagen als jeder Kritik entzogen dar. Doch woraus soll sich diese sakrosankte Qualität einer Aussage eines Medienschaffenden ergeben?
Im Gegenteil, die Möglichkeit und das Recht, jedwede Meinung zu hinterfragen, und sich keiner Autorität kritiklos unterordnen zu müssen, ist Kennzeichen einer freien Gesellschaft. Gerade Göring-Eckardt müsste dazu aufrufen, Journalisten nicht unbesehen alles zu glauben, und ihre Einordnungen kritisch zu beleuchten und zu bewerten – gern freundlich und wohlwollend, gern sachlich: Aber doch mit dem Anspruch, dass persönliche Meinung transparent sichtbar sein sollte, wo sie in die mediale Arbeit einfließt, und dass gerade, wer sich als neutral darstellt, immer wieder sich selbst überprüfen und von anderen dahingehend überprüft werden muss, dass nicht schleichend die eigene Haltung den Beobachterstatus sabotiert. Das stellt kein unangemessenes Misstrauen dar, sondern einen gesunden, realistischen Umgang mit Medien und Medienvertretern, eingedenk der Verantwortung, die mit medialer Tätigkeit einhergeht.
Hier wird nicht nur dem Journalistenberuf eine quasireligiöse Autorität zugesprochen, die überdies angesichts des postmodernen Medienbetriebs noch nie weniger haltbar war. Hier wird auch deutlich, dass dies nur für jene Journalisten gilt, die einem klar definierten Meinungsspektrum dienen.
Auch der Deutsche Journalisten-Verband solidarisiert sich mit Hayali, der man eine perfide Täter-Opfer-Umkehr durchgehen lässt: Morddrohungen sind nicht hinnehmbar, keine Frage. Dementsprechend kreidet der DJV diese an. Aber er verliert darin auch jedes Maß:
„Was Dunja Hayali gerade erlebt, ist ungefilterte Gewalt. Keine Meinungsäußerung, kein Kavaliersdelikt. Es ist Gewalt, und es muss als solche benannt werden. Gewalt, die einen Menschen, der dieser Gewalt ausgesetzt ist, mental belastet. Gewalt, die die Pressefreiheit infragestellt – und damit unsere demokratischen Grundwerte. Gewalt, die online beginnt und nicht selten offline mit physischen Angriffen endet. Online-Gewalt wird, nur weil sie online stattfindet, nach wie vor kaum geahndet. Auch, weil sich die Angreifenden feige hinter Synonymen verstecken.“
So heißt es in einer Wortmeldung von Mariana Friedrich und Ute Korinth auf der Homepage des DJV. Man möchte erwidern, „ungefilterte Gewalt“ sei in erster Linie der Schuss gewesen, durch den Charlie Kirk ermordet wurde. Und den Abzug betätigte nicht nur der Schütze – ihm zur Seite standen zahlreiche Journalisten, die durch genau solche Äußerungen, wie Hayali sie tätigte, der Radikalisierung junger Menschen Vorschub leisteten, und suggerierten, physische Gewalt könne legitim, gar notwendig sein.
Charlie Kirk ist das erste Opfer dessen, was Friedrich und Korinth hier anprangern. Aber wer derart pathosgeladen schreibt, weiß sich dadurch geschützt, dass jede Erwiderung als Relativierung ausgelegt und skandalisiert werden kann. Morddrohungen gelten zurecht als Grenzüberschreitung. Als solche immunisieren sie Hayali jedoch gegen berechtigte Kritik: Kaum jemand wird sich trauen, sie und ihre Mitstreiter zur Mäßigung aufzurufen.
Dass wir es hier nicht mit echter Sorge um Journalisten zu tun haben, sondern mit einer ideologischen Offensive im Kulturkampf, lässt sich an dem parallel dazu ablaufenden Drama um Julia Ruhs nur zu gut ablesen.
Hier bleibt ähnliche Solidarisierung aus. Ruhs wird die Moderation des Formats „Klar“ entzogen, obwohl auch sie als Journalistin doch eigentlich der Unanfechtbarkeit unterliegen müsste, die Göring-Eckardt Hayali und anderen zuspricht.
Nicht nur wird die Demontage einer jungen Journalistin teilnahmslos hingenommen, sondern eine veritable Mobbing-Aktion: 250 Kollegen sollen sich gegen Ruhs zusammengerottet haben, so berichtet es der Focus, um eine der wenigen ÖRR-Journalistinnen, die noch Kontakt zur realen Welt pflegen, abzusägen. Werden ihre Vorgesetzten dazu aufgefordert, solche Kampagnen zu unterbinden, hinter dem Opfer zu stehen, Ruhs zu unterstützen, und die Meinungsvielfalt zu stärken? Fehlanzeige.
Dass das ÖRR-Establishment nicht einmal ein einziges Format ertragen kann, in dem Meinungen Ausdruck finden, die nicht denen der Meinungselite entsprechen, lässt erschreckend tief blicken. Denn selbst wenn man Ruhs und ihre öffentliche Positionierung ablehnt: Dem ÖRR dient sie als Feigenblatt, das einen hauchdünnen Anstrich von Ausgewogenheit verleiht, als Hofnarr, der als Ausgleich für Reschke, Hayali, Böhmermann, Bosetti und all der anderen die ungehaltenen Bürger befriedet. Ihre Präsenz ist ein gewichtiges Argument zur Legitimation des ÖRR. Allein aus dem Selbsterhaltungstrieb des Apparats heraus also müsste Interesse daran bestehen, sie zu halten.
Es scheint nicht einmal mehr genügend Realitätssinn vorhanden zu sein, um Ruhs aus diesem Grund zu fördern. Bereits ihre äußerst moderat „konservative“ journalistische Ausrichtung ist dem Establishment unerträglich. Das offenbart ein Ausmaß an ideologischer Gleichförmigkeit, an Fanatismus und Intoleranz, das dann doch überraschen muss.
Ein derart ideologisch verblendeter Apparat aber kann in keinem Fall jene Unantastbarkeit für sich beanspruchen, die Katrin Göring-Eckardt imaginiert. Wo der Bürger Medieninstitutionen finanzieren muss, aber nicht mehr nur mangelnder Ausgewogenheit gegenübersteht, sondern veritabler, bewusster Falschinformation, da wird es schwer, die in ihrer Hilflosigkeit immer frustrierteren Bürger für ihre Wut und ihr Misstrauen gegenüber dem Medienbetrieb zu verurteilen.