
Viel größer kann die Ohrfeige kaum sein, die das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde der Stadt Heidelberg verpaßt hat: Heidelberg steht unter strenger Finanzaufsicht, darf keine neuen Kredite und Verpflichtungsermächtigungen mehr aufnehmen, es dürfen nur noch Pflichtaufgaben finanziert werden. Oder kurz gesagt: Die Stadt Heidelberg ist pleite.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat zwar den Stadthaushaltsplan 2025/2026 gesetzlich bestätigt, neue Kredite allerdings verboten und damit dem Stadtparlament die „Handlungsfähigkeit und Gestaltungsspielräume“ faktisch entzogen, wie die Grünen heftig das Regierungspräsidium kritisieren. Im nächsten Schritt, falls es der Stadt nicht gelingt, zu sparen, würde dann das Regierungspräsidium über die Stadtkasse entscheiden.
Nach Prüfung des Doppelhaushalts 2025/26 hat das Regierungspräsidium Karlsruhe der dunkelgrünen Stadt die rote Karte gezeigt: Ohne tiefgreifende Konsolidierung gibt es vorerst keine neuen ordentlichen Investitionskredite. Besonders ins Gewicht fällt die Sperrung von Kreditermächtigungen über 164 Millionen Euro sowie zusätzlichen Folgeverpflichtungen von rund 54 Millionen Euro. Für das laufende Jahr verlangt die Aufsicht eine Ergebnisverbesserung um 30 Millionen Euro, 2026 sollen mindestens weitere 40 Millionen folgen.
Besonders gravierend wird sich der Stopp geplanter Kreditermächtigungen in Höhe von 164 Millionen Euro (plus Folgeverpflichtungen von 54 Millionen) auswirken. Aus diesen Töpfen sollten Schulsanierungen, Ganztagsausbau und Brückenprojekte bezahlt werden. Die Stadt muss so weit herunterkürzen, dass der laufende Betrieb mit Personal und Sozialleistungen ohne neue Kredite auskommt.
Pikiert reagierte die Stadt auf die ernüchternde Schlagzeile der lokalen Rhein-Neckar-Zeitung. Die schrieb ursprünglich die Überschrift: „Heidelberg ist nicht mehr kreditwürdig“. Die Stadt betonte gleich, kreditwürdig zu bleiben – Banken würden darüber entscheiden, nicht das Regierungspräsidium. Was gesperrt ist, sind neue ordentliche Investitionskredite. Kassenkredite zur Sicherung des Tagesgeschäfts kann Heidelberg weiterhin aufnehmen. Doch erst nach nachweislicher, struktureller Verbesserung gibt die Aufsicht Investitionskredite wieder frei.
Dabei herrscht Notstand in Heidelberg, Klimanotstand. Im Mai 2019 hat die Stadt als eine der ersten Städte bundesweit den „Klimanotstand“ ausgerufen und einen 18-Punkte-Plan vorgelegt, damit die Stadt bis 2030 „klimaneutral“ werde.
Millionen flossen in Projekte, Beratungen, Klimabürokratien, Förderstrukturen und symbolträchtige Maßnahmen. Damit machten sich die Grünen ihre Gefolgschaft gewogen und verschärften die Finanzlage zusätzlich. Natürlich blieb Heidelberg auch nicht vor Albernheiten wie einem Hitzeaktionsplan verschont. Es wurde für gutes Geld eine digitale Kühle-Karte aufgestellt, die den nichtsahnenden Menschen kühle Aufenthaltsorte wie schattige Plätze und Trinkbrunnen aufzeigt. Leider war‘s bisher mit der Hitze in Heidelberg nicht so gut bestellt.
Statt Klimanotstand herrscht jetzt Haushaltsnotstand. Dem Gemeinderat fällt nichts anderes ein, als mehr Gelder fürs Einkassieren zu suchen. Jetzt versucht die Stadt, die letzten Cents zusammenzukratzen. Zum 1. Oktober 2025 startet die Übernachtungssteuer, lieblich „City Tax“ genannt: 3,50 Euro pro Person und Nacht, maximal fünf Nächte, Kinder und Jugendliche bis 16 sind befreit, die Abgabe gilt auch für Geschäftsreisen. Hotels und andere Beherbergungsbetriebe – inklusive Ferienwohnungen und Airbnb-Vermietungen – ziehen ein und führen ab. Der Rat hatte die Abgabe am 5. Juni mit großer Mehrheit beschlossen. Auch Tagestouristen sollen noch weiter geschröpft werden, um die Infrastrukturkosten fair zu verteilen, wie es heißt. Immerhin gibt es immer noch 1,8 Millionen Übernachtungen in Heidelberg. Die bisherigen satten Einnahmen aus dem Tourismus reichen der Stadt immer noch nicht.
Die Gewerbesteuer in Heidelberg wurde kürzlich leicht gesenkt, jetzt fällt dem Rat nur ein, Gewerbe wieder höher zu besteuern – und damit leichter zu vertreiben.
Die Stadt hat keine Einnahme-, sondern ein Ausgabeproblem. Sparen ist ein Fremdwort. Finanzbürgermeister Wolfgang Polivka versucht zwar, Möglichkeiten zu finden: „Es darf keine Tabuthemen geben.“
Das betrifft nicht nur freiwillige Leistungen in den Bereichen Kultur, Soziales und Sport), die traditionell zuerst auf dem Prüfstand stehen. Dies bedeutet auch, daß vor allem bei Vereinen gespart wird. Die in der Regel schon recht geringen Zuschüsse werden voraussichtlich eingefroren oder gekürzt. Auch Pflichtaufgaben sollen auf ihren Erfüllungsstandard geprüft werden, also ob sie sich absenken lassen. Zudem gilt ein Einstellungsstopp bei der Stadtverwaltung – mit wenigen Ausnahmen.
Unterhaltsam dürfte die nächste Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 24. September werden, wenn die im Verteilen von Geldern geübten Ausschußmitglieder über konkrete „Konsolidierungsmaßnahmen“ reden und entscheiden müssen. Das Regierungspräsidium will Erfolge sehen, die Stadt muss regelmäßig Fortschritte melden. Als Termin für den ersten Bericht hat sich die Aufsichtsbehörde in Karlsruhe schon mal Ende Dezember notiert.