
In einem Beitrag des Hessischen Rundfunks wird die 24-jährige Melina vorgestellt, die als Transfrau – also als Mann – im Frauenfußball aktiv ist. Nach Kritik an der Teilnahme eines Mannes am Frauensport sucht man in dem Beitrag vergeblich.
Der Moderator führt ein: „Jetzt lernen wir gemeinsam Melina kennen. […] Sie wurde als Junge gelesen, hat sich aber eigentlich schon immer als Mädchen bzw. später dann als Frau gefühlt.“ Melina lebt heute in Wiesbaden und spielt beim SV Erbenheim in einem Frauenteam, nachdem er zuvor bei den Männern des 1. FC Wiesbaden aktiv war.
Über seinen Wechsel sagt er: „Ich bin gewechselt, weil ich einfach gemerkt habe, dass bei dem Thema, was bei mir aufkommt, Frauen einfach ein bisschen offener sind. Ich hätte bei Nord weiterspielen können. Die Leute da waren auch komplett offen. Ich habe denen auch erzählt, die haben mich als Mann kennengelernt. Und diesen Switch zur Frau ist für die natürlich auch eine Umstellung. Deswegen dachte ich, es ist so wie ein Neuanfang. Neugeburt.“
Fußballer Melina spielt jetzt bei den Frauen mit.
Melina beschreibt, dass er sich gut in das neue Team eingefunden habe: „Ich hatte teilweise am Anfang das Gefühl, dass viele noch ein bisschen Respekt hatten vor mir. Auch gerade die Jüngeren, die vielleicht mit dem Thema noch nicht so viel Kontakt hatten. Aber mittlerweile fühle ich mich echt willkommen, bin sehr, sehr gut angekommen bei den Mädels. Verstehe mich mit den meisten auch sehr, sehr gut.“
Auch Mitspielerin Lana äußert sich im Beitrag. Anfangs sei sie mit der Situation überfordert gewesen, sagt er, doch mittlerweile sehe sie Melina als „eine Bereicherung in dem Punkt, weil sie einfach ein schnelleres und stärkeres Spiel mitbringt. Sie stürmt aber auch nicht alleine vor, sondern sie nimmt das ganze Team mit im Spiel, was wir alle merken. Sie bringt die Bälle von der Mitte nach außen, hebt uns an, fordert uns.“
Im Spiel gegen das Team aus Heftrich-Niederselbach erzielte Melina vier Tore. Der SV Erbenheim gewann 5:0. Die Reportage fragt an dieser Stelle: „Ist der körperliche Vorteil unfair?“ Die Sportsoziologin Bettina Bredereck antwortet: „Sie wird das Tor nicht alleine geschossen haben. Sie wird Pässe bekommen haben. Sie wird den Ball gegebenenfalls abgespielt haben. Von daher zu sagen in einem Mannschaftssport, dass eine Person die gesamte Mannschaft trägt, da wäre ich vorsichtig. Vor allen Dingen auch dann über eine gesamte Saison.“
Melina selbst äußert sich deutlich: „Ich meine, ich habe körperlich einen Vorteil. Das ist so, ich halte mich schon zurück, dass man jetzt technisch nicht unbedingt die krassesten Skills auspackt und dann alles alleine macht, sondern einfach das Team mit einbezieht.“
Trainerin Mira Krummenauer ergänzt: „Ich muss sagen, bis jetzt waren alle Gegner sehr, sehr positiv gestimmt. Klar gibt es ein bisschen Bedenken wegen der Körperlichkeit, was ich auch nachvollziehen kann, aber nach den Gesprächen, die wir geführt haben, wurde es aus dem Weg geräumt und bis jetzt gab es nur positive Resonanz.“
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Neben den sportlichen Fragen widmet sich der Beitrag ausführlich Melinas persönlichem Werdegang. Er erzählt: „Ich habe auch immer bei meiner Schwester Klamotten geklaut und habe die angezogen. Dann ist es ein bisschen abgeflacht, weil mir auch so ein bisschen eingeredet wurde, dass das nur so eine Phase ist. Und dann, als ich 2018 in meine eigene Wohnung gezogen bin. Das erste Mal habe ich dann ein paar Sachen ausprobiert, mit Klamotten, Make-up und so was und habe dann gemerkt, dass das so ist, wie es ist. Und wie gesagt, vor drei Jahren dann den Entschluss gefasst, dass ich den Weg gehen möchte.“
Auch auf Diskriminierungserfahrungen im Alltag geht er ein: „Gerade, weil die Gesellschaft noch nicht so angekommen ist bei dem Thema. Wenn ich zum Beispiel einkaufen gehe oder so was, sind teilweise Blicke, wenn ich mich etwas femininer anziehe, schon sehr unangenehm. Deswegen ziehe ich dann meistens meine Sonnenbrille auf, mache Airports rein und höre einfach Musik und achte da gar nicht drauf. Aber du bekommst sie natürlich trotzdem mit.“
Im sportlichen Umfeld sei die Situation dagegen positiver. „An sich bin ich eigentlich wunschlos glücklich, weil alle nehmen mich gut auf, alle akzeptieren mich so, wie ich bin. Ich würde mir nur wünschen, dass es von der Gesellschaft einfach mehr anerkannt wird. Das ganze Thema. Aber jetzt auf dem Sportplatz bin ich eigentlich froh, so wie es gerade läuft.“
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