„Hetzer nicht in die Nähe der Macht lassen“ – Süddeutsche Zeitung lobt AfD-Wahlausschluss in Ludwigshafen

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Der Ausschluss des rheinland-pfälzischen AfD-Landtagsabgeordneten Joachim Paul von der Oberbürgermeisterwahl in Ludwigshafen hat Unterstützung in der Süddeutschen Zeitung gefunden. „Endlich nutzt ein Gremium mal eines der Instrumente, die die Demokratie für den Kampf gegen ihre Feinde bereithält. Ein Paragraf in der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung ist genau dafür da, einen Hetzer wie Joachim Paul gar nicht erst in die Nähe der Macht kommen zu lassen“, schreibt Detlef Esslinger, stellvertretender Ressortleiter Innenpolitik.

Im Kommentar heißt es, das Bundesverfassungsgericht habe ein NPD-Verbot einst mit der Begründung abgelehnt, „die Partei sei zu unbedeutend“. Über die AfD lasse sich das nicht mehr sagen, „ein Verbotsverfahren kommt trotzdem nicht in Gang“. Artikel 18 des Grundgesetzes ermögliche den Entzug von Grundrechten bei Personen, „die diese für den Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbrauchen“. Dieser Artikel sei „wie geschaffen zur Anwendung etwa beim Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke“, werde aber nicht genutzt, „aus Sorge, die Höckes im Land könnten darüber zu Märtyrern werden“.

Esslinger schreibt, man müsse nicht darauf hoffen, „dass es den demokratischen Kräften gelingen möge, mit guter Politik und guter Kommunikation die Rechtsextremisten wieder bedeutungslos zu machen“. Stattdessen gebe es „noch ein Instrument, eines, das bisher weitgehend unbekannt war“. Der Wahlausschuss der rheinland-pfälzischen Stadt Ludwigshafen habe den Mut gehabt, den „mehrere Verfassungsorgane bisher nicht aufgebracht haben: ein vorliegendes Instrument anzuwenden“.

Das Gremium hatte am 1. August mit sechs zu einer Stimme entschieden, Paul nicht zur Wahl am 21. September zuzulassen. Grundlage war § 53 Absatz 3 der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz. Demnach ist nur wählbar, „wer die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt“. Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) hatte vorab Innenministerium und Verfassungsschutz um eine Einschätzung gebeten.

Die Behörde listete in einem elfseitigen Dossier verschiedene Äußerungen und Auftritte Pauls auf, darunter Treffen mit Martin Sellner von der Identitären Bewegung in Österreich sowie Aussagen, die er bei einem AfD-Forum in Ludwigshafen zum „Bevölkerungsaustausch“ im Stadtteil Hemshof machte. Esslinger schreibt, das Dossier „belegt nicht, dass Paul die Demokratie abschaffen will – wohl aber, dass er keinesfalls die Gewähr bietet, jederzeit für diese einzutreten“.

Esslinger betont zudem, dass der Paragraf „viel älter ist als die AfD“. Die Gemeindeordnung sei „seit 1994 in Kraft“, bislang „erst einmal genutzt, 2012 in der pfälzischen Verbandsgemeinde Wallhalben“. Er schütze „die Demokratie auch vor der Fahrlässigkeit von Bürgern, die in ihrer Nebennebentätigkeit als Wähler nicht umreißen, wen sie womöglich in Ämter hieven“. Diese Regelung könne „den übrigen als Vorbild dienen“.

Der Fall ist ein Novum: Noch nie zuvor wurde einem amtierenden Landtags- oder Bundestagsabgeordneten in Deutschland die Kandidatur für ein kommunales Spitzenamt mit Verweis auf angeblich fehlende Verfassungstreue verweigert. Bei der Landratswahl im Rhein-Pfalz-Kreis war Paul zu Jahresbeginn noch ohne Probleme zugelassen worden.

Paul kündigte an, juristisch gegen die Entscheidung vorzugehen. Kritiker des Ausschlusses sehen darin den Versuch, AfD-Kandidaten auf kommunaler Ebene mit Hilfe von Verfassungsschutz-Dossiers systematisch von Wahlen auszuschließen. In Ludwigshafen erhielt die AfD bei der Bundestagswahl 2021 24,3 Prozent der Stimmen und wurde zweitstärkste Kraft.

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