Hitzepanik im Bundestag – Da braucht jemand wohl ein Wassereis!

vor 6 Tagen

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Bildquelle: Apollo News

In Deutschland sind es über 30 Grad und unser Land befindet sich im Kriegszustand. Mit ungekannter Aggression gehen Schwitz-Verächter und Wärme-Liebhaber aufeinander los. In Grundsatzdebatten über die Klimaanlagen-Frage und die kulinarische Vertretbarkeit des Eiskaffees verwandeln sich ganze Büros zu einem lebhaften Debattenraum mit emotionalen Plädoyers, wie man sie sonst nur aus dem britischen Parlament – oder, je nach Stil des Redners, eher aus Trash-TV-Formaten kennt.

Alte Freundschaften werden bei der Frage auf die Probe gestellt, ob man sich mit der Picknickdecke in den Schatten, Halbschatten oder in die pralle Sonne pflanzt – doch spätestens bei einem Wassereis oder einem eisgekühlten Aperölchen haben sich Arbeitskollegen und gute Freunde entwaffnend-entschleunigt längst wieder vertragen.

In der Politik scheint man zu solchen Indianer-ähnlichen Friedensritualen offenbar nicht in der Lage zu sein. Als Christian Dürr es am Dienstag wagte, auf X den befremdlichen Klima-Alarmismus der Grünen zu kritisieren, erntete er sofort einen grünen, alarmistischen Shitstorm. Konkret hatte der Bundesvorsitzende der FDP geschrieben: „Liebe Grüne, es nervt! Hört bitte auf bei Hitze im Sommer (und bei Regen) eure gesamte Klimaerzählung zu posten. Wir haben gerade, wie man früher sagte, sehr schönes Wetter. Und ja, es gibt den Klimawandel und wir müssen gegensteuern. Populismus bringt uns aber nicht zum Ziel.“

„Hat er nicht gesagt!“, rauschte es dann wohl durch sämtliche Grünen-WhatsApp-Chats und sofort wurde zum gezielten Gegenschlag ausgeholt. Luisa Neubauer kommentierte zynisch: „So ein bisschen Herz-Kreislauf hält die Oma schon aus, wenn sie sich zusammenreißt.“ Und Ricarda Lang stichelte: „Realität und wissenschaftliche Erkenntnisse, einfach todes nervig.“

Die Bundesfraktionsvorsitzende Britta Haßelmann wiederum wählte eine ihr wohl angemessen erscheinende moralisch erhöhte Perspektive der Kommentierung und teilte auf X ihr Leid, solche Posts lesen zu müssen, während sie sich „Gedanken darüber mache, was diese extreme Hitze für [ihre] alten Eltern (85/86) und die vielen älteren Menschen in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder denen, die alleine Zuhause leben“, bedeute. „Und dann komm[e] ihr jemand mit so einer Realitätsverweigerung“, schimpft sie weiter.

Ach wie schön, Frau Haßelmann macht sich also Gedanken. Bekommen wir dann bald wieder so einen tollen Vorschlag wie den jüngsten Einfall der Grünen, Arbeitnehmern ab 26 Grad Außentemperatur ein Recht auf Hitzefrei einzuräumen und damit das wirtschaftliche Überleben jedes Betriebs in den Sommermonaten zum wetterabhängigen Glücksspiel zu verwandeln? Wir dürfen gespannt sein.

Unterstützung würde sie jedenfalls wohl mindestens von Deutschlands leidenschaftlichsten selbsternannten Hitzeschutzexperten Karl Lauterbach bekommen, der in den Sommermonaten in wehmütigem Gedenken an vergangene Corona-Zeiten immer wieder zum Panik-Experten avancieren kann. Für manche Menschen ist das größte Glück bekanntlich das Gefühl, gebraucht zu werden – ob sie tatsächlich gebraucht werden, ist dabei zweitrangig.

In diesen Tagen bekommt Herr Lauterbach wieder über 13.000 Likes auf X, wenn er eine Monika Gruber, die es gewagt hatte, sich über die Panik-verbreitende Hitze-Berichterstattung der Bild zu beömmeln, mit erhobenem Zeigefinger in die Schranken weist. „OMG! Wir werden alle sterben!!!“, hatte Gruber mit Verweis auf eine Schlagzeile der Zeitung geschrieben. Lauterbach konterte: „Was ist so lustig daran, wenn ältere Menschen bei dieser Hitze Schlaganfälle bekommen, dement werden oder ihre Nieren versagen? Es ist schön, dass Sie sich vielleicht keine Sorgen machen müssen. Aber Ihre Haltung ist abstoßend und würdelos.“ Uff, da braucht jemand wohl ein Wassereis.

Kein Wunder, dass so wenige Menschen Ärzte mögen. Herr Lauterbach hat zwar durchaus einen Punkt, dass es wissenschaftliche Studien gibt, die zeigen sollen, dass Hitze, genauer gesagt heiße Nächte, das Schlaganfall-Risiko erhöhen können. Aber erstens ging es bei Monika Grubers witzig gemeinten und nicht einmal besonders provokativen Post nicht um Risikogruppen wie ältere, pflegebedürftige Menschen, die man vor Hitze genauso vermehrt schützen sollte wie vor Infektionskrankheiten, Bewegungsmangel und ihrer Neigung, zu wenig zu essen und zu trinken. Sondern vielmehr um den ja wirklich zunehmend nervtötenden Hitze-Alarmismus von Medien und Politik, der mit Tipps wie „Trinken Sie bei Hitze stets genug“ eine schwer auszuhaltende Infantilisierung der Bevölkerung vorantreibt.

Und zweitens gibt es, wie es eben immer so ist, ebenfalls Studien, die ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko bei Kälte und Temperaturabfall vermuten, von denen Karl Lauterbach seinen Followern aber irgendwie nicht erzählt. Nun, aber bevor bei uns allen bei so viel Humorlosigkeit der Puls und damit schon wieder das vermaledeite Schlaganfall-Risiko steigt, habe ich eine andere Idee. Wie sangen die Wise Guys einmal so schön: „Es ist Sommer! Ich hab das klar gemacht: Sommer ist, wenn man trotzdem lacht.“

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