Hitzetod als Modellrechnung – wie Panik gemacht wird

vor 6 Tagen

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Bildquelle: Tichys Einblick

Dunkelrot gefärbt, ja blutrot fast: So malen Wetterkarten in den Nachrichtensendungen den nahenden Untergang. Die Farbcodes wurden in den letzten Jahren ins Dramatische verändert. Wo früher ein blasses Orange oder Sonnengelb auf Temperaturen um die 30 Grad hinwies, sieht man heute tiefrotes Glühen.

Mit jedem heißen Sommertag rollt eine Welle aus Alarm, Panik und Weltuntergangsbotschaften durch die Medien – befeuert von ganzen steuerfinanzierten Armeen von NGOs, Staatsstellen und anderen Panikprofiteuren. Temperaturen, die früher in den Wetterkarten gelblich-harmlos daherkamen, erscheinen heute als feuerrote Bedrohung. Die Umfärbung hat Methode. Der Eindruck: 30 Grad sind das neue Armageddon. Hitzeschutz wird zur moralischen Pflicht, Klimaanlagen zum Klimaverbrechen, der Sommer zur Gefahr.

Diese Panik hat längst psychologische Folgen: Menschen berichten von echter Angst vor dem Sommer, Schülern wird eingeredet, Hitzewellen seien „Klimakrieg gegen die Zukunft“, in vielen Altenheimen bekommen alte Menschen Höllenängste. Das Wort „Hitzetod“ steht mittlerweile neben „Waldbrände“ und „Klimaflucht“ in jedem Schlagzeilenrepertoire.

Es sind Bilder, die Alarm schlagen sollen, eine symbolische Hitze, die Angst macht. Doch wie heiß ist es wirklich? Und wie viele Menschen sterben tatsächlich durch Hitze?

Zwei Fragen, die eigentlich nicht zu beantworten sind. Sogenannte „Hitzetote“ werden nicht direkt gezählt. Niemand schreibt „Hitzeschlag“ in den Totenschein, außer in sehr wenigen medizinisch eindeutigen Fällen. Stattdessen bedient man sich einer statistischen Schätzmethode: Man vergleicht die täglichen Todeszahlen eines Hitzezeitraums mit einem Durchschnittswert der Vorjahre. Liegt die Zahl darüber, gilt die Differenz als “hitzebedingt”.

Das nennt man Übersterblichkeit. Kausal nachgewiesen ist da nichts. Es handelt sich um eine Wahrscheinlichkeitsaussage, nicht um eine medizinisch festgestellte Todesursache. Die Methode ist nicht neu. Wir kennen sie aus der Corona-Zeit: Wer damals mit positivem Test starb, war ein “Corona-Toter”, unabhängig von der tatsächlichen Todesursache.

Laut Robert Koch-Institut und Umweltbundesamt starben im „Jahrhundertsommer“ 2003 rund 9.000 Menschen in Deutschland angeblich infolge der Hitze. 2018 waren es geschätzte 8.000, 2022 rund 4.500, im vergangenen Jahr 3.100. Die Zahlen stammen nicht aus Totenscheinen, sondern aus Modellrechnungen, die nachträglich erstellt werden. Es sind keine “echten” Zahlen.

Selbst das Statistische Bundesamt gibt sich zurückhaltend: Im Schnitt der Jahre 2003 bis 2023 kam es zu 1.400 Krankenhausbehandlungen pro Jahr wegen Hitzschlag oder Sonnenstich. 2023 waren es sogar nur 800 Fälle. Die Zahl sei in den letzten Jahren rückläufig, heißt es in der aktuellen Pressemitteilung.

Ein „Europäisches Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten“ ( was es alles gibt ) vergleicht „Hitzetote“ in europäischen Ländern aus dem Jahre 2022:

Deutschland 4.500 Frankreich 2.816 Spanien 4.655 Italien 18.010 Griechenland 2.750 EU-weit ca. 61.000

Trotzdem taucht der Begriff “Hitzetote” immer wieder auf – besonders gern im politischen Zusammenhang. Eine Zahl, die Angst macht, wirkt eben. Doch ein Blick auf die Verhältnisse lohnt. Denn kaum thematisiert, aber medizinisch weitaus bedeutsamer: Kälte fordert weltweit bis zu zehnmal mehr Opfer als Hitze. Die Schätzungen schwanken, doch für die letzten Jahrzehnte zeigen die Statistiken: Zwischen 10.000 und 15.000 Menschen sollen jährlich an den Folgen von Kälte gestorben sein. Diese Zahl ist seit den 1990er Jahren rückläufig, aber sie liegt noch immer deutlich über den Hitzetoten.

Die Gründe sind vielfältig: bessere Heiztechnik, Isolierung, Schutzprogramme für Obdachlose. Und: Der Mensch passt sich an. Wie er sich über Jahrtausende allen Klimazonen angepasst hat. So auch heute.

Eine der Hauptursachen für hitzebedingte Notfälle ist banal: Alte Menschen trinken zu wenig. Viele verlieren das Durstgefühl. Medikamente oder Vorerkrankungen verschärfen das.

Abkühlung mit Hilfe von Hypnose verspricht „Deutschlands bekanntester Hypnotiseur Jan Becker“ (BILD). Vorsichtshalber empfehlen BILD und der Hypnotiseur „Trinken Sie genügend Wasser!“. Falls es mit der Hypnose doch nicht klappen will, wollen sie nicht an den nächsten Hitzetoten Schuld sein.

Prof André Thess ist Professor für Thermodynamik und Leiter des Lehrstuhls für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart und gehört zu denjenigen, die den „Hitzeschutzplan für Gesundheit des BMG“ gelesen haben. Gefunden hat er darin zehnmal das Wort „Klima“, aber kein einziges Mal das probate Mittel gegen zu viel Hitze: „Klimaanlage“.

Thess empfiehlt die flächendeckende Installation von Kaltdampf-Kompressionskältemaschinen. Besser bekannt als Klimaanlagen. Dann könnten Schüler die Klassenräume auch in den Ferien zum Lernen nutzen, anstatt Sommerurlaub in „hochgefährlichen Ländern Spanien, Italien und Frankreich“ zu machen. Dort sind Temperaturen wie sie derzeit bei uns herrschen, Alltag – ohne daß es dort zu „Hitzetoten“ kommt.

Thess verweist auf Singapurs ehemaligen Premierminister Lee Kuan Yew, der das Geheimnis des wirtschaftlichen Erfolges des heißen und schwülen Stadtstaates Singapur erklärte: Die Erfindung der Klimaanlage. Die erst ermöglichte die Entwicklung in den Tropen. Ohne Kühlaggregate konnte man nur in den frühen Morgenstunden oder am Abend arbeiten. Seine erste Amtshandlung bestand darin, Klimaanlagen in öffentlichen Gebäuden zu installieren. Dies war der Schlüssel zu einer effizienten Verwaltung, die in tropischer Hitze kaum etwas ausrichten konnte.

Die Sache wäre eigentlich einfach: Wo es heiß ist, hilft Kälte. Und diese kommt in Form moderner Kältetechnik. Kaltdampf-Kompressionskältemaschinen – eine deutsche Erfindung aus früheren, besseren Zeiten, als Naturwissenschaften noch etwas galten. Prof. Carl von Linde begann ab 1873 mit der Entwicklung einer mechanischen Kältemaschine, die Ammoniak als Kältemittel nutzte. 1876 präsentierte er tatsächlich die erste funktionierende Kompressionskältemaschine.

Auftraggeber und Geldgeber waren: bayerische Brauereien, vor allem Spatenbräu in München, deren Inhaber Gabriel Sedlmayr großes Interesse an industrieller Kühlung hatte.

Carl von Lindes Erfindung revolutionierte nicht nur die Bierherstellung, sondern später auch die Lebensmittelkonservierung, Kältetechnik in der Medizin, Klimatisierung – und sogar die Luftverflüssigung. Sie legte den Grundstein für den weltweiten Siegeszug der Kältetechnik, die sicherlich als die Erfindung bezeichnet werden kann, die weltweit am meisten Menschenleben gerettet hat. Es mußten keine verdorbenen Lebensmittel mehr gegessen werden.

Und was macht Deutschland? Hitzeschutzpläne schreiben, aber nicht einmal Ventilatoren in Klassenzimmern aufstellen oder Klimaanlagen in Altenheimen, bessere Belüftung in Schulräumen, Bauvorschriften für Hitzeschutz. Doch was sagt der offizielle „Hitzeschutzplan für Gesundheit“ des Bundesgesundheitsministeriums? Zehnmal das Wort „Klima“ – aber nicht ein einziges Mal das Wort „Klimaanlage“.

Nur dessen Umkehrung wird gehypt und über alle Maßen steuerlich gefördert: Die Wärmepumpe.

Auf dem Lehrplan der nächsten Thermodynamik-Vorlesung von Prof Thess steht übrigens: “Die lebensrettende Wirkung des selbstkühlenden Bierfasses”. Die Studenten werden die Adsorptionskühlung mit Zeolith kennenlernen. Ein sehr reales Prinzip, das zeigt: Man kann auf technische Weise kühlen – ganz ohne politische Hitzekampagnen.

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