
Thorsten Frei hat am Donnerstag angedeutet, dass die Union zu einem Kompromiss bei der Verfassungsrichterwahl bereit sein könnte. In der ZDF-Sendung Maybrit Illner erklärte der Kanzleramtsminister, es sei „klar, dass bei Verfassungsrichterwahlen man nicht mit jedem einzelnen Thema einverstanden sein muss, das eine Kandidatin oder ein Kandidat hat.“
Er lobte überdies Frauke Brosius-Gersdorf, die infolge zahlreicher Medienberichte über frühere Arbeiten zu einer angeblich aus dem Grundgesetz ableitbaren Impfpflicht und zur Frage nach der Menschenwürde bei ungeborenem Leben, von den Bundestagsabgeordneten der Union bekämpft worden war. Eigentlich sollten am 11. Juli drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht gewählt werden – wegen der Unstimmigkeiten wurde der Vorgang abgeblasen.
„Sie ist in jedem Fall eine fachlich hoch versierte Juristin. Das ist überhaupt gar keine Frage“, sagte Frei jetzt über Brosius-Gersdorf. Er forderte die Beteiligten auf, „ganz nüchtern nach Lösungsräumen“ zu suchen, um so die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag zu ermöglichen. „Daran arbeiten wir jetzt“, erklärte der CDU-Politiker weiter. Eine konkrete Absage an die SPD machte er nicht.
Zuletzt hatte der CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann auch den Austausch der drei aktuellen Kandidaten durch ein neues Richterpaket ins Gespräch gebracht, um eine Einigung zu vereinfachen (mehr dazu hier). „Ein solches Personalpaket kann aus komplett neuen Namen bestehen, muss aber nicht“, erklärte der CSU-Politiker.
Die SPD ist dagegen, sie würde „standhaft“ bleiben, erklärte die Bauministerin Verena Hubertz bei Maybrit Illner zu der Nominierung von Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold durch ihre Partei. Diese Position hatte auch Finanzminister und Vizekanzler Lars Klingbeil kürzlich ausdrücklich unterstrichen: Gegenüber der Bild am Sonntag sagte der SPD-Politiker, weil die Plagiatsvorwürfe, die zwischenzeitlich gegen Brosius-Gersdorf im Raum standen, ausgeräumt seien, stünde ihrer Wahl nichts mehr im Weg.
Aber auch die Äußerungen und Arbeiten der zweiten Kandidatin hatten seitdem für Aufsehen gesorgt. In Vorträgen und Papieren hatte Kaufhold, die als Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität in München lehrt, immer wieder klimapolitische Eingriffe des Staates vor allem in die freie Marktwirtschaft gefordert (mehr dazu hier und hier).