
Julia Zendman, Social-Media-Redakteurin und Journalistin von Telegraaf, plante mit einer Freundin (beide 25) einen Tag am Strand. Der Vorfreude weichen immer lautere Zweifel: „Sind meine Freundin und ich sicher?“.
Der Anlass zu den ausformulierten Sorgen Zendmans ist ein aktueller Bericht von NOS Stories, in dem junge Frauen aus den Niederlanden ihre Erfahrungen teilen. Hunderte Jugendliche haben sexuelle Belästigung erfahren; Anzeigen bleiben oft aus, obwohl solche Übergriffe seit einem Jahr in den Niederlanden strafbar sind. Am Strand gilt Hinterherpfeifen, Nachlaufen, Hinterherrufen als „normal“ – Übergriffigkeiten sind an der Tagesordnung – besonders bei Frauen in Sommerkleidung oder Bikini.
Eine Kollegin Zendmans aus Zandvoort berichtet, ihre 12-jährige Tochter sei bereits zweimal von Gruppen junger Männer belästigt und verfolgt worden. Einmal rannte das Mädchen allein verängstigt nach Hause; ein anderes Mal wurden sie und ihre Freundinnen vor dem Supermarkt „erwartet“ – erst mehrere Mütter begleiteten die Mädchen sicher vorbei.
Aufgebrachte Strandzeltbetreiber in Zandvoort warnen: „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis es völlig ausartet.“
Zendman beschreibt, dass der Weg vom Bahnhof zum nächsten Abschnitt der Promenade inzwischen als „Jackpot“ für Belästiger gilt, während sich die meisten „Problemgruppen“ an der mittleren Promenade sammeln. Sie reserviere deshalb vorsorglich in einem Strandclub 20 Minuten vom Bahnhof entfernt – und wägt ab, ob sie nicht doch besser mit dem Auto statt mit dem Zug anreist. Ergebnis: Selbstschutz statt unbeschwerter Freiheit.
In Gesprächen mit Freundinnen findet Zendman darunter keine einzige, die sich auch nur irgendwie geschmeichelt, bestätigt oder erfreut fühlt, wenn ihr eine Gruppe junger Männer hinterherläuft, -pfeift oder -ruft – schon gar nicht im Bikini. Das Gegenteil ist der Fall.
Sie selbst fühlt sich auf dem Weg vom Strandtuchplatz zum Wasser beobachtet und belagert. Und sie widerspricht der beliebten Ausrede meist durch diese Zustände negierende andere Frauen vorgetragen diese Frauen trügen wohl mit „einem ganz kleinen Bikini“ dazu bei, ganz nach dem Motto: an der Belästigung sei man ja wohl selbst Schuld. Dieser beschämende Versuch von Opferumkehr zerschellt auch an anderer Stelle an den neuen Realitäten: Straßenbelästigungen bei Frauen sind in fast jeder niederländischen Stadt ein Problem – völlig unabhängig von der Kleidung.
Wichtig: Die oft zitierte Zahl stammt explizit aus einer Studie von Hunkemöller, nach der sich 77 % der Frauen unsicher fühlen, wenn sie einen Bikini anziehen. Die Folge: weniger Orte, weniger Anlässe, seltener Bikini. Die Frage „Muss ich am Strand die Kleidung anbehalten?“ wird für viele zur realen Abwägung.
All die Zeitungsberichte über die „Vorfälle“ haben jedoch eines gemeinsam: Weder Täter noch Opfer, noch die Taten werden genau beschrieben. Alles bleibt politisch korrekt nebulös. Das Problem in Holland ist allerdings alles andere als unbekannt. Bereits 2023 berichteten rp-online.de und 2024 ruhr24.de über Belästigung von meist jüngeren Frauen. Auffallend ist, dass die vermutlichen Täter so genau verschwiegen werden, dass man dadurch ein sehr deutliches und vermutlich sehr zutreffendes Bild vor Augen hat, um welche Tätergruppe es sich dabei handelt.
Einen Eindruck, worum es gehen könnte, postet X-Nutzer Dries Van Langenhove. Er zeigt Fotos eines Strandes bei Scheveningen aus den 80er Jahren und heute.
Auch das „Forum voor Democratie“ postet ein Video über die heutigen Zustände in Scheveningen.
Richard de Moss postet ein Video über eine, wie er sagt, halluzinatorische Debatte über die Scheveningen-Krawalle, bei der das Establishment einen versagenden Bürgermeister schützt.
Donald Trump hat das Problem, das ein hauptsächlich westeuropäisches und weniger ein osteuropäisches Problem ist, in Schottland klar benannt. Die europäischen Verantwortlichen dieser Misere machen dabei in der Regel ein genauso unangenehm betroffenes Gesicht wie die beiden rechts und links neben Trump:
In Belgien ist man wieder einmal weiter und bewirbt gleich Frauen im Burkini:
Dass das kein lokales Randphänomen ist, zeigen ältere Befunde. EMMA fasste im Jahr 2022 eine BKA-Dunkelfeldstudie so zusammen: 67 % der Frauen fühlen sich nachts in öffentlichen Verkehrsmitteln unsicher, 52 % meiden deshalb den ÖPNV, 41 % verlassen nachts gar nicht erst das Haus. Nur jede zehnte Frau zeigt eine Vergewaltigung an, sexuelle Belästigung wird sogar nur von jeder fünfzigsten angezeigt. Hochgerechnet heißt das: statt ca. 10.000 offiziell registrierter schwerer Sexualdelikte pro Jahr tatsächlich rund 100.000.
Damals erklärten BKA-Präsident Holger Münch und die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser, man müsse das Dunkelfeld beleuchten; Faeser sprach von „nicht hinnehmbar“ und forderte mehr Sicherheitsdienste, höhere Polizeipräsenz und zusätzliche Videoüberwachung an belasteten Orten. Die Bürger wissen alle, was daraus geworden ist.
Der Blick nach Zandvoort und in mittlerweile fast jedes Freibad westeuropäischer Städte zeigt, wie erschütternd die Lage ist: Die Tendenz, dass Frauen ihre Bewegungsfreiheit hierunter immer weiter einschränken, verstetigt sich.
Wege, Orte, Zeiten, Kleidung – alles wird an Sicherheitserwägungen angepasst. Je mehr Frauen ausweichen, desto größer der Raum, den übergriffige Gruppen für sich beanspruchen.
Die Frage, ob man 2025 unbeschwert im Bikini an den Strand gehen kann, steht sinnbildlich für den Verlust des einmal Selbstverständlichen: sich frei und ohne Angst in der Öffentlichkeit zu bewegen.