
Rund 1500 Hospizdienste sind in Deutschland eine unverzichtbare Unterstützung für schwerkranke und sterbende Menschen sowie deren Angehörige. Sie bieten in der letzten Lebensphase eine einfühlsame Begleitung. Diese Dienste sind häufig auf Spenden angewiesen, um ihre wertvolle Arbeit aufrechterhalten zu können.
Das Hospiz „Zum guten Hirten“ in Rotenburg (Wümme) ist nur ein Beispiel für eine solche Einrichtung, die öffentlich und auf ihrer Website um Spenden bittet: „Wenn Sie es auf dem Herzen haben, das Hospiz ‚Zum guten Hirten‘ finanziell zu unterstützen, freuen wir uns sehr. Als Unternehmen, als Einzelperson, als Geldgeschenk zu ihrer nächsten Feier, monatlich, einmalig – es gibt so viele Möglichkeiten …“
Möglichkeiten, die jedoch nicht für jeden gelten. Diese Erfahrung durfte der AfD-Kreisverband Rotenburg (Wümme) machen, dessen 500-Euro-Spende kurz vor Weihnachten letzten Jahres mit dem Vermerk „unerwünschte Spende“ zurückgesandt wurde. Eine Ablehnung, die verdeutlicht, dass das Hospiz nicht nur die materielle Unterstützung, sondern auch die ethischen und politischen Grundsätze seiner Unterstützer im Blick hat. Vielleicht eine verständliche Reaktion, wenn die AfD sich als Unterstützer medienwirksam hätte feiern lassen wollen. Ansgar Schledde, Landesvorsitzender der AfD Niedersachsen:
„Der Kreisverband hat bewusst auf große Ankündigungen oder öffentliche Inszenierungen verzichtet. Unsere Spenden sollen dort ankommen, wo sie gebraucht werden, ohne dass sich jemand verpflichtet fühlen muss, sich erkenntlich zu zeigen. Dieses Mal wollten wir das ‚Hospiz zum guten Hirten‘ in Rotenburg unterstützen. Das Hospiz widmet sich mit viel Hingabe der Begleitung von Menschen in ihrer letzten Lebensphase – eine zutiefst menschliche und ehrenvolle Aufgabe. Umso befremdlicher war für uns die Reaktion, die deutlich macht, dass offenbar nicht allein das Wohl der Menschen im Mittelpunkt steht, sondern andere Kriterien über seine Arbeit erhebt.“
Dabei könnten allein mit der abgelehnten Spende einige Positionen von der Hospiz- Wunschliste gestrichen werden, wie der Kauf von Kuscheldecken, Körperpflegeartikeln, Stuhlkissen oder einem Gartentisch. Dinge, die das Wohlbefinden der Patienten fördern würden. Für Johannes Stephens, Geschäftsführer der Einrichtung, sind Unabhängigkeit und Integrität von größter Bedeutung:
„Spenden von Organisationen, die demokratische Grundwerte gefährden oder ablehnen, werden nicht akzeptiert. Dies gilt auch für testamentarische Erbschaften, wenn ein ideologischer Bezug zu extremistischen oder diskriminierenden Positionen erkennbar ist oder der Eindruck entstehen könnte, solche Ansichten zu unterstützen. Mit unserer Arbeit stärken wir den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Menschen, die Unterstützung, Betreuung, Begleitung oder Beratung suchen, sollen darauf vertrauen können, dass die Diakonie die Würde jedes Einzelnen achtet und als unveräußerlich schützt. Viele Aussagen und Positionen der AfD und ihres Kreisverbands Rotenburg (Wümme) widersprechen unserem christlichen Menschenbild.“, so die Antwort auf eine Anfrage von Tichys Einblick.
Eine Reaktion, die erkennen lässt, dass nicht nur die finanzielle Hilfe von Unterstützern zählt, sondern auch deren ideologische Werte, was möglicherweise eher für ein politisches Leitbild spricht.
Auch für die Diakonie Deutschland sind Spenden von politischen Parteien problematisch. Seit 1848 setzt sich der soziale Dienst der evangelischen Kirchen „als Anwältin der Schwachen“ für hilfsbedürftige Menschen ein und ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Trotzdem ist nicht jede Spende willkommen. Auf Anfrage schreibt die Pressestelle:
„Bei Spenden von Organisationen prüfen wir den Spenderwillen auf der Basis von deren Programmen und öffentlichen Positionen. Wenn sich aus diesen Dokumenten ein unauflöslicher Widerspruch zu unserem christlichen Selbstverständnis und unserer Satzung ergibt, lehnen wir die Spende ab. Die AfD ist eine von Verfassungsschutzbehörden als rechtsextremistischer Verdachtsfall, in Teilen als gesichert rechtsextrem, eingestufte Partei. Sie steht mit ihrer Programmatik und ihrer Kommunikation im Widerspruch zum Selbstverständnis der Diakonie und ihrem satzungsgemäßen Auftrag.“
Einen anderen Ansatz verfolgt der Malteser Hilfsdienst. Als gemeinnütziger Verein ruft er ebenfalls zu Spenden auf, um unter anderem die nötigen Mittel für die Ausbildung ehrenamtlicher Mitarbeiter und die Finanzierung hauptamtlicher Koordinatoren sicherzustellen. Dazu Klaus Walraf, Sprecher der Malteser:
„Es geht uns dabei nicht um eine einzelne Person, sondern darum, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Außerdem wissen wir ja nicht, wer uns gerade etwas spendet. Meist wird auf dem Beleg als Verwendungszweck ‚Hospizarbeit‘ oder ‚Menschen in Not‘ aufgeführt. Und exakt dafür wird es dann auch verwendet. Bei unseren 1,2 Mio. Förder-Mitgliedern kann und will ich nicht zuordnen, wer in welcher Absicht spendet oder welche politische Gesinnung die jeweiligen Spender haben. Schließlich geht es um den Zweck, den wir im Rahmen des Gemeinnützigkeitsrechts erfüllen müssen und wollen.“
Die Debatte über die Spendenakzeptanz könnte weitreichende Konsequenzen für die Unterstützung von Hospizdiensten haben. In einer Gesellschaft, in der die politische Landschaft zunehmend polarisiert ist, könnte die Ablehnung oder Annahme von Spenden aus bestimmten politischen Lagern die Wahrnehmung und die Unterstützung für Hospizdienste beeinflussen.