
In ihrer Talkshow der vergangenen Woche mit dem Titel „Wende oder Ende – Gefährdet die Ampel den Wohlstand?“ findet Maybrit Illner schon zu Beginn scharfe Worte für die Lage in Deutschland: „Wir sind im dritten Jahr der Ampel und im zweiten Jahr einer Wirtschaftskrise. Bei VW sollen zum ersten Mal mehrere Werke schließen, der Haushalt 2025 ist noch voller Löcher, der Standort Deutschland ist zu teuer, die Energie ist es auch – und da werden Gipfel und Gegengipfel ausgerufen. Das tatsächlich bisher ohne jedes Ergebnis.“
Zwei Personen stechen aus der Sendung heraus: die IG Metall-Chefin Christiane Benner (SPD), die mehr „Begeisterung“ für Elektromobilität will, wie sie sagt, und die SPD-Vorsitzende Saskia Esken, die die Verkörperung der Arroganz der Bundesregierung gegenüber der arbeitenden Bevölkerung ist. Allein bei VW sind aktuell 30.000 Arbeitsstellen bedroht, drei Werke sollen geschlossen werden. In der Konjunkturumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) gab ein Viertel der befragten Unternehmen an, die Geschäftslage als schlecht einzuschätzen. In der Industrie waren es sogar 35 Prozent, die ihre Geschäftslage als schlecht einschätzen.
Doch das Hauptproblem für Christiane Benner, selbst Soziologin mit Gender Studies-Bachelor, scheint in der schlechten Wahrnehmung der Elektromobilität zu liegen. So sagt sie: „Wir haben so eine schlechte Stimmung bei E-Mobilität in diesem Land, das ist echt peinlich.” Sie beklagte sich darüber, dass in China und Norwegen sehr viel mehr Erstzulassungen für E-Autos erfolgen als in Deutschland. So sind in China 50 Prozent der Erstzulassungen E-Autos und in Norwegen 90 Prozent. Weiter sagt sie: „Ich will eine Infrastruktur. Ich will kalkulierbaren Ladestrom. Ich will für diese Themen Begeisterung wecken und das ist auch bei unseren Mitgliedern nicht einfach.”
Maybrit Illner spricht von einem „Marktproblem“. In Benners Ausführungen wird deutlich, dass ihr Wirtschaftsdenken stark von einer „grünen Transformation“ geprägt ist: nicht das zu stärken, was in Deutschland gut läuft, sondern zu verändern. So sagt sie: „Wenn ich könnte, ich würde das echt anders steuern. Und das erwarte ich ein Stück weit von der Politik.“
Gegenüber der Forderung der IG Metall-Vorsitzenden, dass der Staat anders lenken solle, steht die Analyse des FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr. Dürr hatte zu Beginn der Sendung gesagt, dass die deutsche Wirtschaft an einem Scheideweg stehe: entweder mehr staatliche Vorgaben und Subventionen oder Marktwirtschaft mit Deregulierung und Steuersenkungen. Die IG Metall-Vorsitzende Christiane Benner spricht sich für staatliche Lenkung aus. So fordert, dass man auf einer Karte geografisch schauen solle, wo es gut laufe und wo nicht.
Man müsse in innovative Felder wie erneuerbare Energien, Batterien oder Halbleiter investieren. „Wir haben Zukunftsfelder”, sagte sie. Den Fachkräftemangel will sie mit „Arbeitsmarktdrehscheiben“ beheben. „Das machen wir zum Teil ja schon in den Regionen, dass wir sagen, wenn ein Unternehmen, wenn das nicht gut geht, dass wir gucken, kriegen wir die Leute temporär auch in einem anderen Unternehmen unter.”
Es mag Zufall sein, aber Christiane Benner und Saskia Esken sind beide SPD-Mitglieder. Die SPD-Parteichefin Esken verkörperte in der Illner-Sendung jene Haltung, die schon viele Wirtschaftsvertreter an Olaf Scholz kritisiert haben. Man will die Probleme nicht sehen. Die Beschwerden von Wirtschaftsverbänden wiegelt man ab mit dem Verweis, was alles schon erreicht worden sei. Während der Arbeiter unter der Last von Formularbergen zusammenbricht und die Maschinen abgestellt werden müssen, weil sich eine Wolke vor die Sonne geschoben hat, verkündet die Partei der Arbeiter stolz, dass man eine Wachstumsinitiative in der Regierung beschlossen habe.
Dass von den geplanten 49 Maßnahmen der Wachstumsinitiative noch nicht einmal die Hälfte im Bundestag angekommen ist, ist dabei nur Makulatur. Esken will derweil dem Präsidenten des Zentralverbands des deutschen Handwerks, Jörg Dietrich, erklären, was tatsächlich die Probleme in der Handwerksindustrie seien. So sagte sie: „Wenn Sie sagen: ‘Wir haben dieselben Probleme wie die Industrie.’ dann ist das nicht richtig. Die Industrie spricht gerade über Arbeitsplatzabbau, sie suchen händeringend.” Auf Dietrichs empörten Einwand, dass allein in diesem Jahr 80.000 Arbeitsplätze im Handwerk verloren gehen werden, sagt sie: „Nachdem alle gesprochen haben, würde ich ganz gerne auch einen Moment mal sprechen.”