Im Staatsauftrag gegen die AfD

vor 9 Tagen

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Bildquelle: Apollo News

Der Staatsapparat hat parteipolitisch neutral zu sein – nicht verlängerter Arm einer politischen Kraft. Dieses Prinzip ist einer der Grundpfeiler moderner Demokratien. Aber im Kampf gegen die heute stärkste Oppositionspartei (und nach manchen Umfragen stärkste Kraft im ganzen Land) werden diese Prinzipien von immer mehr staatlichen Stellen über Bord geworfen.

Die finale Kehrtwende, das staatliche Neutralitätsgebot vollends aufzugeben, war vielerorts die Potsdam-Aufregung im Frühjahr 2024 – ihr folgten damals massive Anti-AfD-Demonstrationen. Eine exklusive Apollo News-Recherche zeigt jetzt beispielhaft, wie in Regierungs-Führungsetagen gemeinsam mit Demo-Organisatoren Auftritte gegen die AfD geplant wurden.

Ort des Geschehens: Rheinland-Pfalz, Staatskanzlei. Interne Dokumente, die Apollo News in einem monatelangen Verfahren durch den Medienanwalt Walther Wegner gegen die Landesregierung erstritten hat, zeigen, wie Staatsdiener in der damaligen Regierung Malu Dreyer das Anti-AfD-Vorgehen im Rahmen der Demos planten. Die Regierung demonstrierte gegen die Opposition – mit an Bord waren nicht nur einzelne Politiker, sondern der eigentlich zur Neutralität verpflichtete Staatsapparat selbst.

In mehreren E-Mail-Verläufen ist dabei zu sehen, wie Regierungsbeamte der Landesregierung im Kontakt mit Organisatoren von Anti-AfD-Demos stehen. Am späten Sonntagabend, dem 14. Januar 2024, geht eine E-Mail an Dreyer mit der Frage: „Ist eine Demonstration in Mainz gegen die AfD geplant? Ich halte es für sehr wichtig. Vielleicht ist eine gemeinsame, zeitnahe Demo möglich?“ Der Absender wurde in den uns vorliegenden Dokumenten geschwärzt.

Wenige Tage später kommt die Antwort – im Betreff „AfD“. Der Persönliche Referent der Ministerpräsidentin, Jannik Nasz, kann herzlich „zurückmelden“: Dreyer werde bei der zentralen Anti-AfD-Demo am 18. Januar in Mainz mitmachen. Tags zuvor kam bereits eine lange E-Mail (Absender ebenfalls geschwärzt, aber ganz offensichtlich einer der Hauptorganisatoren der Demo), in der Dreyer sogar zu einem „kurzen Redebeitrag“ eingeladen wurde.

Der unbekannte Anreger zur Demo gegen die AfD meldet sich an Nasz jedenfalls begeistert zurück: „Es freut mich sehr, dass sie kommt und durch ihre Präsenz ein Zeichen setzen wird. Viele Demonstrierende werden es zu schätzen wissen. Grüßen sie, Sie bitte ganz herzlich.“ Das ist der Ton zwischen Landesregierung und Anti-AfD-Aktivisten: Herzlich und vertraut.

Kurz darauf hält Dreyer auf der Demo eine Brandrede gegen die Partei – die in der Landesregierung geschrieben wurde. Eine entsprechende Redevorlage kommt aus Referat 233 „Politische Planung“ der Staatskanzlei. Darin werden AfD-Mitglieder als Verfassungsfeinde dargestellt: „Viele“ von ihnen „bedrohen unsere Demokratie“, heißt es. Die Rede ist von „Demokratieverächtern“ – „führende Köpfe“ der AfD würden „rechtsextremes Gedankengut“ verbreiten.

Dreyers Auftritt bei der Anti-AfD-Demo wird dabei vollends PR-mäßig auf Kosten der Staatskanzlei – und damit der Steuerzahler – begleitet. Nicht nur die Redevorbereitung, sondern auch der Demo-Auftritt selbst. So geht aus den Unterlagen auch eine Fotografen-Rechnung an die Staatskanzlei hervor, bei der für mehrere hundert Euro PR-Fotos „für die weitere Verwendung“ von der Demonstration und Dreyer selbst geschossen werden.

Gegen die Veröffentlichung all dieser brisanten Unterlagen wehrte sich die rheinland-pfälzische Landesregierung dabei über gut ein Jahr lang. Begründung: ein laufendes Verfahren vor dem Landesverfassungsgerichtshof zur gleichen Sache. Denn die AfD hatte unter anderem gegen Pressemitteilungen der Landesregierung geklagt, in denen ebenfalls der Demo-Auftritt Dreyers beworben wurde. Auch wenn die Regierung später argumentierte, all das sei kein Verstoß gegen die vorgeschriebene Neutralität, löschte die Staatskanzlei still und heimlich (Apollo News berichtete) Passagen aus einer öffentlichen Pressemitteilung, in der die Rede davon war, dass man die „Politik der AfD“ nicht „dulden“ dürfe.

Inzwischen ist das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vorbei, mit einem überraschend radikalen Urteil: Das Vorgehen der Landesregierung greife demnach in das „Recht auf Chancengleichheit der Partei“ ein und würde das „Neutralitätsgebot nicht wahren“ – aber all das sei „zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ erlaubt (Apollo News berichtete).

Den offenen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot sieht also auch das Gericht als solchen, winkt ihn aber durch, da er gegen die AfD „gerechtfertigt“ sei. Man geht sogar einen Schritt weiter: Die damalige Ministerpräsidentin sei nicht „nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet“ gewesen, sich zum Schutz der Demokratie „mit verfassungsfeindlichen Parteien zu befassen“, heißt es im Beschluss des Gerichts. Das Urteil ist in dieser Form ein Novum: Bisher hatten andere Gerichte, auch das Bundesverfassungsgericht selbst, deutlich schwächere staatliche Neutralitätsverstöße, wie etwa Erklärungen über eine „Rote Karte für die AfD“ durch das Bundesbildungsministerium 2015, für verfassungswidrig erklärt.

Wie diese Apollo News-Recherche am Beispiel Rheinland-Pfalz nun zeigt, hat man auch intern in den höchsten Ebenen von Staatsbehörden längst eine Abkehr von diesem Neutralitätsprinzip vollzogen und kooperiert direkt mit Anti-AfD-Aktivisten. Das jüngste Urteil aus Rheinland-Pfalz dürfte dabei ähnliches Vorgehen nur noch weiter anspornen.

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