Immer mehr Genossen für Pistorius: Scholz‘ Kandidatur hängt am seidenen Faden …

vor 5 Monaten

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Seine Umfragewerte sind unterirdisch, seine Zukunft ist angeblich hoffnungsvoll: Kanzler Olaf Scholz (SPD) soll nach seinem und dem Willen der SPD-Spitze als Kanzlerkandidat seine Partei in die Bundestagswahl führen.

72 Prozent der Deutschen sind mit der Leistung des Kanzlers unzufrieden. Im aktuellen Beliebtheitsranking, welches das Meinungsforschungsinstitut INSA im Auftrag der Bild-Zeitung repräsentativ erhoben hat, steht Scholz hinter AfD-Chef Tino Chrupalla und Nancy Faeser (SPD) auf Platz 20 von 20, und die SPD ist unter seiner Kanzlerschaft von 25,7 Prozent im Jahr 2021 auf derzeit 16 Prozent um rund zehn Punkte abgerutscht.

Scholz gab sich als Macher, doch das Vertrauen der Wähler scheint perdu.

Was sich dieser Tage bei den deutschen Sozialdemokraten abspielt, ist ein Paradebeispiel dafür, dass Politik in einem eigenen Kosmos mit einer eigenen Logik lebt, die mit der Welt draußen wenig zu tun hat: Die SPD-Spitze steht (noch?) fest hinter Kanzler Olaf Scholz als Kanzlerkandidat und will von einem Wechsel zum beliebten Verteidigungsminister Boris Pistorius nichts wissen. Mit anderen Worten: Der nahezu unbeliebteste Politiker des Landes soll die SPD zum Sieg führen, während der beliebteste brav abseits im Glied steht.

Verteidigungsminister Boris Pistorius

Eine Logik, die sich in diesen Tagen auch vielen Genossen nicht mehr erschließt. Prominenteste Stimme: Ex-SPD-Chef Franz Müntefering (84).„Kanzlerkandidatur ist kein Spiel, das zwei oder mehr Kandidaten abends beim Bier oder beim Frühstück vereinbaren oder das ein Vorrecht auf Wiederwahl umfasst“, gab er dieser Tage im Tagesspiegel zu Protokoll. Und auch in der SPD-Bundestagsfraktion werden inzwischen Stimmen laut, die sich mit dem beliebten Pistorius mehr Chancen für den Wiedereinzug ins Parlament ausrechnen, als mit dem Ampel-Verlierer Scholz.

Franz Müntefering neben dem amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz.

„Es ist meine klare Meinung, dass wir mit Boris Pistorius in den Wahlkampf ziehen sollten“, sagte etwa der rheinland-pfälzische Abgeordnete Joe Weingarten dem SWR. „Ich trete klar dafür ein, mit Boris Pistorius als Kanzlerkandidaten anzutreten.“ Auch andere Genossen sehen das im Bundestag inzwischen so. Es sind traditionell die Mandatsträger, die in Zeiten schlechter Umfragen die Nerven verlieren und sich ausrechnen, ob ihr Job mit diesen Zahlen noch sicher ist oder nicht. Bleibt es bei den aktuellen 16 Prozent, dann muss sich rund ein Drittel der 207 SPD-Abgeordneten nach der Wahl einen neuen Job suchen.

Für die Führungsriege der SPD sind die wachsenden Zweifel an Scholz’ Eignung und Zugkraft äußerst heikel. „Olaf Scholz ist der Kanzler. Und alle, die in der SPD Verantwortung tragen, haben in den letzten Tagen auch deutlich gemacht, dass wir hinter ihm stehen“, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil am Wochenende. Für die SPD sei es nun wichtig, „dass wir uns inhaltlich auseinandersetzen mit dem Bundestagswahlkampf, aber nicht über Personal diskutieren“.

Für Lars Klingbeil könnte das Geschacher um den Kanzlerkandidaten zum Ende der Karriere führen.

Motto: Jetzt nicht den Kanzler und Spitzenkandidaten beschädigen. Jede Debatte über die Eignung des Frontmanns demontiert nicht nur die Person (soweit das überhaupt noch möglich ist), sondern zieht auch die Werte der Partei nach unten. Je länger dieser Zustand dauert, desto mehr droht eine interne Schlammschlacht, bei der auch der Nachfolger beschädigt werden könnte. Rein technisch betrachtet, muss die kommende Kampagne auf den Spitzenmann zugeschnitten und mit dessen Bildern geplant werden.

Aber auch der Vorstand verliert an Autorität, wenn er zu lange versucht, eine Personalie gegen den Willen der Basis und der Mandatsträger durchzudrücken. Gerade die SPD hat ungute Erfahrungen mit solchen Situationen gemacht. Dramatischer Höhepunkt war der Parteitag im November 1995 in Mannheim, auf dem Oskar Lafontaine SPD-Chef Rudolf Scharping stürzte. Je kraftvoller der aktuelle Widerstand an der Basis wird, desto schneller muss auch die Parteispitze handeln, damit Pistorius nicht vom Hoffnungsträger zum Notnagel wird. Schon jetzt ist absehbar, dass die kritischen Stimmen kaum so bald verstummen werden. Eine Partei aber, die nicht einmal selbst an ihren Spitzenkandidaten glaubt, wird auch bei den Wählern nicht erfolgreich sein.

Wäre Boris Pistorius der bessere Spitzenkandidat?

Noch wartet Olaf Scholz ab, ob und wie stark der Gegenwind zunimmt. Gerade lang gediente Politiker haben im Laufe der Karriere gelernt, dass man solchem Druck nicht zu leicht nachgeben darf. Es ist kein Zufall, dass Angela Merkel (CDU) der einzige Kanzler der Nachkriegszeit war, der von selbst ging und nicht abgewählt oder von anderen Umständen zum Rückzug gezwungen wurde.

Klammert sich Scholz jetzt zu lange an seine Spitzenposition, ruiniert er nicht nur seine Chancen, sondern auch die seiner Partei. Wirft er in den nächsten Tagen ohne Kampf hin, ist er für den Rest der Amtszeit politisch machtlos.

In jedem Fall gilt: Der Austausch des Spitzenkandidaten kurz vor einer Wahl ist riskant und macht eine schlechte Startposition nicht zwingend besser. Ex-SPD-Chef Martin Schulz und Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris sind die besten Beispiele.

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