
„Vor einigen Jahren waren Möbelhäuser noch Erlebnisorte“, erinnert sich Markus Meyer, Präsident des Handelsverbandes Möbel und Küchen (BVDM) in der Welt. „Da ist die ganze Familie an den Stadtrand gefahren und hat viele Stunden im Möbelhaus verbracht. Die Kinder waren im Spieleparadies, die Eltern sind durch die Abteilungen geschlendert und zwischendurch haben alle im hauseigenen Restaurant günstig gegessen.“
Heute kann von Ausflugsstimmung keine Rede mehr sein. Die Realität in den großen Wohnpalästen am Rande der Städte ist völlig anders. „Es kommen vor allem Bedarfskäufer, die gezielt nach bestimmten Möbeln suchen“, sagt Meyer. „Schlendern und stundenlanges Verweilen ist dann nicht mehr“. Die ersten Häuser bauen bereits ihre Restaurants zurück, weil sie nicht mehr gebraucht werden. Und Kinderbetreuung ist auch nicht mehr überall Standard. Die Frequenzen reichen nicht mehr aus – um zehn bis 20 Prozent sind die Besucherzahlen in den vergangenen beiden Jahren eingebrochen, berichtet Meyer. In einzelnen Monaten habe das Minus sogar bei 30 bis 40 Prozent gelegen.
2024 lag das Umsatzminus bei sechs bis acht Prozent, zeigen Hochrechnungen des Instituts für Handelsforschung Köln (IfH) – trotz merklicher Preiserhöhungen. „Wir brauchen dringend wieder diejenigen Kunden, die Lust auf Konsum und Spaß am Einrichten haben.“ Denn es werde immer schwerer, große Flächen sinnvoll zu betreiben. „Die ausgestellte Ware muss spätestens alle zwei Jahre komplett umgeschlagen sein, damit die Flächen attraktiv bleiben und nicht alt wirken.“
Für manche schon Tradition: der Hotdog beim Besuch des schwedischen Möbelhauses.
Gründe für die Krise gibt es mehrere. Es fängt bei der allgemeinen Konsumzurückhaltung und fehlender Kauflaune an, dazu kommt eine Art Marktsättigung durch vorgezogene Verkäufe in der Corona-Zeit. Der lahmende Wohnungsbau infolge sinkender Baugenehmigungen ist ein weiterer wichtiger Faktor. Deshalb wird weniger ein- und umgezogen, das hemmt die Nachfrage nach Sofas, Küchen, Betten und Co. Es macht sich eine Art Panik breit in der Branche. „Die Ausschläge 2023 und 2024 haben eine Größenordnung, die man bisher nicht kannte“, sagt Markus Meyer. „Deswegen ist die Sensibilität bei den Unternehmen jetzt anders.“
„Viele Händler sind gerade bereit, ihre Unternehmen abzugeben“, sagt Meyer. „Den meisten gehören auch die Immobilien, in denen die Möbelhäuser untergebracht sind. Das ist deren Familienvermögen.“ Für diese teils 50.000 Quadratmeter großen Gebäude gebe es kaum alternative Nutzungsmöglichkeiten. Für eine Umwidmung in einen Baumarkt fehlt zum Beispiel die Traglast. Logistiker stören sich an der Mehrgeschossigkeit.
Rund ein Drittel der Möbel Made in Germany werden bereits im Ausland verkauft. Das hilft aber den vielen Familien nicht, die mehr oder weniger regelmäßig in ihrem Möbelhaus in Deutschland essen gehen wollen. Denn was ist leckerer als ein Hot Dog bei Ikea oder eine Bratwurst bei Porta? Die schmecken auch ohne Möbel. Nur wird man sie ohne Möbel nicht mehr kriegen.