Immobilienmarkt im Würgegriff der Zentralplaner

vor etwa 8 Stunden

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Bildquelle: Tichys Einblick

Die neue Bundesregierung läuft sich warm. Und es kann nichts schaden, sich im grünen Wirtschaftswende-Wunderland Deutschland ein wenig zu strecken und zu dehnen, bevor man sich ans Bewirtschaftungswerk macht. Die Hälfte unserer Wirtschaftsleistung mäandert durch die Hände des Staates und seines weitverzweigt-wuchernden Geflechts von Institutionen. Es ist das Werk des Euro-Bürokratismus, der in der beinahe schon klassischen deutschen Regelungswut einen kongenialen Doppelpartner gefunden hat. Nur so war es möglich, immer größere Teile des Wirtschaftslebens in die Fesseln staatlicher Bürokratie und Regulierung zu legen.

Die Bauwirtschaft hat bislang möglicherweise den größten Aderlass auf dem Weg zum Interventionsstaat geleistet.

Wer in Deutschland den Mut aufbringt, ein Einfamilienhaus zu bauen, begibt sich auf vermintes Gelände, überwachsen von einem Paragrafendschungel. Über 20.000 Bauvorschriften bremsen Planungs- und Genehmigungsprozesse. Jede Kommune erlässt eigene Satzungen, jedes Bundesland eigene Bauordnungen. Hinzu treten die wahnwitzigen Energiestandards, Solarpflichten, Schallschutz und DIN-Normen – ein Dickicht aus Verboten und Formularen. Dazu explodierende Baukosten durch hohe Energiepreise, Mindestlöhne, Materialmangel und die omnipräsente Bürokratie, die ihren Teil vom Kuchen fordert.

Die Mitepreisbremse ist in diesem Kontext der medienwirksame abschließende Akt im politischen Kampf gegen privates Kapital auf dem Immobilienmarkt.

Kurz: Der Staat hat sich in seinem Regulierungswahn ideologisch verrannt. Seine kafkaeske Dominanz-Geste, die eine Flut an Regulierungen und Gesetzesvorschriften gebar, hat die Kräfteverhältnisse zwischen Souverän und Staatsbürokratie in ihr Gegenteil verkehrt. Folgt die Politik diesem Kurs, so wird ein vitaler Immobilienmarkt mit privaten Investoren, Bauherren, und freier Kontraktfindung in Deutschland nur noch in rudimentärer Form eine Zukunft haben.

In diesem Umfeld plant nun die neue Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) private Vermieter künftig „härter zur Rechenschaft zu ziehen“. Nach der Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 kündigte sie eine politische Zeitenwende im Mietrecht an: Wo bislang bei Verstößen gegen die Mietpreisbremse nur Rückzahlungen verlangt wurden, sollen nun Bußgelder verhängt werden. Verstöße gegen das Regelwerk, so Hubigs Forderung, sollen nicht länger als Kavaliersdelikt gelten, sondern als ordnungswidrige Handlung mit Sanktionen belegt werden.

Mitten im politischen Versagen nun also ein wenig Klassenkampf-Rhetorik als politisches Placebo. Es wäre interessant zu erfahren, was Wirtschaftsfachmann Friedrich Merz von all dem hält. Doch der Mann, der bei Amtsübernahme das größte Schuldendebakel der Bundesrepublik in Angriff genommen hat, dürfte sich auch in diesem Falle geschmeidig in die illustre Runde seiner sozialistischen Koalitionsmitstreiter zurückfallen lassen.

Weshalb gegen die etablierte Mehrheitsmeinung argumentieren und womöglich einen inneren Konflikt riskieren? Die Zeit, in der Merz als Advokat der freien Marktwirtschaft auftrat, ist längst verblasst.

Selbst Merz hat erkannt, dass der Zeitgeist das wärmende Verlies des Kollektivismus dem kalten Windzug von Eigenverantwortung und individueller Souveränität vorzieht.

Hubig simuliert derweil Handlungskompetenz und verkündet im Berliner Funktionärs-Duktus die Einsetzung einer Expertenkommission. Nach der politischen Sommerpause werden sich dann die Experten des Ministeriums mit Experten aus den Parteien und, sollte Bedarf bestehen, möglicherweise auch Vertreter der Bauwirtschaft der Klemme am Immobilienmarkt annehmen. Aus Erfahrung wissen wir, dass die Flucht in solche Gremien bereits das politische Scheitern impliziert.

Hubig nahm im Grunde genommen die Ergebnisse dieser Expertenrunde bereits vorweg. Im Subtext ihrer Ausführungen schimmerte immer wieder ein Vorwurfe durch: Schuld an der Misere am Bau und bei den hohen Mieten sind selbstverständlich die Vermieter.

Die Politik aus dem Lichtkegel der Schuld zu ziehen, in dem „das Kapital“ publikumswirksam und Ressentiment-beladen, ganz im sozialistischen Duktus, an den Pranger gestellt wird, ist unethisch und gesellschaftspolitisch verantwortungslos.

Die Politik zieht in der Erklärungsnot spalterische Rhetorik und die schleichende Erosion der Eigentumsrechte einer Reform des Regelwerks am Bau vor. Ein Armutszeugnis, ein erbärmlicher Rückzug aus der Verantwortung. Denn nicht nur die Mietpreisbremse soll verschärft werden, auch Index-Mietverträge, befristete Vermietungen und möbliertes Wohnen sollen nun neu geregelt werden.

Geht es nach Hubig, gehört der freie Privatkontrakt der Vergangenheit an. Alles soll unter den Schutzschirm staatlicher Obhut gezwungen werden.

Private Vermieter werden so pauschal unter Generalverdacht unlauterer Geschäftspraktiken gestellt.

Dabei gilt doch schon heute: Die Mietpreisbremse erlaubt lediglich einen Aufschlag von zehn Prozent Aufschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete – mit klaren Ausnahmen für Neubauten und im Falle umfassender Modernisierungen. Schon heute kann ein Mieter zu viel gezahlte Miete von seinem Vermieter zurückfordern. Doch einmal dem sozialdemokratischen Regulierungsfuror verfallen, soll nach Hubig nun eine direkte Strafandrohung durch den Staat die private Absprache ersetzen. Deutschland verwandelt sich auch auf diesem Feld zunehmend in einen Kommandostaat.

Hubig argumentiert mit sozialer Fürsorge. Viele Mieter würden sich nicht trauen zu widersprechen – also müsse der Staat es für sie tun. Doch was hier als Schutzmaßnahme verkauft wird, ist eine weitere Delegitimierung des Eigentümers. Am Ende droht eine Mietkultur, in der nicht Vertragssicherheit, sondern Denunziation und Misstrauen regieren.

Was kommt als Nächstes? Ein Mietpranger im Internet?

Das Ergebnis dieser Politik schlägt sich im Zahlenwerk der Bauwirtschaft nieder. Die intensive Regulierungsarbeit deutscher und Brüsseler Bürokraten hat zu einem Kollaps der deutschen Bautätigkeit geführt. Seit den Corona-Lockdowns ist das Bauvolumen um 12 Prozent eingebrochen, die Zahl der Baugenehmigungen schrumpfte um fast 30 Prozent.

Dabei wären jährlich mindestens 400.000 neue Wohnungen notwendig – gebaut wurden im letzten Jahr jedoch nur rund 252.000. Das Defizit summiert sich inzwischen auf über 900.000 Einheiten.

Dass die Politik in der Massenmigration in das deutsche Sozialsystem einen zusätzlichen Belastungsfaktor geschaffen hat, dem keine Bauwirtschaft der Welt hätte standhalten können, wird naturgemäß nicht diskutiert. Immerhin lässt sich dieses Problem nicht auf die Rechnung der Bauherren schreiben.

Politik nutzt temporäre Friktionen Der Immobilienmarkt ist naturgemäß ein träger Reaktionsmechanismus. Aus finanzwirtschaftlichen und bautechnischen Gründen reagiert er auf wachsende Nachfrage nach Wohnraum zeitlich verzögert. Stets vorausgesetzt, dass die Politik das Preissignal nicht bereits im Vorfeld erstickt.

Genau in diese temporäre Verzögerung der Scharnierfunktion des Marktes stößt die Politik vor, wenn sie diese Friktion öffentlichkeitswirksam und regulatorisch nutzt, um sich zum Advokaten des kleinen Mannes aufzuschwingen.

Der Instrumenteneinsatz ist altbacken: Mit Mietpreisbremsen, Zerschlagung von Wohnungsbauunternehmen oder durch direkte Verstaatlichung initiiert der Staat eine tödliche Interventionsspirale. Und in jeder Drehung dieser Spirale schmelzen die Rendite-Potenziale privater Bauherren in sich zusammen. Der Bau kommt zum Erliegen, Sanierungsarbeiten bleiben aus, die Gebäudesubstanz verfällt.

Ein Ausbruch aus dieser regulatorischen Todesspirale wäre möglich. Auch der Immobilienmarkt funktioniert à la longue wie jeder andere Markt am effizientesten, zöge sich der Staat vollständig aus ihm zurück. In seinem Rückzug müsste er selbstverständlich das goldene Kalb der Mietpreisbremse genauso schlachten, wie er sich von den Katalogen der Klimaregulierung zu verabschieden hätte.

Soweit die schöngeistige Theorie.

Nach wenigen Wochen der Erfahrung mit der neuen Bundesregierung müssen wir allerdings konstatieren, dass Friedrich Merz nicht der Mann sein wird, der die Wende bringt. Merz hat in seinen frühen Jahren als Parlamentarier aus szenischen Motiven die ordnungspolitische Klaviatur gespielt. Es war alles Camouflage, momentbezogener Opportunismus. Merz glaubt nicht an die positiven Kräfte der freien Marktwirtschaft. Andernfalls würde er seiner Kabinettskollegin Hubig nun einen Riegel vorschieben und bei der Regulierungspolitik den Rückwärtsgang einlegen.

Unter seiner Ägide öffnet sich die Möglichkeit, die Unionsparteien mit der SPD, wenn nicht zu verschmelzen, so doch dauerhaft inhaltlich und polit-philosophisch zu fusionieren.

Die Koalitionspartner scheinen in der Lust an der Bewirtschaftung ein gemeinsames Stimulans für ihr politisches Handeln gefunden zu haben. Diese Brise dürfte sie eine zeitlang tragen.

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