
Laut einer Analyse von Immowelt erhalten Käufer in Wolfsburg derzeit spürbar mehr Wohnraum für ihr Geld als noch vor drei Jahren. Dem Immobilienportal zufolge reicht ein Budget von 350.000 Euro in der Autostadt inzwischen für 124 Quadratmeter – 2022 mussten sich Käufer bei dieser Summe noch mit 22 Quadratmetern weniger zufriedengeben.
Damit hat sich der Immobilienmarkt in Wolfsburg für Kaufinteressenten deutlich günstiger entwickelt als in vielen anderen Großstädten. In nahezu allen deutschen Metropolen sind die Preise pro Quadratmeter in den letzten Jahren massiv gestiegen.
Ähnliche Trends sind in wenigen Städten zu beobachten: Neben Wolfsburg ist der Erwerb von Wohneigentum nur in Chemnitz und Duisburg günstiger geworden. Während Duisburg mit 22 Extra-Quadratmetern binnen drei Jahren mit Wolfsburg gleichauf liegt, bekommen Chemnitzer im Drei-Jahres-Vergleich sogar 32 Quadratmeter mehr Wohnfläche für ihr Geld als 2022.
Wie die Braunschweiger Zeitung berichtet, standen am Donnerstag, den 26. Juni 2025, auf Immowelt.de insgesamt 242 Häuser und Eigentumswohnungen in Wolfsburg zum Verkauf. Wer auf der Suche nach mindestens drei Zimmern ist, dabei aber höchstens 200.000 Euro investieren möchte, hat immerhin 37 Angebote zur Auswahl – sowohl Neubauten als auch Bestandsimmobilien sind dabei. Mit einem Budget von 300.000 Euro steigt die Auswahl deutlich: Dann stehen bereits 95 Objekte zur Verfügung, davon 57 Häuser.
Besonders interessant: Sogar sieben Einfamilienhäuser mit über 160 Quadratmetern Wohnfläche und eigenem Garten liegen unterhalb der 300.000-Euro-Marke. Darunter befindet sich auch ein rund 120 Jahre altes Haus – sanierungsbedürftig, aber mit großem Grundstück, altem Baumbestand und drei Garagen, für 199.000 Euro zu haben.
Auch bei Immoscout finden Kaufinteressenten derzeit zahlreiche Optionen. Wer maximal 250.000 Euro ausgeben möchte, wird unter anderem bei Bungalows oder Reihenhäusern fündig, ebenso bei Doppelhaushälften. Weitere interessante Angebote gibt es in anderen Stadt- und Ortsteilen. Wer sich mit weniger Wohnfläche zufriedengibt, kann in der Wolfsburger Kernstadt kleine Eigentumswohnungen mit 50 bis 65 Quadratmetern für 110.000 bis 135.000 Euro erwerben. Manche Angebote sind sogar noch günstiger und bleiben im fünfstelligen Bereich.
Doch was steckt eigentlich hinter dem drastischen Preisrückgang bei Wolfsburger Immobilien? Es wirkt fast so, als hätte diese Entwicklung mit der anhaltenden Krise beim Autobauer Volkswagen zu tun.
Besonders 2024 war für den Konzern von erheblichen Belastungen geprägt. Der Gewinn nach Steuern brach im Vergleich zu 2023 um mehr als 30 Prozent ein. Dieser Rückgang ist vor allem auf die sinkenden Absatzzahlen des Unternehmens zurückzuführen, insbesondere im Bereich der E-Autos. Insgesamt gingen die weltweiten Autoverkäufe im letzten Jahr um 3,5 Prozent zurück.
Deshalb hatte VW bereits im zweiten Halbjahr 2024 ein umfassendes Sparpaket angekündigt. Demnach sollen „mindestens drei“ der insgesamt zehn deutschen VW-Werke geschlossen werden. Außerdem wurde die Beschäftigungssicherung aufgehoben. Betriebsbedingte Kündigungen und weitreichende Gehaltskürzungen stehen bevor (Apollo News berichtete).
Wolfsburg ist eine Stadt, die wirtschaftlich nahezu vollständig von Volkswagen abhängig ist: Rund 60.000 Menschen arbeiten vor Ort direkt für VW, und so gut wie jeder Einwohner der Autostadt hat zumindest familiäre oder freundschaftliche Verbindungen zum Konzern.
Es ist daher nur logisch, dass sich die Finanzkrise bei Europas größtem Autobauer auch auf den Immobilienmarkt in Wolfsburg auswirkt. In der Theorie lassen sich die sinkenden Immobilienpreise in Wolfsburg wie folgt erklären: Viele VW-Mitarbeiter und ihre Familien sind besorgt um ihre berufliche Zukunft und fürchten zudem Wertverluste bei ihren Immobilien. Das führt dazu, dass zahlreiche Eigentümer ihre Häuser und Wohnungen verkaufen wollen, während potenzielle Käufer aufgrund der unklaren wirtschaftlichen Perspektiven zögern, neue Immobilien in der Autostadt zu erwerben. Diese Kombination aus steigendem Angebot und geringerer Nachfrage drückt die Preise nach unten.
Wie aus Medienberichten hervorgeht, hinterlässt die Krise bei VW auch deutliche Spuren im Stadtbild: Die Innenstadt präsentiert sich wie ausgestorben. Zahlreiche Läden stehen leer, etliche Cafés und Bars bleiben nahezu unbesucht. Schon während der Corona-Pandemie war die Zahl der Gäste in Gastronomie und Hotellerie stark zurückgegangen – jetzt hat sich diese Entwicklung noch einmal verschärft.