
Die Zahlen sind alarmierend und sprechen für sich: Laut einer Studie der Gewerkschaft NGG ist die Zahl der Betriebe im Bäckerhandwerk in den vergangenen zehn Jahren um ein Drittel auf 8100 gesunken. 20.000 Arbeitsplätze sind in der Branche verschwunden – 21,8 Milliarden Euro weniger Branchenumsatz. Man kann sagen: Das Bäckerhandwerk ist eine gefährdete Art.
Legendär wurde die Einlassung von Wirtschaftsminister Habeck bei Maischberger. Habeck sagte, ein Bäcker, der keine Brötchen mehr produzieren könne, sei nicht unbedingt insolvent. Was Sandra Maischberger zu Recht so kommentierte: Ein Bäcker, der keine Brötchen mehr backen kann, ist pleite, sonst nichts.
Der Berliner Bäckermeister Patrik Seefluth von der „Konditorei Laufer“, den sie auf unserem Foto sehen, rechnete bei NIUS vor: „Im Jahr 2023 hatten wir monatliche Rohstoffkosten von circa 40.000 Euro. Das sind im Jahr 2024 jetzt 50.000 Euro geworden. Wir haben Lohnkosten gehabt im Jahr 2023 von monatlich 130.000 Euro, wir sind jetzt bei 150.000 Euro angelangt.“
Berliner Bäckermeister Patrik Seefluth im Gespräch mit Ralf Schuler.
Der größte Preistreiber sind die gestiegenen Energiekosten. Ein anderer Bäckermeister, Heinz Hintelmann, hat zurzeit sieben Mitarbeiter. Er sieht keine Chance, diese Mitarbeiter nach Jahrzehnten der Nachtarbeit an neue Zeiten zu gewöhnen, wie es die Gewerkschaft anregt, um den Bäckerberuf attraktiver zu machen: Tagsüber den Teig vorbereiten, nachts backen. „Wenn ich nach sieben oder acht Stunden aufhöre zu arbeiten, dann wird das nichts“, sagt der Hamburger in der Welt.
Alle klassischen Bäckereien haben Nachwuchssorgen. Der Generationenwechsel ist ein typischer Punkt, an dem kleine Betriebe aufgeben – oder sich von größeren kaufen lassen. So entdecken Finanzinvestoren die Branche. Der Frankfurter Risikokapitalgeber Blue World etwa kauft Ketten ohne Nachfolger als „Haus der Bäcker“ auf. Inzwischen vereint es neun Betriebe mit zusammen 280 Filialen. Ähnlich agiert Auctus Capital. Die Münchener haben sechs regionale Ketten zusammengekauft. Unter dem Namen „Panarium“ (Brotkorb) führen sie nun 330 Filialen. So schützen sich diese neuen Bäckerei-Ketten gegen eine immer größer werdende Konkurrenz. Backstationen von Edeka und Lidl oder auch Billigketten wie Backwerk. Und gerade die sind für die kleinen Bäckereien besonders gefährlich – sie sind deutlich günstiger und backen immer wieder frisch nach.
Deutschland ist das Land mit den meisten Brotsorten weltweit: 3000. Deutsches Brot ist Weltkulturerbe und schmeckt unvergleichlich. Das haben wir unseren Bäckern zu verdanken. Wir sollten sie nicht im Stich lassen.
Rettet unser schönes Brot!
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