Indien mitten im Zollkrieg: Warum hofiert Trump Pakistan?

vor etwa 5 Stunden

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Neu-Delhi hatte mit Zuversicht auf Trumps zweite Amtszeit geblickt. Nun ist man dort über Trumps Zolldrohungen entsetzt. Der US-Präsident hat kürzlich zusätzliche Strafzölle von 25 Prozent gegen Indien verhängt, da das Land Geschäfte mit Moskau tätigt. Damit verdoppelt sich der Zollsatz für viele Produkte auf 50 Prozent. Diese Zölle liegen deutlich über denen gegen andere asiatische Länder wie Indonesien, den Philippinen, Vietnam und Japan.

Mit seiner Zollankündigung gegen Indien stellt Trump sein eigenes außenpolitisches Erbe der ersten Amtszeit infrage. Er hatte Indien als Bollwerk gegen China im Indopazifik positionieren wollen. In Washington wurde Indien generell über die Parteigrenzen hinweg als wichtiger Gegenpol zu China in Asien gesehen. Deshalb haben die USA versucht, Indien einzubinden, beispielsweise in der Quad-Gruppe, einer Sicherheitsallianz, der auch Japan und Australien angehören. Im Zuge des Handelskonflikts mit den USA steht Premierminister Modi jedoch vor der Schwierigkeit, dass Indien nicht einfach auf die USA als Partner verzichten könnte. Zwar ist die indische Wirtschaft nicht stark exportorientiert, doch ein Zollsatz von 50 Prozent würde das Land im Wettbewerb mit anderen asiatischen Staaten deutlich benachteiligen. Zudem hat Trump US-Unternehmen wie Apple kritisiert, die ihre Produktionsstätten in Indien ausgebaut haben, um weniger von China abhängig zu sein. Damit ist ein wichtiger Pfeiler der Wirtschaftspolitik der Regierung Modi gefährdet. Hinzu kommt, dass die Abkühlung der Beziehungen zwischen Washington und Neu-Delhi mit Trumps Bemühungen um engere Beziehungen zu Indiens Nachbarland Pakistan zusammenfällt.

Unlängst wurde Pakistans mächtiger Feldmarschall Asim Munir von US-Präsident Trump im Weißen Haus zu einem privaten Mittagessen empfangen. Dies war eine Ohrfeige für die indische Führung nach dem jüngsten Krieg zwischen Indien und Pakistan. Im Mai lieferten sich die beiden rivalisierenden Atommächte einen viertägigen Krieg, der laut Trump dank der Vermittlung der USA beendet wurde. Indiens Premierminister Narendra Modi wies diese Darstellung jedoch zurück.

Angesichts des andauernden Handelskriegs haben sich die Beziehungen zwischen den USA und Indien Ende Juli weiter verschlechtert. Trump brandmarkte Indien als „tote Volkswirtschaft“ und lobte zugleich ein neues Handelsabkommen mit Pakistan. Die aktuelle Lage erinnert viele Inder an die Entsendung des Flugzeugträgers USS Enterprise im Indischen Ozean. US-Präsident Nixon hatte 1971 den Flugzeugträger als militärische Drohgebärde gegen Indien im Konflikt mit Pakistan entsandt. Nach dem Ende des Kalten Kriegs war in Indien lange Überzeugungsarbeit nötig, um das Misstrauen gegenüber den USA abzubauen, die Pakistan jahrzehntelang einseitig unterstützt hatten.

Die Beziehungen zwischen den USA und Pakistan haben sich in den vergangenen Jahren abgekühlt, nachdem US-Truppen Osama bin Laden 2011 in seinem pakistanischen Versteck getötet hatten. Zehn Jahre später nach dem Abzug der US-Truppen aus Afghanistan verloren die USA schließlich das Interesse an Pakistan. In den vergangenen Jahren geriet die Bekämpfung des Islamismus in der US-Agenda in den Hintergrund, während der Aufstieg Chinas den Amerikanern immer mehr Sorgen bereitete. Washington versuchte daher, Indien als neuen Gegenpol zu China in der Region zu etablieren.

Nun ist jedoch ein Korrekturkurs der US-Amerikaner zu beobachten. Die USA und Pakistan bauen ihre Beziehungen wieder auf, was Indien verärgert. Islamabad und Washington unter Trump haben bereits gemeinsame Wirtschaftsinteressen bei Kryptowährungen, Seltenen Erden und Rohstoffen signalisiert. Im vergangenen Monat unterzeichneten die USA und Pakistan ein Abkommen, das vorsieht, dass Washington die Ölreserven des südasiatischen Landes erschließt – im Gegenzug werden die Zölle auf pakistanische Exporte in die USA gesenkt.

Trump möchte Pakistan als starken Akteur in der Region fördern und als alternative Ordnungsmacht gegenüber dem Iran etablieren. Zudem möchte er weitere muslimische Länder dazu bewegen, diplomatische Beziehungen mit Israel aufzunehmen. Ein geschwächter Iran wäre zwar nicht im Interesse Indiens, könnte Pakistan in der Region jedoch weiteren Einfluss verschaffen. Für Indien ist der Iran wichtig, da Neu-Dehli versucht, dem China-Pakistan-Wirtschaftskorridor entgegenzutreten, der ein Teil der chinesischen „Neue Seidenstraße“-Initiative in der Region ist. Dabei dient der Iran Indien als Verbindungsglied nach Zentralasien. Indien hat Milliarden in den iranischen Hafen Chabahar investiert, um eine direkte Verbindung zu Zentralasien herzustellen. Dieser Hafen konkurriert mit dem pakistanischen Hafen Gwadar. Der Iran-Israel-Konflikt gefährdet jedoch Indiens Pläne zur Verbesserung der Konnektivität und behindert den lang erwarteten Fortschritt des internationalen Nord-Süd-Korridors, an dem auch Moskau beteiligt ist.

Anders als Indien bezog Pakistan im Iran-Israel-Krieg klar Stellung. Das Land verurteilte die israelischen Angriffe vor den Vereinten Nationen und beharrte auf dem Recht des Iran auf „Selbstverteidigung“. Darüber hinaus kritisierte Pakistan das Vorgehen Israels auf dem Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO), während Indien sich der Diskussion enthielt. Wichtig dabei war, dass der Iran-Israel-Krieg ausbrach, als das pakistanische Militär versuchte, die Beziehungen zu den USA – Israels engstem Verbündeten – zu verbessern. Indien unterhält freundschaftliche Beziehungen sowohl zu Israel als auch zum Iran. Dieser Balanceakt war bisher entscheidend, da Indien seinen Einfluss in der Region wahren und seine strategischen Interessen schützen möchte. Nun wird die Balanceakt-Politik der Inder auf internationaler Ebene zum Verhängnis – sei es im Ukraine-Konflikt, sei es im Nahost-Konflikt. Pakistan hingegen versucht, eine aktive Rolle in der islamischen Welt zu übernehmen und zugleich die Beziehungen zu den USA auszubauen.

Angesichts des Drucks aus den USA gibt es in Indien Stimmen, die für eine Annäherung an China plädieren. Erste Schritte der Normalisierung gibt es bereits. So wird Modi Ende August zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder nach China reisen. Dann findet das Treffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) statt. Zudem stärkt Indien derzeit seine Beziehungen zu anderen Akteuren, darunter der EU.

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