
Der Technologiekonzern ZF Friedrichshafen plant offenbar eine weitreichende Verlagerung von Teilen seiner Produktion vom Standort Saarbrücken ins ungarische Eger. Dies geht aus einem internen Video hervor, das Betriebsräte vor Kurzem der Belegschaft präsentierten. Darüber berichtete die Saarbrücker Zeitung. Demnach sollen wesentliche Produktionsbereiche, darunter mehrere Generationen von Automatikgetrieben sowie sogenannte „Reducer“ künftig in Ungarn gefertigt werden. Die Fertigung der elektrischen Antriebe war ursprünglich erst 2024 für Saarbrücken vereinbart worden.
Patrik Buchholz, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender in Saarbrücken, äußerte scharfe Kritik an den Plänen: „Wer glaubt, dass wir uns das gefallen lassen, hat sich getäuscht“, sagte er der Saarbrücker Zeitung. Die Maßnahmen bedeuteten einen „Angriff auf den Standort Saarbrücken“ und auf bestehende Vereinbarungen.
Laut Buchholz plant das Unternehmen zusätzlich den Abbau übertariflicher Leistungen sowie betriebsbedingte Kündigungen. Diese sollen bereits zum kommenden Jahreswechsel erfolgen, wie es intern heißt. Die IG Metall Saarbrücken wollte sich auf Anfrage gegenüber der Saarbrücker Zeitung dazu nicht äußern.
Für Unruhe sorgte auch eine Aussage der Personalvorständin Lea Corzilius bei einer Betriebsversammlung in Friedrichshafen. Sie habe dort betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen. ZF selbst kommentierte Vorgänge nicht und verwies auf „interne Vorgänge“, zu denen man sich öffentlich nicht äußere.
Die Verlagerung betrifft einen der bedeutendsten Standorte von ZF in Deutschland. In Saarbrücken arbeiten derzeit rund 8.500 Beschäftigte. Bereits 1.300 Stellen wurden über auslaufende Zeitverträge abgebaut. Insgesamt sollen mindestens 4.500 Arbeitsplätze wegfallen, bundesweit ist von bis zu 14.000 Stellenstreichungen die Rede. Konzernweit beschäftigt ZF rund 54.000 Menschen in Deutschland, weltweit sind es etwa 161.000.
Der ungarische Standort Eger gehört seit mehr als zwei Jahrzehnten zum Konzern und wurde zuletzt mit Investitionen in Höhe von rund 100 Millionen Euro modernisiert. Die dortige Produktion umfasst manuelle und automatische Getriebe sowie deren Komponenten. Eine neue Halle mit 40.000 Quadratmetern Fläche erlaubt eine Jahresproduktion von bis zu 150.000 Getrieben.
Mit großer Spannung wird die nächste Sitzung des Aufsichtsrats am 29. Juli in Friedrichshafen erwartet. An diesem Tag sind konzernweite Protestaktionen an über 20 deutschen ZF-Standorten durch die IG Metall angekündigt. Gewerkschaft und Betriebsräte sehen die geplanten Maßnahmen als existenzielle Bedrohung für den Standort Saarbrücken und kündigen Widerstand an.