Friedrich Merz kämpft um eine bessere Stimmung im Land

vor etwa 18 Stunden

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An zwei Erzählungen stricken Regierung und regierungsnahe Medien über diesen Sommer: Das eine ist die unerträgliche und tödliche Hitzedürrewelle. An den beiden Tagen, an denen das Thermometer über 30 Grad Celsius stieg, bombardierten die üblichen Medien die Bürger mit Panikattacken, die an Karl Lauterbachs wüsteste Zeiten während der Pandemie erinnerten. Die ARD hatte zwar in ihrer Berichterstattung den Visa-Skandal ausgeklammert, den die grüne Außenministerin ausgelöst hat – doch die zweitägige Hitzewelle war dem Sender ein “Brennpunkt” wert.

Die andere Erzählung ist die vom Stimmungsumbruch. Den wollte die schwarz-rote Koalition und vor allem ihr Kanzler Friedrich Merz (CDU) herbeiführen. Dafür wollten sie als Regierung den Dauerstreit beenden, der die Zeit der Ampel geprägt hat. Obendrein wollten sie einen Aufbruch in der Wirtschaft hinkriegen. Die Stimmung habe sich schon gedreht, beschwor der Kanzler in seiner Sommerpressekonferenz. Ganz im Sinne eines seiner Vorgänger, Ludwig Erhard (CDU), wonach die Hälfte der Wirtschaftspolitik Psychologie sei. Nur gibt es halt auch noch die andere Hälfte: Am gleichen Tag von Merz Pressekonferenz vermeldet die Wirtschaftsvereinigung Stahl einen Einbruch der deutschen Stahlproduktion um zwölf Prozent im Jahresvergleich.

Nun will das Bündnis “Made for Germany” dem Kanzler helfen, die Stimmung ins Positive zu wenden. 300 Milliarden Euro würden sie demnächst in Deutschland investieren, kündigten die Unternehmen zuerst im Handelsblatt an. Das legte jetzt nach, es sei eine durchaus höhere Summe möglich. Wer dem Bündnis angehört, war anfangs nicht so klar. Das Handelsblatt berichtete zuerst von Siemens und der Deutschen Bank, die Wirtschaftswoche bringt nun Rheinmetall ins Gespräch, der Axel-Springer-Verlag sich selbst über sein Flaggschiff, die Bild.

Der erste Aufschlag verpuffte. 300 Milliarden Euro an Investitionen beeindrucken offenbar niemanden mehr. Die Bundesregierung wird da Opfer des Fluchs der großen Zahlen, den sie selbst ausgesprochen hat: 850 Milliarden Euro macht der Bund an zusätzlichen Schulden. Damit steigt allein seine gesamte Schuldenlast auf 2,5 Billionen Euro. Wenn der Staat aber 850 Milliarden Euro Schulden aufnehmen muss, um 300 Milliarden Euro an Investitionen auszulösen, die dann noch einen epochalen Moment darstellen sollen – dann sinkt die Bereitschaft der Bürger am Wegrand dem vorbeifahrenden Merz dafür “Vivat” zuzurufen.

Nun soll es eine höhere Summe machen. Plus die übliche öde Berliner Inszenierung eines Arbeitskreises, der dieses Mal – huiuiui – als “Gipfel” daherkommt: Große Autos fahren vor, Journalisten lagern vorm Kanzleramt, Journalisten interviewen Journalisten zur Frage, was da wohl gerade während des – huiuiui – Gipfels verhandelt werde und wenn die Spannung unerträglich wird, tritt der Kanzler vors Mikrofon tritt und verkündet, es würden sogar über 600 Milliarden Euro an Investitionen. Huiuiui.

Immer noch weniger als die Schulden, die der Staat aufnimmt, um diese Investitionswelle auszulösen. Zudem relativieren sich die Zahlen: Nur ein geringer Teil der gipfelesk verkauften Investitionen sind tatsächlich neu. Die beteiligten Unternehmen kratzen die Investitionen zusammen, die sie ohnehin schon geplant haben. In den vergangenen beiden Jahren lagen die privaten Bruttoinvestitionen auch ohne “Made for Germany” laut Statistischem Bundesamt bei rund 900 Milliarden Euro. Nur die Differenz, die am Jahresende diese 900 Milliarden Euro überschreitet, ist tatsächlich als Investitionsinitiative zu betrachten. Der Rest ist Sommertheater.

Ein zweifelhaftes Sommertheater, wenn Rheinmetall beteiligt wäre. Der Kanzler löst 850 Milliarden Euro Schulden aus. Vorerst. Für das Militär sei er bereit auszugeben, “whatever it takes”. Die allermeisten Aufträge aus diesem Bereich gehen an ein Unternehmen. Das Unternehmen wiederum nimmt einen Teil des Geldes für Investitionen, verkauft das als Offensive und Zeichen für die Stärke des Standorts, um in die Erzählung von der guten Stimmung des Kanzlers passen, dem sie “whatever it takes” an Kohle verdanken. Das ist Schmierentheater. Das soll die Stärke der deutschen Wirtschaft vorgaukeln und ist doch nur die Kulisse für ihre “Transformation” in eine Planwirtschaft, in eine Staatswirtschaft.

Der DDR-Staat machte dem Team der Erfolgsshow “Ein Kessel Buntes” einst Vorgaben. Wenn etwa der Sommer verregnet war, könnte das den Blick auf die fehlende Reisefreiheit lenken. Also sollte es in der Show besser keine Witze über das schlechte Wetter geben. Peinlich. Ja. Aber Regierungen, die in die Laune ihrer Bürger hineinregieren wollen, kommen in solch peinliche Situation. Ein – huiuiui – Gipfel, auf dem Unternehmen, die Staatsaufträge erhalten, Reinvestitionen als Zeichen der Attraktivität des Standorts anpreisen, sind eine solche Peinlichkeit.

Aber apropos Staatsfernsehen und gute Laune. Wenn Merz die Stimmung im Land verbessern will, würde es schon helfen, wenn ARD, ZDF und Co nicht jede Temperatur über 30 Grad nutzen würden, um das Klima-Armageddon zu beschwören. Dann könnten sich Menschen auf ein paar warme Tage im Sommer freuen, ohne in Panikattacken wie zur Corona-Zeit getrieben zu werden. Das Schlüsselwort zu besserer Stimmung müsste für Friedrich Merz lauten: “lassen”. Die Bürger in Ruhe lassen und ihnen mehr von den Früchten ihrer Arbeit übriglassen. Dann verbessert sich die Stimmung von ganz allein.

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