
Die Union liegt im Clinch mit sich selbst: Am Freitag soll die umstrittene Juristin Frauke Brosius-Gersdorf an das Bundesverfassungsgericht gewählt werden, und die Spitzen von CDU und CSU im Bundestag haben Zustimmung signalisiert. Auch, wenn einige Unions-Abgeordnete offenbar mit dem Gedanken spielen, die Kandidatin nicht zu wählen (Lesen Sie hier mehr).
Das mag ein Sturm im Wasserglas ohne reale Folgen bleiben – die Unions-Fraktion ist generell für Linientreue bekannt. Wie angespannt die Nerven vor allem an der politischen Basis sind, zeigen parteiinterne Chatnachrichten, über die Nius zuerst berichtet hat. Dort entzündet sich brachiale Kritik neben der Personalentscheidung vor allem an der Kommunikation.
Insbesondere Alexander Hoffmann, oberster CSU-Abgeordneter in der Unions-Fraktion, steht dafür im Feuer. Eine Erklärung seinerseits, die die CSU-Landesgruppe über ihre Kanäle verbreitete, lautete vollen Ernstes: „Wir haben das Richter-Paket geschnürt, um einen Richter mit einer klar bürgerlichen Weltanschauung nach Karlsruhe zu entsenden.“ Eine Argumentation, die angesichts zwei dezidiert linker Richter in diesem „Paket“ nur schwer verfing.
Hoffmann muss sich in der Gruppe beißender und vernichtender Kritik seiner Parteifreunde stellen – die er nur schwer kontern kann. „Nach dem Inhalt ist die Kommunikation auch nicht mehr zu verteidigen. Sorry. Was’n das?“, fragt ein Parteimitglied ungläubig. Ein anderer reagiert mit Spott auf die Kommunikation der CSU-Landesgruppe, die die Wahl von zwei linken Richtern mit der Wahl eines eher moderat-bürgerlichen Richters entschuldigen und kleinreden wollte. „Könnten Sie mir einen 20-Euro-Schein in zwei Hunderter wechseln, Herr Hoffmann?“, fasst er das fadenscheinige Tauschgeschäft, das Hoffmann hier offen vertritt, pointiert zusammen.
Der CSU-Abgeordnete wischt die Kritik, die er gar nicht zu durchdringen scheint, einfach ab: „Naja, Freunde, wir müssen ja schon auch irgendwie darstellen, warum wir das hier so machen“, antwortet er.
Die Wahl von Brosius-Gersdorf sei „nicht einfach eine fixe Idee“, schreibt Hoffmann, der außerdem beklagt, dass „die Debatte aus bestimmten Ecken hochgejagt“ werde. „Am Wochenende hatte ich Termine mit über 2000 Menschen. Kein Einziger hat mich auf dieses Thema angesprochen“, tönte der CSU-Politiker weiter.
Angesichts der Empörung und der Frustration an der konservativen Basis von CDU und CSU ein Statement, das die Situation nicht ganz zu erfassen scheint. Hoffmann beklagt intern eher die Debatte als die Nominierung, die sie ausgelöst hat – und sieht in der Diskussion gar unlautere Akteure aus „bestimmten Ecken“ am Werk. Eine Wagenburg-Mentalität, die die Situation auch in der eigenen Partei verkennt.