
Es sind neue Zahlen, die erschüttern. Zwar erhalten über 5,5 Millionen Rentner mit mindestens 45 Versicherungsjahren bei uns 1668 Euro Rente. Aber eben auch dies: Mehr als jeder vierte Rentner mit mindestens 45 Jahren in der Rentenversicherung bekommt in Deutschland weniger als 1300 Euro im Monat. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Frage des Linken-Abgeordneten Dietmar Bartsch hervor.
Dabei gibt es große regionale Unterschiede: Im Westen liegt die Durchschnittsrente bei 1729 Euro, im Osten bei 1527 Euro. Hamburg führt mit 1787 Euro, Thüringen ist Schlusslicht mit 1491 Euro. Männer bekommen im Schnitt 1778 Euro, Frauen nur 1449 Euro. Bartsch nennt das „ein Armutszeugnis für die Politik“.
Tatsächlich ist es ein Reiches-Land-Skandal: Die Altersarmut in Deutschland ist real. Das liegt an der großen Differenz zwischen Arbeits- und Alterseinkommen. Konkret: Die Renten in folgenden Ländern sind im Vergleich zu Deutschland höher. Es sind viele Länder darunter, die nicht automatisch für Wohlstand oder Reichtum stehen.
An der Renten-Spitze steht die Türkei, gefolgt von Ungarn, Portugal, den Niederlanden, Luxemburg, Österreich, Dänemark, Griechenland, Italien, Spanien, Frankreich, Slowakei, Tschechien, Slowenien, Finnland, Belgien, Island, Vereinigtes Königreich, Norwegen, Lettland – und dann kommt erst Deutschland. Berechnet wird die Tabelle nach den Prozentzahlen des jeweiligen Durchschnittsverdiensts. Also: Wie viel Prozent Rente bekommt man von seinem durchschnittlichen Brutto-Verdienst. Es wurde nicht gefragt, in welchem Land man am liebsten als Rentner leben würde.
Rentner, die Flaschen sammeln – kein seltener Anblick.
Und da sind wir in Deutschland, in dem Land, um das uns so viele beneiden, nicht zu beneiden. Wer im Supermarkt an Rabatt-Ständen vorbeigeht, sieht, was die Statistik meint: Dichtgedrängt, Angebote prüfend, wenn ein älteres Paar vor den Angeboten steht, oft miteinander tuschelnd, manchmal gedruckte Sonderangebote auf Flyern in der Hand. Diese Szenen haben sich in vergangenen Jahren verdichtet, wie jeder in den Supermärkten beobachten kann. Und vor den Supermärkten, auch das sieht man immer häufiger, sammeln Rentner alte Flaschen aus Papierkörben, um ihre Rentenkassen aufzubessern.
Die Höhe der Rente berechnet sich auf der Grundlage von Rentenpunkten, die sich am Durchschnittsverdienst in Deutschland orientieren. Das bedeutet: Wessen Bruttogehalt exakt dem Durchschnittsverdienst (2023:38.901 Euro im Jahr) entspricht, bekommt einen Rentenpunkt. Im Osten Deutschlands gibt es etwas mehr Rentenpunkte, will das Lohnniveau dort niedriger ist. Mit 45 Rentenpunkten gibt es 48,2 Prozent des Durchschnittsgehalts.
Mein gesunder Menschenverstand fragt etwas anderes: Wie viele Punkte hat Deutschland übrig für seine Alten? Für die, die ein Leben lang gearbeitet haben und nun auf das angewiesen sind, das sie selbst eingezahlt haben. Es müssten eigentlich alles unsere Ehrenbürger sein. Sie haben sich Punkte fürs Leben verdient, für ein möglichst schönes Leben im Alter.
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