
Nina Warken (CDU) ist die politische Erbin von Karl Lauterbach (SPD). Dankbare Situationen sehen anders aus. Folglich hat sie im Gesundheitsministerium viele Baustellen zu bewältigen. Würde sie für die ein oder andere davon länger brauchen, dann wäre das angesichts der Quantität und Qualität von Lauterbachs Fehlern okay. Doch in erster Linie ist Warken damit beschäftigt, den Rücken von Lauterbachs Vorgänger zu decken: dem heutigen Vorsitzenden der Unions-Fraktion im Bundestag, Jens Spahn.
Jens Spahn ist 45 Jahre alt, gilt als das große Talent der CDU und als möglicher Nachfolger von Friedrich Merz in Parteivorsitz und Kanzleramt. Als Gesundheitsminister war er so schlecht, dass er danach nur noch mit Journalisten geredet hat, die ihm vorher versprochen haben, dass sie ihn nicht auf die Zeit als Gesundheitsminister ansprechen. Als Fraktionsvorsitzender der Union hat er nach einem halben Jahr schon zwei schwere Pannen zu verantworten – eine davon, die verpatzte Wahl von Merz zum Kanzler, ist historisch einmalig.
Also kann sich Spahn alles erlauben. Auch einen „Maskendeal“ in seiner Zeit als Gesundheitsminister der Merkelschen Pandemiepolitik. Der Spiegel hat Zusammenhänge aufgeklärt, nach der sogar ein fähiger Mann zurücktreten müsste. Demnach hat er als Minister einen Maskenauftrag an eine Firma vergeben, die zu diesem Zeitpunkt erst eine Woche alt war und über keinerlei Erfahrung in diesem Bereich verfügte. Kurze Zeit nach der Auftragsvergabe gab es ein „Spendendinner“ für Spahn. Veranstaltet wurde dieses Dinner von einem Geschäftspartner jenes unerfahrenen Unternehmers, dem Spahn als Minister den maßlos überteuerten staatlichen Auftrag hat zukommen lassen.
Ein großer Teil ihrer Zeit verbringt Warken nun damit, den kommenden Mann ihrer Partei vor solchen Angriffen zu schützen: Der Sozialdemokrat Lauterbach hat als Minister die Gutachterin Margaretha Sudhof eingesetzt, um den Maskendeal zu prüfen. Deren Ergebnis – Spahn hat so überhastet, überteuert und dilettantisch eingekauft, dass ihn eigentlich keiner mehr als kommenden Mann sehen kann. Kein CEO eines Konzerns, keine Sparkasse, die eine Mitarbeiterin sucht und nicht einmal die Jahreshauptversammlung eines Kaninchenzuchtvereins, die einen neuen Kassierer wählt. Die Hinterzimmer der Union sind die letzte Bastion, in der Spahn ein kommender Mann bleibt.
Wie sie denn sicherstellen wolle, dass Spahns Fehler aufgeklärt würden, wenn sie die bisherige Gutachterin als unzulänglich betrachtet? Ob sie ein neues Gutachten in Auftrag geben wolle? Das nicht, antwortet Warken, aber eine eigens gegründete Abteilung im Haus werde sich damit beschäftigen. Die ehemaligen Mitarbeiter eines Christdemokraten und aktuellen Mitarbeiter eines Christdemokraten beurteilen also, wie gut der kommende Christdemokrat ist. Da wird bestimmt viel dabei rauskommen.
Um das abzukürzen: Jens Spahn ist der kommende Mann der Union. Das Hinterzimmer der CDU hat gesprochen. Und wenn eine Ministerin, die eigentlich dringende Aufgaben zu erledigen hätte, damit blockiert wird, den kommenden Mann zu schützen, dann soll sie das tun. Völlig egal, wie abstoßend das auf Wähler wirkt. Die haben eh nichts zu verändern, was das Hinterzimmer beschlossen hat.
Genau daher stammt der Frust des Wählers und seine Weigerung, gut gelaunt der Politik zu folgen: Der Wähler sieht die Fehler, er moniert sie, wird von der Politik aber nur abgebügelt. Als Reaktion auf diese Situation weicht der Wähler auf Parteien aus, die nicht die Hinterzimmer von CDU, CSU, SPD, Grünen und Linken als den wahren Souverän Deutschlands betrachten. Deswegen errichten die wiederum „Brandmauern“ gegen all jene, die diesen Hinterzimmern diese Macht nehmen wollen. Die „Brandmauer“ schützt vor allem die Hinterzimmer – und die Zukunft von kommenden Männern wie Jens Spahn, die bisher in allen Aufgaben komplett versagt haben.