
Es ist ein Dokument, das eigentlich das politische Berlin erschüttern müsste. Aber wie so vieles versickert auch der Bericht des Bundesrechnungshofs im gleichgültigen Mediensumpf. Die obersten Kassenprüfer der Republik liefern eine Generalabrechnung mit der Krankenhausfinanzierung während der Corona-Zeit. Dem damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) werfen sie nichts weniger als administratives Totalversagen vor.
Was als „unbürokratische Hilfe“ für Krankenhäuser angekündigt wurde, entpuppt sich nun als Paradebeispiel für planloses Regierungshandeln auf Kosten der Steuerzahler. Der sogenannte Versorgungsaufschlag, eine Milliardenpauschale zur angeblichen Sicherstellung der Versorgung, wurde ohne klare Zweckbindung ausgeschüttet. Parallel dazu gab es bereits die laufenden Förderinstrumente, zum Beispiel die Freihaltepauschale. Das Ergebnis sind Doppelfinanzierungen, Intransparenz, Kontrollverweigerung. Kurzum, man hat Geld mit der Gießkanne über ein System ausgeschüttet, das längst reformbedürftig war und bis heute ist. Heute sogar mehr denn je.
Während Spahn sich öffentlichkeitswirksam in Schnelltestzentren und Talkshows präsentierte, ließ sein Ministerium grundlegende Prüfmechanismen einfach unter den Tisch fallen. Die Bundesländer forderten einheitliche Kontrollstandards, doch Berlin winkte ab. Der Bund kapitulierte vor seiner eigenen Verantwortung. Was bleibt, ist ein undurchschaubares Förderdickicht, in dem Milliarden verschwanden. Bis heute weiß niemand, wohin – und vermutlich wollen die damals Verantwortlichen und die heute Verantwortlichen es gar nicht wissen.
Besonders schwer wiegt, dass das Bundesgesundheitsministerium noch nicht einmal versucht hat, die Wirkung seiner Maßnahmen zu evaluieren, obwohl es gesetzlich dazu verpflichtet ist. Der Steuerzahler zahlt, die Politik verweigert die Rückschau. Eine Analyse hätte womöglich offengelegt, wie viel Geld an ineffiziente Strukturen ging. Oder wie viele Kliniken künstlich am Leben gehalten wurden, deren Schließung aus medizinisch-ökonomischer Sicht längst überfällig war.
Statt diese historische Krise als Wendepunkt zu nutzen, wurde jedoch weiterverwaltet. Die altbekannte Investitionslücke der Länder? Kein Thema. Die überkommene Krankenhauslandschaft? Zementiert. Reformhebel? Fehlanzeige.
Auch die angebliche „Zukunftssicherung“ durch den Transformationsfonds wird vom Bundesrechnungshof als Nebelkerze entlarvt. Die Länder können Bundesmittel kassieren, ohne auch nur eine relevante strukturelle Verbesserung nachzuweisen. So kaschiert man Versäumnisse mit noch mehr Geld. Politische Verantwortungslosigkeit in Reinform.
Spahns skandalöse Förderpraxis reiht sich ein in eine lange Liste politischer Tabubrüche, die folgenlos bleiben. Während Steuerhinterziehung als Kapitalverbrechen an den Pranger gestellt wird, bleibt die weit größere Steuergeldvergeudung in Ministerien unbehelligt. Kein Untersuchungsausschuss, keine Rücktritte, keine Konsequenzen.
Der Bürger zahlt und schweigt. Der Staat versagt und belohnt sich selbst. Der Bundesrechnungshof hat geliefert. Jetzt könnte das Parlament beweisen, dass es seine Kontrollfunktion noch ernst nimmt. Doch danach sieht es ganz und gar nicht aus. Wer will schon seinen Posten und seine Karriere mit unangenehmen Fragen ruinieren.