
Die Bundestagspräsidentin wirft einen Linken wegen einer Baskenmütze aus dem Bundestag? War doch klar, dass Jette Nietzard da grün vor Neid wird. Offenbar auf einer Veranstaltung im Bundestag präsentiert sie sich daher mit einem Pullover mit „acab“-Aufschrift, also der linksextremen Kampfformel „All cops are bastards“ und einer Basecap mit der ebenso linksextremen Parole „Eat the rich“. Wenn es etwas gibt, was Jette kann, dann ist es, subtil Botschaften zu senden, ohne plump oder gar gewöhnlich zu werden.
Auf Instagram lässt sie dann zu ihrem Selfie abstimmen, was Julia Klöckner wohl schlimmer fände. Jan Schäfer, Politik-Chef der Bild, greift das auf X auf und schon hat Jette wieder einen Sinn im Leben. Für sie ist das alles ein Witz oder wohl eher ein Spiel. Sie wähnt sich wieder in ihrer geliebten Rolle der Femme Fatale, dem Bond-Girl, das ihre helle Freude daran hat, den stocksteifen, konservativen, weißen Cis-Männern so oder so provokant den Kopf zu verdrehen. Was, das alte Teil? Das ist doch nur ein Pullover, was ist da schon dabei? Warum interessiert es dich so sehr, was ich anhabe? Soll ich ihn etwa ausziehen?
Sobald sie bemerkt, dass sie damit, wie erwartet, ihr Verlangen nach Aufmerksamkeit stillen kann – zu dem Freud sicher eine Meinung hätte, die etwas mit Milch holen zu tun hat – durchwühlt sie ihren Kleiderschrank nach noch mehr Sachen, die die Konservativen ganz wuschig machen werden. Am nächsten Tag präsentiert sie sich auf Instagram mit einem „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“-Pulli, macht einen Kussmund und schreibt dazu: „Heute enteignen Pulli. @schaefer_bild (Jan Schäfer), ist das auch ’nen Tweet wert?“ Bitte gib mir noch mehr Aufmerksamkeit, bitte, nur noch ein kleines bisschen!
Sofern Sie sich nun zur Kommentarsektion aufmachen wollen, um mir vorzuwerfen, dass ich Jette doch jetzt auch ihre erhoffte Aufmerksamkeit gebe – keine Sorge. Ich bin eine Frau, ich glaube nicht, dass sie sich für mich interessiert. Direkt auf den Post folgt ein weiteres Selfie, wieder mit ihrer Lieblings-Kussmund-Pose und dieses Mal mit ihrer „eat the rich“-Cappie und ihrem „acab“-Pulli. Dazu die Überschrift: „Nochmal zum ACAB Pulli aber ernst“. In ihrem Text erklärt sie, wie lächerlich sie die Debatte doch finde.
„Ein Ort wo 1/4 der Menschen rechts sind, wo mehr Einzelfälle existieren als man zählen kann, Munition verschwindet und der strukturell rassistisch ist, aber nicht mal was dagegen tun will, werde ich nicht verteidigen. ACAB ist ’ne Systemkritik. Und das System ist mehr als nur kritikwürdig.“ Sehen Sie? Funktioniert wie ein Uhrwerk. Wenn Jette sich interessant machen will, sollte sie an ihrer Berechenbarkeit arbeiten. Ach, was ist da schon dabei? Ich trage doch nur einen Pulli und die bösen Polizisten machen so viele böse Sachen.
Wie beruhigend es trotzdem für Jette sein dürfte, dass diese bösen Polizisten sich anders als sie nicht aussuchen dürfen, ob sie sie weiter verteidigen wollen, wenn sie dann doch mal Polizeischutz braucht. Ich weiß, das ist auch die ewige Leier, die auf Kritik an der Polizei geantwortet wird, deshalb möchte ich jetzt auch mal weiter ausholen. Diese Debatte ist nicht lächerlich, sie ist im Gegenteil noch nicht ernst genug.
Ist es nur eine billige Provokation? Reicht ein „Junge Frau, ist dir da klar was du da sagst? Die Polizei würde auch dich beschützen!“? Und dann wird das lächerliche Pulli-Gate zu den Akten gelegt? Oder wollen wir nicht mal einsehen, dass Jette ganz genau weiß, was sie da sagt? Ach, ist doch nur Systemkritik? Wen hat soetwas denn interessiert, als ein paar besoffene Jugendliche auf Sylt „Ausländer raus!“ gegrölt haben? Hat man die nicht auch beim Wort genommen? Oder Mehmet Scholls „Hängt die Grünen, solange es noch Bäume gibt“ – haben die Grünen das etwa lächerlich gefunden?
Jettes ach so geliebte Demokratie, von der sie den ganzen Tag labert – wer verteidigt die denn? Nicht, wenn es darum geht, kess am Rednerpult zu stehen und große Reden zu schwingen, bei denen man sich wie eine linke Partisanin fühlen kann. Wenn es darum geht, sich zu prügeln, auf die Männer mit den Baseballschlägern, den Molotow-Cocktails und den Ziegelsteinen zuzulaufen, statt davor wegzulaufen – das sind die rechten „Bastarde“.
Wer verteidigt den Rechtsstaat, die Verfassung? Wer setzt die Staatsgewalt durch? Ohne Polizei, ohne rechte Bastarde, haben wir kein Land mehr. Wir müssen nicht warten, bis Jette mal Polizeischutz braucht. Dass sie gerade keinen braucht, hat sie der Polizei zu verdanken. Dass wir alle jetzt in diesem Moment in Frieden und Sicherheit leben können, haben wir der Polizei zu verdanken. Kein einziges Gesetz würde gelten, wenn es sie nicht gäbe. Da wäre nur noch das Recht des Stärkeren. Jeden Tag. Systematisiert die gesamte Polizei abzulehnen bedeutet, den gesamten Staat und unsere Verfassung abzulehnen. Das ist verfassungsfeindlich.
Und was ist mit ihrem anderen Spruch, zu dem sie leider kein Statement abgegeben hat – der aber bestimmt auch nur Systemkritik war? Dem Aufruf, Menschen umzubringen? Nehmen wir den doch auch mal beim Wort. Interessant, sie kategorisiert Menschen also in zwei Klassen, die Reichen und die anderen. Eine davon verdient es ihrer Meinung nach, von der anderen ermordet zu werden, was sie offenbar als Selbstverteidigung ansieht. Hey, was sollte da schiefgehen? Wenn in der Geschichte eine Gruppe von Menschen der Meinung war, eine andere verdiene den Tod, weil sie angeblich zu viel hat und es ihnen wegnimmt, war das doch immer gerechtfertigt!
Die Interpretation ist gar nicht so weit hergeholt, denn tatsächlich hat Jette sich auch zu diesem Spruch geäußert, nur auf X statt auf Instagram. „Ich spalte gerne die Gesellschaft. Der Spalt geht nur nicht zwischen Geflüchteten und Deutschen sondern zwischen Milliardären und allen anderen. Aber da ist Springer dann nicht mehr dabei.“ Und wieder Jette, arbeite an deiner Berechenbarkeit. Du wirst langsam wirklich langweilig. Wie auch immer – sehr viele Worte, für eine einfache Botschaft: Der Zweck heiligt die Mittel.
Aber Machiavelli hat keine Rapsongs über Fotzen-Feminismus geschrieben, deshalb konnte Jette den leider nicht zitieren. Tatsächlich ist es dieses Statement, das uns wirklich Sorgen machen muss. Wenn Jette Nietzard die Menschen kritisiert und anprangert, die sie für Nazis hält, dann tut sie das nicht, weil sie es falsch findet, wenn Menschen ausgegrenzt, angefeindet und vielleicht sogar getötet werden. Sie tut es, weil es die falschen Menschen sind. Und das macht sie wirklich zu einer waschechten Verfassungsfeindin.