Jetzt fordern die Weltverbesserer den Boykott von US-Produkten

vor etwa 2 Monaten

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Der Boykott-Wahn der Weltenretter nimmt kein Ende. Nach Rechten, Russland und Israel soll nun auch die USA boykottiert werden. Cola, Pepsi, Levi’s, Calvin Klein, Kraft, Philadelphia, Amazon, Apple, Netflix, McDonalds, Esso, Booking.com, Tiffany & Co. bald alles tabu? Wenn es nach den neusten Helden der sogenannten Zivilgesellschaft ginge, muss auf diese Produkte ab sofort verzichtet werden.

Als Grund, warum der Däne Bo Albertus Anfang Februar die Facebook-Gruppe „Boykot varer fra USA“ gründete, die zum Boykott US-amerikanischer Güter aufruft, nannte er die jüngsten Ankündigungen der neuen US-Regierung. Die USA hatten unter anderem damit gedroht, Grönland zu annektieren, das momentan Dänemark gehört. Albertus habe eine „Ohnmacht“ gefühlt und etwas tun müssen: „Dann wurde ich ein Facebook-Krieger“, erklärt er.

Bo Albertus: Coca Cola trinkt er nicht mehr, Netflix und Apple TV hat er schon abbestellt.

In den Gruppen debattieren die Mitglieder, wie der Boykott möglich sein soll, welche Produkte amerikanisch sind, welche europäisch und welche Eigentümer hinter bestimmten Firmen stünden. Oder, wie Albertus es ausdrückt: Austausch von „Tipps und Tricks für ein Leben ohne in den USA hergestellte Waren“.

Bo Albertus schreibt auch Briefe an dänische Lebensmittelhersteller. Darin äußert er den „Wunsch, dass sie ihre dänische Ware kennzeichnen, damit es einfacher ist, dänische Alternativen zu wählen.“ Das behauptet er zumindest in seiner Facebook-Gruppe und teilt dort den Brief – „als Inspiration“, falls man es ihm nachtun möchte.

In der Facebook-Gruppe „Boykot varer fra USA“ geteilte Grafik, die dabei helfen soll zu erkennen, welche Güter amerikanisch sind und welche nicht.

Die dänische Supermarktkette und größter dänischer Einzelhändler Salling Group kam dieser Bitte postwendend nach. „Wir haben in letzter Zeit eine Reihe von Anfragen von Kunden erhalten, die Lebensmittel von europäischen Marken kaufen möchten“, schreibt der CEO Anders Hagh auf der Plattform „LinkedIn“.

Salling Group, Betreiber der Supermärkte Bilka, Foxe und Netto, entwickelte ein Label, das anzeigen soll, dass ein Produkt aus Europa stammt: ein schwarzer Stern auf dem digitalen Preisschild. Anders Hagh bestreitet, dass es sich bei dem Schritt um einen Boykott US-amerikanischer Produkte handle. „Wir werden weiterhin Marken aus aller Welt in den Regalen haben, und die Wahl wird immer den Kunden überlassen bleiben.“ Das neue Label sei lediglich als „zusätzlicher Service“ für Kunden zu verstehen.

Europäische Produkte werden in den Supermärkten der dänischen Salling Group ab sofort mit einem schwarzen Stern markiert.

Auch der kanadische Premierminister Justin Trudeau hatte Anfang Februar nach der Ankündigung von US-Zöllen auf kanadische Produkte seine Bürger dazu aufgerufen, verstärkt kanadische Produkte zu kaufen und US-Produkte zu meiden. „Es ist Zeit, sich für Kanada zu entscheiden“, erklärte er.

Nach bis zu 25 Prozent amerikanischen Zöllen auf US-Güter kündigte auch Kanada an, 25 Prozent Zölle auf US-Güter zu erheben. The Liquor Control Board of Ontario verlautbarte, den Vertrieb von amerikanischem Alkohol einzustellen. Der Umsatz amerikanischer Alkoholprodukte in Ontario beläuft sich auf rund eine Milliarde Euro im Jahr.

Justin Trudeau reagiert auf amerikanische Zölle.

Während zwischen den USA und Kanada ein handfester Handelskrieg tobt, läuft sich in Europa die sogenannte Zivilgesellschaft warm.

Dr. Pekka Kallioniemi, der „Research Fellow“ für das International Centre for Defence and Security, nach Selbstbeschreibung der „führende Think-Tank Estlands für Außenpolitik, Sicherheit und Verteidigung“, teilte auf X eine Tabelle mit dem Titel „Stronger Europe / Buy European“ („Stärkeres Europa, kaufe europäisch“). Die Tabelle hatte zwei Spalten: „Vermeiden Sie“, darunter amerikanische Produkte, und „Erwägen Sie stattdessen“, darunter europäische Produkte – und über 28.000 Likes. Kallioniemi ist „Experte für Social Media und Desinformation“, heißt es auf der Website seines Instituts.

Erste Medien wie t-online sehen bereits eine neue Form der europäischen Zivilgesellschaft: „Auch wenn die Bewegung noch in den Anfängen steckt, ist das mediale Interesse groß, und die Unterstützung wächst.“ Und: „Der Widerstand gegen Donald Trumps Wirtschaftspolitik nimmt Fahrt auf.“

Auch eine App gibt es bereits, mit der man erkennen kann, ob ein Produkt amerikanisch sei oder nicht. Made O’ Meter ist nach Selbstbeschreibung „made in Denmark for Europe and friends“. Lars Wienand, Redakteur bei t-online, teilte auf X die App und schrieb dazu: „Interessantes Tool“.

In Schweden gründete sich ein gleichnamiges Pendant zu Albertus’ Facebook-Gruppe. Beide Gruppen haben bereits über 60.000 Mitglieder, eine entsprechende Gruppe auf Reddit über 18.000.

Besonders ausgeprägt scheint die Boykottlust unter schwedischen Frauen zu sein: 90 Prozent der Schwedinnen zwischen 18 und 34 Jahren wollen nach einer aktuellen Studie die USA boykottieren.

Gegen Tesla scheint sich ein Boykott bereits in vollem Gange zu befinden. Der Absatz von Elon Musks E-Autos ging in Schweden im Januar dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr um 44 Prozent zurück.

Dass die „Facebook-Krieger“ und Boykott-Verschwörer für ihre Gruppen und Aufrufe mit Meta und X selbst US-amerikanische Plattformen nutzten, schien sie nicht zu stören. Kompliziert dürfte neben der schieren Anzahl US-amerikanischer Güter auch sein, dass manche US-Produkte in Europa hergestellt werden. Das dürfte der Hoffnung einzelner Nutzer entgegenstehen, der Boykott könne das europäische Leistungsbilanzdefizit gegenüber der USA ausgleichen.

Die USA kommt nicht gut weg in den Boykott-Gruppen auf Social-Media.

Der Boykott als Mittel der politischen Auseinandersetzung der sogenannten Zivilgesellschaft erlebt in den letzten Jahren einen Höhenflug. Regelmäßig werden in Deutschland AfDler und Rechte aus Vereinen bzw. Gremien, von Jobs und Ämtern ausgeschlossen. Die linke und in Teilen islamistische BDS-Boykottbewegung ruft weltweit zum Boykott Israels auf, einzelne europäische Universitäten und Städte schlossen sich an. Anfang letzten Jahres hatte die im Kulturmilieu verwurzelte Bewegung „Boycott Germany“ den Boykott Deutschlands aufgrund dessen Unterstützung Israels verkündet.

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