Neuer Außenminister, alte Fehler – Wie Wadephul (CDU) Baerbocks Linie fortsetzt

vor 2 Monaten

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Bildquelle: Tichys Einblick

Nach Annalena Baerbocks (Grüne) fast dreieinhalbjährigem, nutzlosem und nicht selten peinlichem Catwalk quer durch die Welt war die Spannung groß, wer denn nun der Chef im Auswärtigen Amt (AA) werden würde. Nicht minder groß war die Überraschung, als der Name des „Neuen“ bekannt wurde: Johannes Wer? Johannes Wadephul (62) heißt er. Der promovierte Volljurist, Anwalt und Oberstleutnant der Reserve ist seit fast dreißig Jahren aktiv in der Politik: zuerst als Geschäftsführer der CDU Schleswig-Holsteins, dann als Mitglied es CDU-Bundesvorstandes, als Landtagsabgeordneter im Landtag in Kiel, dort auch als Fraktionsvorsitzender. Seit 2009 sitzt er im Bundestag.

Viermal errang er sein Mandat als Direktkandidat; 2021 kam er über die Landesliste in den Reichstag. Die letzten beiden Legislaturperioden widmete er sich vor allem den Bereichen Auswärtiges, Verteidigung, EU-Politik, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Ab November 2024 war er Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der NATO. In Talkshows wurde er seltener gesehen als ein Norbert Röttgen, der hauptsächlich für die Außenpolitik der CDU stand.

Mit seinem Amtsantritt als Außenminister am 6. Mai 2025 hatte Wadephul weitaus mehr politische Erfahrung im Gepäck als eine Annalena Baerbock bei ihrem Amtsantritt am 8. Dezember 2021. Letztere meinte zwar renommieren zu müssen, sie käme aus dem Völkerrecht. Aber es war alles eine einzige Köpenickiade, wie sich bald herausstellte.

Wadephul muss auf der ganzen Welt nun Porzellan kitten, das seine Vorgängerin zerdeppert hat. Vor allem aber muss es ihm – wie vor allem Kanzler Merz – gelingen, einen deutschen Beitrag gegen das Auseinanderdriften des Westens zu leisten. So ging Wadephul denn auch ans Werk. Er war in den bislang gut drei Wochen seiner Amtszeit in Paris, Warschau, Lwiw/Lemberg, Tel Aviv/Jerusalem/Ramallah, London, Antalya, Brüssel und soeben in Washington. Manche dieser Termine waren Pflichttermine: in Begleitung von Kanzler Merz oder weil es pflichtmäßige Konferenztermine waren.

15 Minuten konnte Wadephul allein mit Rubio sprechen, weitere 30 Minuten zusammen mit der Delegation. Okay, Rubio hatte am gleich Tag Geburtstag, er wurde 54 und war vielleicht deshalb kurz angebunden. Dass er aber nicht mehr als 45 Minuten zur Verfügung stand, kann man als Unhöflichkeit oder auch als realistische Einschätzung des Gewichts Deutschlands durch die US-Regierung werten. Oder als 15-Minuten-Standpauke? Immerhin war man sich einig, dass man in der Ukraine einen sofortigen Waffenstillstand haben wolle, dass die deutsch-amerikanischen Beziehungen Teil einer tragfähigen Partnerschaft seien. Für einen langen Flug über den Atlantik und zurück war das nicht viel, zumal Wadephul auch keine Gespräche mit anderen US-Politiker, etwa des Senats, hatte. Vermutlich war der Besuch Wadephuls in Washington auch nichts anderes als das Vorbereiten eines Besuches von Kanzler Merz bei US-Präsident Trump.

Aber die 15 bzw. 45 Minuten mit Rubio scheinen gewirkt zu haben. Kaum in Deutschlands zurück, warnte Wadephul vor übertriebener Kritik an den USA unter Präsident Trump. „Die USA sind die sehr viel ältere Demokratie und auch der sehr viel ältere Rechtsstaat. Gerade wir Deutschen haben jeden Anlass zur Zurückhaltung und zur Bescheidenheit“, mahnte er. Natürlich gebe es auch „Entwicklungen, die wir kritisch sehen“. Die gebe es aber auch in europäischen Ländern. „Als Europäer haben wir keinen Anlass dazu, uns so aufführen, als seien wir alle immer nur Musterschüler“, sagte Wadephul.

Programmatisch hat sich Wadephul bislang kaum markant geäußert. Das ist grundsätzlich richtig und wohltuend gegenüber einer Vorgängerin, die bereits mit Amtsantritt meinte, die ganze Welt für feministische Politik gewinnen zu müssen. Markant aufgetreten ist Wadephul – im Sinne von Friedrich Merz – mit Kritik an Israel.

Wadephul tat das – zunächst – allerdings eine Spur diplomatischer. US-Journalisten sagte er: „Wir sind für die Sicherheit und die Existenz Israels verantwortlich. Wir haben Waffen geliefert und werden das auch in Zukunft tun.“ Gleichzeitig betonte er die schwierige Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Wadephul dazu: „Die humanitäre Lage für die Menschen in Gaza ist sehr schlimm. Deshalb ist unsere Bitte an Israel, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu lassen.“

Wenige Stunden später dann verschärft Wadephul seine Kritik an der israelischen Kriegsführung im Gazastreifen im Flieger aus den USA nach Hause. Die im Gazastreifen ankommenden Hilfslieferungen seien „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. „Als Konsequenz haben wir unsere Sprache verändert und werden im nächsten Schritt wahrscheinlich auch das politische Handeln ändern“, kündigte der Außenminister an. Wadephul droht: Deutsche Waffenlieferungen an Israel sollen überprüft werden. Israel müsse sich zwar „auch mit deutschen Waffensystemen“ gegen Gefahren von außen etwa von Seiten der Huthi, der Hisbollah oder Irans verteidigen können, sagte der CDU-Mann. „Eine andere Frage ist, ob das, was im Gazastreifen geschieht, mit dem humanitären Völkerrecht in Einklang zu bringen ist. Das prüfen wir, und an dieser Prüfung ausgerichtet werden wir gegebenenfalls weitere Waffenlieferungen genehmigen“, sagte Wadephul.

Das ist eine der großen Außenbaustellen. Wadephul wird auch innerhalb des AA einiges aufzuräumen haben. Dazu gehört es, die Umstände um die von Baerbock forcierte zigtausendfache Einschleusung von afghanischen „Ortskräften“ samt Familienangehörigen über Pakistan nach Deutschland aufzuklären. Dazu gehört ebenso eine Überprüfung der Geldströme ins Palästinensergebiet.

Dazu würde auch gehören, dass Wadephul die von der selbsternannten Großhistorikerin Baerbock veranlasste Umbenennung des Bismarck-Saals im AA in „Saal der Deutschen Einheit“ rückgängig macht. Diese Umbenennung war Ende 2022 durch Baerbock erfolgt, um die „demokratischen Traditionslinien“ des Ministeriums zu betonen. In diesem Raum tagte übrigens zu DDR-Zeiten das SED-Politbüro. „Demokratische Traditionslinien“ – wie bitte? Hat etwa das SED-Politbüro die deutsche Einheit auf den Weg gebracht? TE hat über diesen Skandal am 2. Dezember 2022 berichtet.

Hier allerdings scheint Wadephul (CDU) seiner Vorgängerin Baerbock folgen zu wollen. AA-Mitarbeiter bestätigten der Berliner Zeitung, das ehemalige Bismarck-Zimmer bleibe „Saal der Deutschen Einheit“.

Es ist dies nichts Weltbewegendes, um das es hier geht. Aber eine Duftmarke wäre es doch, wenn sich Wadephul auch hier von seiner Vorgängerin absetzte.

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