
Zwischen 2011 und 2019 war der Sozialdemokrat Mathias Brodkorb erst Bildungs-, dann Finanzminister in Mecklenburg-Vorpommern. Seit 2018 ist er Kolumnist des Cicero. Im Interview bei „Schuler! Fragen, was ist“ spricht der Experte über das Bestandsrecht von linken und rechten Parteien unter bestimmten Bedingungen. Außerdem erklärt er, bei welcher Partei das Gemeinwohl bereits früh aus der Sicht geraten ist.
Brodkorb hat bereits vor etwa 20 Jahren die Internetplattform „Endstation Rechts“ gegründet, welche es bis heute noch gibt. Der SPD-Politiker wollte sich damit vor allem gegen die damalige NPD zur Wehr setzen, welche in den Landtag von Mecklenburg Vorpommern einzuziehen drohte.
Doch damit verschrieb sich Brodkorb nicht einem stumpfen „Kampf gegen Rechts“, sondern setzte einen anderen Schwerpunkt, „nämlich die Verteidigung der Logik unserer Verfassung“, sagt er. „Und die lautet eben, dass alles, was die Fundamente der Verfassung nicht infrage stellt, von links bis rechts seinen legitimen Platz in dieser Gesellschaft hat.“ Der studierte Philosoph sieht auch radikale Meinungen als zulässig. „Insofern haben wir uns auf dieser Plattform immer dagegen gewehrt, Menschen, die sehr weit links sind, auch uns zu links waren, als Linksextremisten zu diffamieren, wenn es keinen Grund dafür gab oder umgekehrt bei den Rechten, die als Nazis zu titulieren, wenn sie nur einfach stramme Rechte waren, aber Demokraten.“
Brodkorb veröffentlicht regelmäßig als Kolumnist im Cicero
Brodkorb berichtet im Gespräch, dass er als SPD-Mann sich sehr schnell mit Nazi-Vorwürfen konfrontiert sah. Denn die Logik des Verteidigens der Verfassung sei bei vielen nicht angekommen. „Mich begleitet dieser Vorwurf schon sehr lange und solange er mich begleitet, interessiert er mich nicht, weil er eigentlich mehr über diejenigen verrät, die das äußern als über mich.“
Brodkorb erforschte rechtsextremistische Ideologien auf wissenschaftlicher Ebene. Dabei fiel ihm insbesondere die Reformbedürftigkeit beim Bundesverfassungsschutz auf.
Im Gespräch mit NIUS-Politikchef Ralf Schuler berichtet Mathias Brodkorb auch über die Erfahrungen als Mitglied der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS). „Ich wollte also einer solchen Partei sein, in der ich mich wohlfühlen kann und die immer dieselbe Meinung vertritt wie ich. Und ich merkte relativ schnell: Da muss ich wieder austreten, eine eigene Partei gründen und aufpassen, dass niemand Mitglied wird, sonst klappt das nicht.“
In seinem neuen Buch „Postkoloniale Mythen. Auf den Spuren eines modischen Narrativs“ beschreibt Brodkorb den Siegeszug, der Ideologen und den Untergang von Bildung, Wahrheit und Forschung.
Politik sei nicht dazu da, sich selbst zu bespiegeln, erklärt Brodkorb. Vielmehr sei sie dazu da, im „Sinne des Gemeinwohls Entscheidungen für das Gemeinwesen zu treffen. Und wenn sie das machen wollen, dann müssen Sie in einer Organisation sein, die auch ein bisschen Einfluss hat. Und ich hielt damals die PDS für eine Totgeburt.“ Für Brodkorb war der Dienst für die Gesellschaft am Ende der Grund, in die SPD zu wechseln. Es gehe schließlich darum, dass „die Politik nicht dazu da ist, um sich selbst zu feiern, sondern etwas für die Gesellschaft zu tun. Und das war der wesentliche Sprung oder der wesentliche Grund, in die SPD zu gehen.“