Jüdisches Kulturfestival lädt Leon de Winter aus – wegen angeblicher „Verharmlosung der AfD“

vor 20 Tagen

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Der niederländische Schriftsteller Leon de Winter wird nicht wie geplant beim Jüdischen Kulturfestival in Osnabrück auftreten. Grund ist eine Kolumne, die er Anfang Mai in der Welt veröffentlicht hatte.

„Herr de Winter hat sich über die AfD geäußert. In seiner Kolumne fragt er: ‚Bin ich jetzt auch gesichert rechtsextrem, weil ich bestimmte Dinge richtig finde, die die AfD zur Migrationspolitik sagt?‘“, schilderte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, Michael Grünberg, dem NDR. „Im Grunde genommen ist es nichts anderes als eine Verharmlosung der AfD, und das ist nicht die Sichtweise der Jüdischen Gemeinde Osnabrück, das ist nicht die Sichtweise eines Demokraten. Deswegen haben wir uns entschlossen, Herrn de Winter auszuladen.“ Das Zitat, das Grünberg de Winter über die AfD in den Mund legt, hat der wörtlich so allerdings nicht in der Kolumne geschrieben.

Gegenüber der Jüdischen Allgemeinen erklärte Grünberg weiter: „Der einzige Grund für die Ausladung von Leon de Winter waren die Sätze in seiner Kolumne über die AfD, in denen er diese Partei verharmlost hat. Auf dem Podium eines Kulturfestivals in Osnabrück sollte niemand sitzen, der diese Haltung vertritt.“ Die AfD sei „die größte Gefahr für die Demokratie in Deutschland“.

De Winter äußerte Unverständnis über die Entscheidung. In seiner aktuellen Kolumne schrieb er: „Noch nie zuvor habe ich erlebt, dass ein Vortrag wegen des Inhalts einer Kolumne abgesagt wurde.“ Er habe seine Aussagen nach eigener Darstellung mehrfach überprüft: „Ich habe meine Kolumne noch einmal gelesen, um selbst festzustellen, was die Juden von Osnabrück so sehr erschreckte, dass sie diesen Juden nicht beim Jüdischen Kulturfestival sprechen lassen wollten. Ich kann darin nichts Faschistisches oder Neonazistisches finden.“

Der Autor betonte: „Ich bin einfach gegen die Immigration von Menschen, die mich und andere Juden hassen – und nicht nur Juden, sondern auch alle ‚Christenhunde‘, Ungläubigen und Frauen in kurzen Röcken.“ Dass ausgerechnet eine jüdische Gemeinde ihn deshalb auslade, irritiere ihn: „Doch nun bin ich in Osnabrück tabu.“

In der Kolumne, die Anlass für die Absage war, hatte de Winter eine Äußerung aus der AfD aufgegriffen, wonach die deutsche Migrationspolitik „zum 100.000-fachen Import von Menschen aus zutiefst rückständigen und frauenfeindlichen Kulturen geführt“ habe. Dazu schrieb er: „Auch ich bin überzeugt, dass die Migrationspolitik gescheitert ist, auch ich sehe, dass zu viele Migranten in Europa aus rückständigen Kulturen kommen, in denen Frauen Männern untergeordnet sind und Juden gehasst werden. Bin ich jetzt gesichert rechtsextrem?“

De Winter hatte in Osnabrück aus seinem Roman Stadt der Hunde lesen und zudem einen Vortrag über seine Vorfahren halten wollen, darunter seine Großmutter Rebecca, die 1943 von Osnabrück nach Sobibor deportiert und dort ermordet wurde. Das Jüdische Kulturfestival in Osnabrück findet vom 4. bis 7. September statt und findet in Kooperation mit der Stadt Osnabrück statt.

De Winter wurde als Sohn orthodoxer Juden geboren, deren Familienangehörige im Holocaust verfolgt und größtenteils ermordet wurden. Mit Werken wie Hoffmanns Hunger und SuperTex gilt er als einer der wichtigsten niederländischen Autoren seiner Generation.

Philipp Peymann Engel kritisierte die Entscheidung des Jüdischen Kulturfestivals als „fatal“ und „komplett falsch“. Leon de Winter sei ein genialer Autor und einer der wenigen Intellektuellen, der das Thema Migration nicht „durch eine rosaroten Brille“ betrachte. Er spreche im Prinzip „banale Fakten“ an, die im Diskurs zu kurz kommen.

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