„Kai, wir kennen uns seit 25 Jahren“: Kai Wegners CDU-Connection zum Immobilienkonzern Aroundtown

vor 4 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Die personellen Zufälle im Zuge des 300 Millionen Euro schweren Asyl-Deals zwischen dem Immobilienkonzern Aroundtown und dem Berliner Senat wollen nicht abreißen: Von 2013 bis 2017 saß Kai Wegner gemeinsam mit Christina Schwarzer für die Union im Bundestag. Beide kennen sich seit Jahrzehnten aus der Berliner CDU. Mittlerweile arbeitet Schwarzer in einer leitenden Position bei Aroundtown. Dem Konzern also, der dem Senat zwei Gebäude vermieten will, die in Asylunterkünfte umgewandelt werden sollen. Hat Schwarzer mit ihrem alten Buddy Wegner den Deal eingefädelt?

Zunächst hatte das Land Berlin mit dem in Luxemburg ansässigen Konzern Aroundtown einen Mietvertrag über einen Hotelkomplex in Berlin-Lichtenberg abgeschlossen. Den Steuerzahler kostet die Anmietung des Gebäudes, in das 1.200 Asylbewerber einziehen sollen, für die nächsten zehn Jahre rund 143 Millionen Euro. Eigentlich war auch der Deal für die Anmietung eines Bürokomplexes in Berlin-Westend, der mehrheitlich im Besitz von Aroundtown ist, bereits unter Dach und Fach. Hier soll das Land Berlin 157 Millionen blechen, der Mietvertrag für bis zu 1.500 Asylbewerber hätte am 1. Januar 2026 begonnen und wäre ebenfalls zehn Jahre gelaufen. Im Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses vertagte man jedoch die Entscheidung. Unklar ist, ob und wann sie erneut aufs Tableau kommt.

Noch immer sind einige Hintergründe des Deals zwischen dem Berliner Senat und Aroundtown ungeklärt. Obwohl es hier um 300 Millionen Euro an Steuermitteln geht, will die Landesregierung möglichst wenig über die Details der Mietverträge preisgeben. Gleichzeitig kommen jedoch immer neue personelle Merkwürdigkeiten ans Licht: Bei Aroundtown arbeitet Christina Schwarzer als „Deputy Head of Property Management” (stellvertretende Leiterin der Immobilienverwaltung). Schwarzer ist eine alte Freundin von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner. Die Beiden kennen sich seit Jahren. Liefen die Gespräche also direkt über das Büro von Kai Wegner?

Kai Wegner (ganz links) und Christina Schwarzer (rechts daneben) warben 2015 gemeinsam mit anderen CDU-Mitgliedern für die „Ehe für alle“.

Wegner trat bereits 1989 in die Junge Union der Hauptstadt ein, Schwarzer folgte ihm 1996. Der 52-jährige Spandauer trat früh eine politische Karriere an und zog 2005 für die CDU in den Bundestag ein. Schwarzer hingegen arbeitete zunächst in der Immobilienbranche, um von 2013 bis 2017 ebenfalls für ihren Neuköllner Wahlkreis in den Bundestag einzuziehen. Für eine Legislaturperiode saßen sie also zusammen in der Unionsfraktion. Noch 2021, als die heutige Aroundtown-Mitarbeiterin Kai Wegner bei der anstehenden Berlin-Wahl unterstützte, schrieb sie auf LinkedIn: „Kai, wir kennen uns seit 25 Jahren (herrje, sind wir alt geworden) und ich bin mir sicher, Du bist der richtige für unser Berlin und unsere CDU.“ Schwarzer macht also Wahlwerbung für Wegner – kurze Zeit später erhält ihr Arbeitgeber, der Immobiliengigant Aroundtown, vom Berliner Senat Millionen.

Schwarzer machte Wahlwerbung für ihren Parteifreund Kai Wegner.

Ebenfalls interessant: Seit April 2023 ist Cansel Kiziltepe (SPD) im Senat Wegner als Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung tätig. Ihre Senatsverwaltung verantwortet die Anmietung und Organisation der Asylunterkünfte in Berlin. Auch die SPD-Politikerin war von 2013 bis 2023 Mitglied des Bundestages. Somit saß Kiziltepe mit Wegner und Schwarzer bis 2017 gemeinsam in einem Parlament.

Die Frage lautet nun: War die Wegner-Vertraute Christina Schwarzer in die Verhandlungen über die Mietverträge involviert? Dann wäre ein Interessenkonflikt kaum zu leugnen. „Wir bitten Sie, diese Anfrage an Aroundtown zu stellen“, schreibt die Pressestelle der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM). Die landeseigene Tochtergesellschaft verantwortet für den Berliner Senat die Ausarbeitung der Mietverträge mit Aroundtown. Auf eine Nachfrage bei Christina Schwarzer meldet sich schließlich die externe Pressestelle von Aroundtown. Nein, sie wäre nicht in die Verhandlungen involviert gewesen, teilt ein Sprecher mit. Es habe über Frau Schwarzer auch keine Anfrage aus Kai Wegners Büro an Aroundtown gegeben. Jede gegenteilige Behauptung sei unzutreffend.

Das Büro von Kai Wegner und die Pressestelle des Regierenden Bürgermeisters schweigen unterdessen seit Wochen. Presseanfragen zu den Asylunterkünften in Lichtenberg und Westend werden nicht mehr beantwortet. NIUS hat bereits rechtliche Schritte eingeleitet, denn der Senat ist Medienvertretern gegenüber natürlich auskunftspflichtig. Und so sind viele Fragen im Komplex „Aroundtown“ weiterhin ungeklärt: Hat der Regierende Bürgermeister Einfluss genommen auf die Verhandlungen mit Aroundtown bezüglich der Immobilien in Lichtenberg und Westend? Hat er selbst teilgenommen an Verhandlungsgesprächen?

Kai Wegner (CDU) und Cansel Kiziltepe (SPD) saßen von 2013 bis 2017 gemeinsam mit Christina Schwarzer im Bundestag.

Denn die Personalrochaden wirken auch an anderen Stellen merkwürdig: Zuständig für die Anmietung möglicher Asylunterkünfte wie in Lichtenberg und Westend ist wie beschrieben die landeseigene Tochtergesellschaft Berliner Immobilienmanagement GmbH. Bei der BIM arbeitet seit 2023 Jelena Ebner in der Geschäftsleitung. Zuvor war sie seit 2016 für den Konzern Aroundtown in der Geschäftsführung tätig. Jenem Konzern also, der für die Asylunterkunft in Berlin-Lichtenberg über zehn Jahre 157 Millionen Euro vom Land Berlin erhält und für die Asylunterkunft in Berlin-Westend zusätzliche 143 Millionen erhalten soll.

Hatte Ebner etwas mit der Einfädelung des Deals zu tun? Immerhin würde die BIM allein durch den Abschluss des Mietvertrages über die Unterkunft in Westend eine einmalige Managementvergütung von mehr als 850.000 Euro kassieren. Dazu kommen für die BIM monatlich mehr als 11.000 Euro, die im Mietvertrag inkludiert sind. Die Berliner Immobilienmanagement GmbH teilt mit: „Uns ist bekannt, dass Jelena Ebner in ihrer vorherigen Tätigkeit in leitender Funktion (zuletzt Head of Acquisitions) bei Aroundtown tätig war – personelle Wechsel innerhalb einer Branche sind nicht ungewöhnlich und wir gehen transparent damit um.“

Die BIM jedoch versicherte: „Der Bereich Immobilienbewirtschaftung ist nicht für die Anmietung externer Objekte zuständig. Frau Ebner ist somit nicht in den Anmietprozess involviert. Die Organisation der BIM schließt eine Beeinflussung des Anmietprozesses durch einen Interessenkonflikt aus. Die BIM hat einen hohen Anspruch an gesetzes- und regelkonformes Verhalten und ist wiederholt zertifiziert auf Basis der einschlägigen ISO-Norm.“

In diesen alten Hotel-Komplex in Berlin-Lichtenberg sollen bis zu 1.200 Asylbewerber einziehen.

Gibt es aber eventuell noch mehr Personen bei der BIM, die zuvor bei dem im Steuerparadies Luxemburg ansässigen Konzern Aroundtown tätig waren? Darauf antwortet die landeseigene Tochtergesellschaft ausweichend: „Wir können Ihnen nicht sagen, wie viele unserer Mitarbeiter:innen vor der Tätigkeit bei der BIM bei Aroundtown waren. Die Daten aus dem Bewerbungsverfahren, insbesondere Lebenslauf, werden aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht systemisch erfasst. Dass unsere Mitarbeiter:innen auch vorher in diversen Unternehmen der Immobilienbranche waren, ist üblich.“

So oder so: Die Mietverträge des Berliner Senats für Asylunterkünfte kosten den Steuerzahler Millionen. Und die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wächst, natürlich auch aus anderen Gründen. 74 Prozent der Berliner sind derzeit „sehr unzufrieden“ oder „eher unzufrieden“ mit der schwarz-roten Landesregierung, nur noch 20 Prozent zeigen sich „sehr/eher zufrieden“. Die Ablehnung ist noch dramatischer als zum Ende der rot-rot-grünen Regierungskoalition, als der Negativrekordwert bei 72 Prozent lag.

Lesen Sie auch:Wie der Senat den Konzern „Aroundtown“ mit Steuergeld überschüttet.

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