Kalifat-Freunde im Rundfunkrat: Warum die Reform der öffentlichen Sender weitergehen muss

vor 6 Monaten

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Bildquelle: NiUS

Ein Gastbeitrag von Katja Adler, Mitglied des Bundestages*

Die Kluft zwischen medial gezeigter Mindermeinung und gefühlter Mehrheitsmeinung ist zuweilen so groß, dass man sich des Eindrucks versuchter Beeinflussung und Manipulation nur noch schwer erwehren kann. Dass der Reformdruck auf ARD und ZDF wächst, ist daher mindestens nachvollziehbar. Dass er nun zumindest zu einigen Reformschritten geführt hat, ist gut und wichtig.

Vergangene Woche haben sich die Ministerpräsidenten der Länder auf eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geeinigt. Um zu sparen, soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft weniger Sender betreiben. Aus 70 Radiosendern sollen 53 werden. Im Fernsehen sollen mehrere Spartensender zusammengelegt werden. Spartenkanäle sind z.B. tagesschau24, 3sat, ZDF info oder Phoenix. Welche Radio- und Fernsehsender am Ende wegfallen, sollen die Rundfunkanstalten selbst entscheiden. Die Gebühren für Beitragszahler sollen dabei nicht steigen.

Durch die Rundfunkreform soll es weniger TV- und Radioprogramme geben.

So sinnvoll manch einer dieser Ansätze ist, so sehr greift er nicht an die Wurzel des Problems: Unsere Demokratie braucht Debatten gegensätzlicher Meinungsspektren und damit Öffnungen zu den jeweils anderen Meinungen und Haltungen, um die für die freiheitlich-demokratische Gesellschaft bestmögliche Problemlösung zu finden. Die mediale Verengung dieser Debatten auf nur noch ein sehr begrenztes akzeptiertes oder gewolltes Meinungsspektrum, vornehmlich progressiv links, ist gefährlich. Denn dann bleiben nur noch die sich gegenseitig bestätigenden und verstärkenden einseitigen Haltungen und Meinungen im gesellschaftlichen und politischen Raum sichtbar und bestehen.

Spätestens mit dem 7. Oktober letzten Jahren offenbarte sich zudem auf erschreckend klare Art und Weise eine Haltung bei einigen prominenten Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die auch antisemitische Züge aufwiesen. An diesem 7. Oktober überfiel die palästinensische Terrororganisation Hamas Israel und richtete auf barbarische Weise mehr als 1200 Menschen, Kinder, Frauen, Männer, Junge und Alte hin. In der ARD lief „Verstehen Sie Spaß?“ und es gab an diesem Abend einen genau zwanzigminütigen Brennpunkt, um anschließend zum Sendeplan zurückzukehren. Hamas-Propaganda wurde danach nahezu ungeprüft übernommen und mit der Hamas-Angabe von 500 Toten verbreitet. Diese terroristische Propaganda der Hamas wurde bei Phoenix gar mit den Aussagen des demokratischen Staates Israel gleichgesetzt.

Ein Jahr nach dem Überfall der Hams auf Israel trauert eine Familie auf dem Gelände des Nova-Musikfestivals.

Freie Journalisten, Schauspieler oder Moderatoren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verbreiteten auf ihren privaten Social-Media-Kanälen Israelhass, Genozid-Theorien oder Boykottaufrufe gegen israelische Produkte, wiederholt und selbstbewusst. Und trotzdem brauchte es zuweilen starken öffentlichen Protest, dass den Betreffenden durch die Sender gekündigt wurde. Auf Instagram versicherte etwa die Moderatorin Helen Fares, die sich an Boykottaufrufen beteiligt hatte, nach ihrer Entlassung, sie habe bei einem Gespräch vor ihrer Vertragsunterzeichnung dem SWR klar und deutlich gesagt, dass sie Journalistin UND Aktivistin sei und unter anderem über Palästina sprechen würde und das nicht ändere.

In dieser Instagram-Story hatte Fares zum Boykott israelischer Produkte und Unternehmen aufgerufen.

„Journalistin UND Aktivistin“. Damit hätte der SWR eine Mitarbeiterin eingestellt, die sich so eindeutig zur Subjektivität und zur Tendenz-Berichterstattung bekannt haben will, dass es schon skandalös anmutet. Zudem bleibt die Frage, warum bei einem Sender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks derartige antisemitische Offenbarungen nicht nur geschehen können, sondern auch zu lange geduldet werden. Angesichts dieser Beispiele kann man nicht mehr von Ahnungslosigkeit, sondern muss von bewusster Stimmungsmache sprechen. Der Verdacht eines strukturellen Antisemitismusproblems im öffentlich-rechtlichen Rundfunk drängt sich förmlich auf.

Ein Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel und gegen jeden Antisemitismus scheint nicht nur in der Kulturbranche angebracht. Auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk braucht es ein solches Leitbild und die darauf verpflichtende Unterschrift vor jeder Zusammenarbeit.

Braucht es ein solches Leitbild auch bei den Rundfunkräten, deren politischer Einfluss über die Besetzung im Prinzip schon seit seiner Gründung vorhanden ist und wohl bis zur tatsächlichen Entflechtung intensiv gesellschaftlich und politisch diskutiert bleibt? Mit dem Hessischen Rundfunkgesetz, das auf Druck der Bündnis-Grünen entsprechend geändert wurde, können zum Beispiel auch Vertreter muslimischer Glaubensgemeinschaften in den Rundfunkrat entsandt werden.

So sitzt die von verschiedenen Medien als Islamistin bezeichneten Khola Maryam Hübsch seit bald vier Jahren im Rundfunkrat des HR-Fernsehens und berät den Intendanten in allen Fragen des Islams. Hübsch hatte in der Talkshow Hart aber Fair Anfang 2024 unter anderem ihre Sympathien für ein Kalifat auch in Deutschland bekräftigt, was unweigerlich die Frage aufwerfen muss, wie und vor allem warum Vertreter extremer Ansichten Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beraten können und dürfen. Etwa 4,7 Millionen Menschen bundesweit sehen täglich HR Fernsehen. Angesichts Ihrer klaren und öffentlichen Aussagen zur Verteidigung des Kalifats und der Scharia und der damit verbundenen Abschaffung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung, darf mindestens an ihrer Unabhängigkeit gezweifelt werden, insbesondere, da Rundfunkräte der Allgemeinheit verpflichtet sind.

Khola Maryam Hübsch (neben Louis Klamroth) in der ARD-Talkshow „hart aber fair“.

Da die vorgeschlagenen Vertreter weder kontrolliert noch auf extremistische Überzeugungen überprüft werden, ist dies offenbar möglich, sollte aber geändert werden. Medien-Vertrauen setzt ein Mindestmaß an Gewissheit voraus, objektiv und umfassend informiert zu werden. Die Menschen müssen sich auf unparteiische und unabhängige meinungs- und haltungsfreie Berichterstattung verlassen können, um sich ein eigenes Meinungsbild zu schaffen. Zudem kann schon der Verdacht einer obrigkeitsgeführten Medienarbeit zu berechtigtem oder unberechtigtem Misstrauen führen. Menschen, die das Gefühl haben, die (öffentlich-rechtlichen) Medien senden nur das, was die herrschende Elite vorgibt, vertrauen nicht. Erst recht nicht, wenn man in der DDR aufwuchs und über Jahrzehnte durch die Einseitigkeit der staatlichen Medien für noch so kleine Nuancen möglicher gezielter Manipulationen sensibilisiert wurde.

Möglicherweise ist das auch der Grund, dass das Medienvertrauen zwar hoch ist, das Vertrauen in das öffentlich-rechtliche Fernsehen im Vergleich zu allen früheren Erhebungen seit 2016 jedoch klar gesunken ist. Es sind weniger Menschen, die heute noch sagen, dass sie ARD oder ZDF vertrauen, und es sind vor allem mehr Menschen, die angeben, nicht mehr zu vertrauen. Insbesondere sind es deutlich weniger Ostdeutsche als Westdeutsche, die den öffentlich-rechtlichen Medien noch vertrauen. Dies zu ändern und ins Positive zu kehren, braucht es weitere grundlegende Reformen und Restrukturierungen.

* Katja Adler ist seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestags. Die 50-Jährige wuchs in der DDR auf, lebt aber inzwischen in Oberursel (Hessen). Im September 2022 stimmte sie als eine von sieben Abgeordneten der FDP-Fraktion im Bundestag gegen eine Neufassung des Infektionsschutzgesetz der Ampel-Koalition. Sie war ebenfalls als einziges Mitglied der FDP-Fraktion gegen das Cannabisgesetz. In ihrem Buch „Rolle rückwärts DDR?“ behandelt sie aktuelle Entwicklungen in der Bundesrepublik, die sie an ihre ersten 15 Lebensjahre in der DDR erinnern.

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